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Kopernikus 2

Kopernikus 2

Titel: Kopernikus 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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jemals ein Flüsterjuwel in der Hand gehalten?“ fragte sie Royd.
    „Ja“, antwortete sie. Und in der Tat hatte sie sogar einmal einen solchen Stein besessen; es hatte sich um ein dunkelblaues Kristall gehandelt, in dem die Erinnerungen an einen besonders intensiven Geschlechtsakt gespeichert waren. Das kostbare Stück war auf Avalon geschliffen worden, nachdem ihre Gefühle auf das Juwel übertragen worden waren. Anschließend hatte man alles versiegelt, und für fast die Dauer eines ganzen Jahres hatte sie den Stein nur zu berühren brauchen, um sogleich wieder in heftige Erregung zu geraten. Allerdings war die Intensität des Gefühls mit der Zeit schwächer geworden, und schließlich hatte sie den Kristall verloren.
    „Dann wissen Sie ja, daß Psi-Kräfte gespeichert werden können“, fuhr er fort. „Der innerste Kern meines Computersystems besteht aus einem solchen Stein. Ich glaube, daß Mutter kurz vor ihrem Tode die Speicherung vorgenommen hat.“
    „Nur ein Esper verfügt über eine solche Fähigkeit“, sagte Melantha.
    „Sie beide haben mich niemals gefragt, warum Mutter alle Menschen mit so ausgeprägtem Haß verfolgt hat“, hob Royd erneut an. „Sie war mit besonderen Fähigkeiten begabt. Auf Avalon wäre sie ohne jeden Zweifel in die erste Kategorie der Psi-Talente aufgenommen worden. Man hätte sie gefördert und geachtet, wäre ihr mit allem Respekt begegnet. Sicherlich wäre sie ausgesprochen berühmt geworden. Vielleicht hätte sie sogar die Fähigkeiten der ersten Kategorie übertroffen, vielleicht hat sie ihre ungewöhnliche starke Kraft auch erst nach ihrem Tode in der Verschmelzung mit dem Schiff entwickeln können.
    Derlei Spekulationen sind jedoch müßiger Natur. Sie wurde eben nicht auf Avalon geboren, und auf ihrem Heimatplaneten wurde ihre Begabung als Fluch betrachtet, als etwas Widernatürliches und Abscheuliches. So hat man eben versucht, sie davon zu kurieren. Man hat die verschiedenartigsten Drogen eingesetzt, mit Elektroschocks gearbeitet und Hypnotraining angewendet, mit dem Effekt, daß es ihr jedesmal speiübel wurde, wenn sie versuchte, ihre Fähigkeiten einzusetzen. Natürlich hat sie niemals ihre Kräfte verloren, allerdings wohl die volle, bewußte Kontrolle über sie. Sie wurden immer unterdrückt, latent gehalten und rangierten als Quelle von Scham und Schmerz. Fünf Jahre in solchen Heilanstalten haben sie an den Rand des Wahnsinns getrieben. Kein Wunder, daß sie starke Haßgefühle auf Menschen entwickelte.“
    „Welche Fähigkeit war denn am besten in ihr entwickelt? Etwa Telepathie?“
    „Nein. Na ja, vielleicht waren Rudimente vorhanden. Soweit ich weiß, verfügen alle Psi-Talente über einen Kanon latenter Kräfte, die sich gleichsam um ihre Spezialität herumgruppieren. Mutter konnte keine Gedanken lesen, hatte aber rudimentär ausgeprägte empathische Fähigkeiten, die allerdings durch die fatalen Therapien völlig durcheinander gebracht worden waren, so daß sie immer starke Schmerzen empfand, wenn sie sich in die Gefühlswelt eines anderen hineinzusetzen versuchte. Ihre am stärksten ausgeprägte Kraft war jedoch telekinetischer Natur. Fünf Jahre haben sie gebraucht, um dieses Talent zu zerstören.“
    Melantha Jhirl fluchte laut und vernehmlich. „Kein Wunder, daß sie es unter den Bedingungen der Schwerkraft nicht ausgehalten hat. Telekinese im Zustand der Schwerelosigkeit hingegen …“
    „Ja“, beendete Royd seine Ausführungen. „Wenn die Nachtfee ein künstliches Schwerefeld aufbaut, bereitet mir das Schmerzen, Mutter hingegen wird relativ eingeschränkt.“
    Schweigen. Alle starrten hinab in den dunklen Schacht zum Antriebsraum. Schließlich rutschte Karoly unbehaglich auf seinem Schlitten herum. „Sie sind nicht zurückgekommen“, sagte er bedrückt.
    „Vermutlich sind sie tot“, erwiderte Royd emotionslos.
    „Royd, was wollen wir jetzt unternehmen? Wir müssen irgend etwas planen. Wir können hier nicht bis in alle Ewigkeit herumhocken.“
    „Zunächst stellt sich mal die Frage, was ich tun kann“, antwortete Royd. „Wie Sie wohl bemerkt haben werden, habe ich eben alles gesagt und Ihnen nichts mehr vorenthalten. Ich war Ihnen das schuldig. Ihr Unwissen schützt Sie nämlich mittlerweile auch nicht mehr, im Gegensatz zu früher. Die Situation ist im Augenblick jedoch völlig anders. Zu viele Menschen mußten sterben, und Sie mußten alles mitansehen. Mutter wird unter keinen Umständen zulassen können, daß sie beide lebend

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