Kopernikus 2
Haar krümmen, ihm allein oblag es nicht, über den Kapitän zu richten. Er würde lediglich die Macht übernehmen, Eris in Sicherheitsverwahrung nehmen und das Schiff sicher nach Hause zurückbringen, ohne daß noch mehr Morde geschähen. Die Akademie würde über alle Fakten informiert werden, Eris’ Rolle bei den scheußlichen Dingen würde untersucht werden, und dann würde man über seine Schuld oder Unschuld befinden und ihn verurteilen oder freisprechen.
Dem Schneidelaser entfuhr ein bleistiftdünner scharlachroter Energiestrahl. Der Xenobiologe lächelte zufrieden und setzte das Gerät am Bullauge an. Er würde einige Zeit daran arbeiten müssen, aber er hatte Geduld und Zeit. Bisher würden sie ihn sicher noch nicht vermißt haben, und selbst wenn, würden sie der Meinung sein, er sei mit seinem Schlitten hinter einem Teil der Hülle her. Eris’ Reparaturen würden Stunden, wenn nicht gar Tage in Anspruch nehmen. Es qualmte, als der Laserstrahl auf Metall stieß. Emsig schnitt er weiter …
Aus den Augenwinkeln heraus nahm er eine winzige Bewegung wahr. Ein Stück Hirnmasse, dachte er. Ein Knochensplitter. Ein blutiger Hautfetzen, an dem noch Haare hängen. Schrecklich, aber kein Grund zur Beunruhigung. Als Biologe war er an Blut, Gehirnbrei und Fleischfetzen gewöhnt. Ach, an noch viel schlimmere Dinge … wie oft hatte er früher Angehörige fremder Rassen seziert.
Wieder nahm er die Bewegung wahr. Obwohl er gegen das Bedürfnis anzukämpfen suchte, mußte er sich doch umdrehen. Irgendwie mußte er einfach hinschauen, was es war, ebenso wie er den jungen Telepathen hatte anstarren müssen, der ohne Kopf vor der Einstiegsluke hing. Also gab er dem Impuls nach.
Ein Auge.
Der Xenobiologe begann zu zittern, der Laser rutschte ihm aus den Händen, fast wäre er zu Boden gefallen. Unter Aufbietung all seiner Willenskraft umklammerte er das Werkzeug und setzte es erneut an der alten Stelle an. Sein Herz hämmerte. Er versuchte sich zu beruhigen. Da war doch überhaupt niemand, und wenn Royd tatsächlich früher zurückkommen sollte, hatte er ja seinen Laser, wenn es hart auf hart ging. Außerdem hatte er ja seinen Schutzanzug an – wenn also eine Luftschleuse defekt werden sollte, war er nicht ungeschützt.
Er zwang sich, das Auge gelassen anzusehen. Es war nichts anderes als ein ganz normales Auge, natürlich eines aus dem Kopf des jungen Telepathen. Sah noch richtig funktionstüchtig aus, blutverschmiert, aber ansonsten noch so gut wie intakt. Nichts Übernatürliches, nur das wäßrig-blaue Auge des Jungen, aber verdammt lebensecht. Ein Stück lebloses Fleisch unter anderen Brocken, die im Raum herumgeisterten. Jemand hätte wirklich mal diese Überbleibsel beseitigen sollen, dachte er ärgerlich. Das war schlampig und unzivilisiert.
Das Auge stand unverrückt im Raum. Die anderen Brocken trieben schwerelos im Raum umher, nicht jedoch dieses Auge. Auf ihn gerichtet. Starrte ihn an!
Er verfluchte seine Schwäche und war bemüht, sich wieder auf seinen Laser und seine Arbeit zu konzentrieren. Er hatte die Wand des Schottes mit seinem Laser gut im Griff, etwa ein Drittel seiner Arbeit lag hinter ihm. Erneut setzte er das Gerät an, um im rechten Winkel zur ersten Schnittkante, die er fertig hatte, eine zweite in das Metall hineinzubrennen.
Das Auge beobachtete ihn unentwegt. Plötzlich konnte er dieses Starren nicht mehr aushalten. Seine linke Hand löste sich vom Laser und griff nach dem schaurigen Objekt. Er schleuderte es in den Raum. Durch diese Bewegung verlor er seine Balance. Er taumelte nach hinten, der Laser entglitt seiner Rechten, mit beiden Armen suchte er vergeblich einen Halt und schlug hektisch um sich. Seine Bewegungen muteten an wie das Flügelschlagen eines überdimensionierten Vogels, vollkommen grotesk. Schließlich gelang es ihm, eine Tischkante zu ergreifen und sich zu fangen.
Der Laser hing frei in der Luft, immer noch da, wo er ihm entglitten war. Er spie weiterhin das bleistiftdicke Lichtbündel aus. Langsam begann sich das Gerät, wie von Geisterhand bewegt, zu drehen. Vollkommen verrückt! Wieso hatte es sich nicht abgeschaltet, als er den Abzug losgelassen hatte? Fehlfunktion, dachte er. Dort, wo der Strahl sich in den Teppich fraß, stieg schwarzer Qualm auf.
Mit Entsetzen erfaßte der Xenobiologe, daß die Mündung des Lasers sich in seine Richtung drehte.
Er stützte sich auf die Tischkante, stieß sich ab und wich dem Strahl aus.
Die Waffe reagierte auf sein
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