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Kopernikus 2

Kopernikus 2

Titel: Kopernikus 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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auf in lauern würde. Er bot all seinen Willen auf, um diese Vorstellung zu verdrängen.
    Als er in den Korridor trat, wartete sie bereits auf ihn. Erleichtert stellte er fest, daß sie offenbar weder auf ihn zornig noch vor Angst gelähmt war. Er stieß sich ab und schwebte auf sie zu, während er sich eine Entschuldigung zurechtlegte. „Ach, weißt du, ich habe keine Ahnung, warum ich …“
    Mit einer trägen Anmut kam ihr rechter Arm hinter ihrem Rücken hervor. Das Messer blitzte auf. Als er zurücktaumelte, sah er endlich das kleine, kreisrunde Loch, das sich in ihren Anzug gebrannt hatte, genau zwischen ihren Brüsten …
     
    „Ihre Mutter? “ fragte Melantha Jhirl ungläubig, als sie alle drei hilflos in der Leere über dem Schiffsrumpf schwebten.
    „Sie kann jedes Wort hören, das wir sagen“, erklärte Royd. „Aber nun ist es ja wohl völlig egal. Ihr Freund muß etwas sehr Törichtes begangen haben, etwas, das sie bedroht hat. Nun ist sie entschlossen, Sie allesamt umzubringen!“
    „Sie … sie … ich verstehe immer nur sie – was meinen Sie denn überhaupt?“ D’Branin begriff nichts. „Ich höre wohl nicht recht? Royd, Sie wollen uns doch wohl nicht weismachen, daß Ihre Mutter immer noch am Leben ist? Sie haben uns doch erzählt, daß sie bereits vor Ihrer Geburt gestorben ist.“
    „In der Tat“, antwortete Royd, „ich habe Sie nicht angelogen.“
    „Nein“, schaltete sich Melantha ein, „davon bin auch ich fest überzeugt. Aber Sie haben uns auch nicht die volle Wahrheit erzählt, sondern nur die halbe.“
    Royd nickte. „Mutter ist zwar tot, doch ihr … Geist lebt immer noch und spukt auf meiner Nachtfee umher.“ Er lachte grimmig auf. „Vielleicht wäre es passender, wenn ich ‚ihre Nachtfee’’ sagen würde. Ich selbst spiele höchstens die zweite Geige.“
    „Royd“, sagte d’Branin mit einem leicht verschnupften Unterton in seiner Stimme, „meine Volcryn sind weitaus realer als irgendwelche Gespenster.“
    „Auch ich glaube nicht an so etwas.“ Melantha Jhirl runzelte die Stirn.
    „Sie können diesem Phänomen beliebige Namen geben“, antwortete Royd ernst. „Ich nenne es ‚Geist’, und dieser ‚Geist’ oder was auch immer gehört zu unserer Realität. Jedenfalls lebt meine Mutter – oder zumindest ein Teil von ihr – an Bord dieses Schiffes, und sie will Sie alle umbringen, genauso wie sie vor Ihnen schon andere umgebracht hat.“
    „Royd, ich verstehe trotzdem nicht, was …“ hob d’Branin an.
    „Lassen Sie den Kapitän das Ganze mal etwas genauer erklären“, unterbrach in Melantha.
    „In Ordnung“, sagte Royd. „Die Nachtfee ist … wie könnte man sagen … sie ist auf dem höchstmöglichen technischen Entwicklungsstand. Vollautomatisiert, repariert sich selbst, ein Wunderwerk der Technik. Das mußte sie schließlich auch sein, denn Mutter wollte ja von der Notwendigkeit einer Mannschaft entbunden sein. Wenn Sie sich erinnern, erzählte ich Ihnen, daß sie auf Newholme gebaut wurde. Ich selbst war zwar nie dort, habe aber erfahren, daß der technologische Stand der Entwicklung auf Newholme nahezu perfekt ist. Ich bin der festen Meinung, daß man auf Avalon es nicht fertigbrächte, dieses Schiff nachzubauen, und es gibt nur sehr wenige Welten, auf denen dies möglich wäre.“
    „Kommen Sie zur Sache, Kapitän.“
    „Sofort, Melantha, sofort. Der springende Punkt ist sozusagen das Bordcomputersystem. Kristallmatrixkerne, Datenspeicherung auf komplexer Laserbasis und andere kaum vorstellbare Möglichkeiten und Eigenschaften.“
    „Wollen Sie uns etwa erzählen, daß die Nachtfee ein selbständiges künstliches Lebewesen ist?“
    „Nein“, erwiderte Royd, „jedenfalls würde ich sie nicht als solches bezeichnen. Aber so etwas Ähnliches. Mutter hat das Computersystem unter anderem mit ihrer Persönlichkeit programmiert. Der zentrale Kristall, gewissermaßen das Herz des Computers, wurde mit ihren Erinnerungen, Wünschen, Launen, Sehnsüchten, aber auch ihren Haßgefühlen programmiert. Sehen Sie, deshalb konnte sie auch den Computer mit meiner Erziehung beauftragen. Sie wußte ganz sicher, daß er mich ganz genau so erziehen würde, wie sie selbst es getan hätte, wenn sie die Geduld dazu aufgebracht hätte. Übrigens hat sie auch noch Programme eingegeben, von denen Sie niemals träumen würden – aber lassen wir das.“
    „Und Sie können diese Programme nicht löschen?“ fragte Karoly.
    Royds Stimme bekam einen verzweifelten Klang.

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