Kopernikus 2
Melantha, und sicher auch d’Branin. Sie war es gewesen, die ihn am Anfang in Schutz genommen hatte, als sie noch etwas gegen ihn hätten unternehmen können. Sie hätten ihm Einhalt gebieten können und auch herausbekommen, was es mit diesem Kerl auf sich hatte. Und das Resultat dieser Rücksichtnahme? Drei ihrer Kollegen waren tot, umgebracht von dieser Null in seinem deformierten Raumanzug, und diese Melantha hing mit ihrem Kopf an seinem.
Er schaltete sein Sprechgerät aus und fluchte. Die anderen waren nicht zu sehen, beschäftigt, herumtreibende Metallteile einzusammeln. Royd und Melantha waren miteinander beschäftigt, das Schiff war verlassen, unbeaufsichtigt und daher verwundbar. Er witterte seine Chance. Kein Wunder, daß dieser Eris darauf bestanden hatte, daß sie alle das Schiff verließen; hier draußen, ohne die ihn schützenden Kontrollen der Nachtfee war auch er nur ein ganz gewöhnlicher Mensch. Und dazu noch ein verdammt hilfloser.
Ein dünnes Lächeln auf dem Gesicht, wendete er seinen Schlitten und steuerte geschickt auf die Antriebsdüsen zu. Er glitt an den riesigen zylinderförmigen Aggregaten vorbei, die ihn vor den Blicken der anderen verborgen hielten. Da lagen sie, diese wuchtigen Maschinerien, die Raum und Zeit überwanden, eingebettet in ein Geflecht von Metall und kristalliner Substanz. Diese Schutzhülle war nicht völlig geschlossen, die Aggregate selbst waren von einem Vakuum umgeben, und das war auch besser so, denn auf diese Weise waren sie nicht der nagenden Korrosion ausgesetzt.
Vorsichtig setzte er mit seinem Schlitten dicht bei der geöffneten Haupteinstiegsluke auf, kletterte von seinem Gefährt herunter und schwamm auf die Öffnung zu. Eine eklige Angelegenheit, dachte er, der schwierigste Teil seines Vorhabens, als er den kopflosen Rumpf des jungen Telepathen sah, der wie ein geisterhafter Wärter locker in einem Sicherheitsgurt schwebte. Der Xenobiologe mußte seinen Anblick ertragen, bis sich die Luke vor ihm öffnen würde. Immer wenn er wegsah, wurde er nach wenigen Sekunden wieder unwiderstehlich von der seelenlosen Hülle angezogen. Der Körper sah aus, als habe er sich schon immer in einem kopflosen Zustand befunden. Der Xenobiologe versuchte krampfhaft, sich an das Gesicht des jungen Mannes zu erinnern – vergeblich. Eine scheußliche Sache! Zum Glück stand die Luke jetzt offen, er mußte sich auf den Einstieg konzentrieren und konnte so den Gedanken an die Identität seines früheren Kollegen verdrängen.
Er war allein in der Nachtfee.
Als vorsichtiger Mensch legte er seinen Schutzanzug nicht ab, klappte den Helm jedoch zurück. Wenn es sein müßte, könnte er ihn blitzschnell nach vorn ziehen. Im Lagerraum vier, dem Ort, in dem die Expedition Teile der Ausrüstung deponiert hatte, fand er, was er brauchte: einen tragbaren Schneidelaser, aufgeladen und betriebsbereit. Nicht gerade ein Energiebündel, aber für seine Zwecke völlig ausreichend.
Langsam und unbeholfen aufgrund der Schwerelosigkeit, die überall im Schiff herrschte, schwebte er durch den Korridor in den dunklen Aufenthaltsraum.
Kalt war es hier, die Luft, die über seine Wangen strich, ließ ihn frösteln. Er versuchte diesen widrigen Umstand zu ignorieren. Er klammerte sich an die Tür und stieß sich dann ab, schoß in den Raum hinein, segelte über die fest im Boden verankerten Einrichtungsgegenstände.
Auf seinem Weg zu der Wand, die an Royds Aufenthaltskomplex grenzte, berührte etwas Feuchtes und Kaltes sein Gesicht. Er schrak fürchterlich zusammen, aber bevor er erkennen konnte, was es gewesen war, war es aus seinem Gesichtsfeld entschwunden.
Da, schon wieder! Er griff danach, bekam etwas in die Hand, und dann wurde ihm für einen kurzen Moment speiübel. Daß er das vergessen hatte! Die Reinigung des Raumes war ja bereits in den Anfängen steckengeblieben, da die beiden Frauen, die sich dazu bereit erklärt hatten, zu großen Ekel vor den Blutlachen, den Hautfetzen, den Haaren und dem verspritzten Hirnbrei empfunden hatten. All das trieb jetzt um ihn herum.
Da hatte er aber bereits die Wand erreicht, federte mit den Armen ab und manövrierte sich vorsichtig nach unten, bis er das Schott erreicht hatte. Es schien keine Türöffnung zu geben, aber das Metall der Trennwand war sicher nicht sehr stark. Dahinter war der Kontrollraum mit dem Zugang zum Computer – Sicherheit und Gewalt. Der Xenobiologe hielt sich nicht für nachtragend und rachsüchtig. Er selbst würde Royd Eris kein
Weitere Kostenlose Bücher