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Kopernikus 4

Kopernikus 4

Titel: Kopernikus 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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wutentbrannt an, und in seinem Ausdruck lag der Vorwurf der Inkompetenz – obwohl sie weder Astronomen noch Physiker waren.
    „Das hier ist die Smitdorp-Farm, auf die wir jetzt zufahren.“ Seine Augen ruhten auf Andrea Diversley, die sich eng an den indischen Genetiker schmiegte, den Arm um seine Taille gelegt. Welch ein schamloser Affront gegen seine Afrikaander-Prinzipien, noch dazu in Gegenwart von anderen Weißen. Mit seinen Blicken vergewaltigte und peitschte Woltjer die Engländerin dafür. Und doch – die Apartheid war eine so unwichtige Sache heutzutage, wenn man es genau bedachte.
    „Hätte nicht sein dürfen! Was meinen Sie, Miss Diversley?“
    „In der Tat, Major, der Hundsstern hat uns einen hündischen Streich gespielt.“
    „Ist das alles?“
    Im Vergleich zu dem Ödland, durch das sie gekommen waren, schien die Smitsdorp-Farm ihren Grasbewuchs ausreichend zurückzugewinnen. Mehr als ausreichend vielleicht, an einigen Stellen jedenfalls. Die würde man dann später untersuchen müssen – Boden, Insekten und Mikroorganismen. Aber jetzt lag ihr Ziel in den flachen Hügeln, wo ein Teil des verstrahlten Saatgutes, das ungeschützt geblieben und später dann auf Testbeeten ausgesät worden war, unerwartet hohe Erträge produzierte.
    Woltjer tat sein Bestes, um Andrea zu beschämen, damit sie sich von dem Inder löste, aber sie zuckte nur die Achseln.
    „Das ist nicht mein Arbeitsgebiet, Major.“
    Das ständige Umdrehen ermüdete seinen Hals, und so wandte er sich nach vorn und starrte auf das weithin verwüstete Farmland, auf dem niemals wieder irgendwelche Herden weiden würden.
    „Wissenschaftler!“
    Was meinte er damit, dachte Simeon Merrick, der hinter Andrea und ihrem Inder neben dem schweigsamen, defensiv chauvinistischen Schweden Gunnar Marholm saß. Daß irgendwelche Wissenschaftler, ganz gleich welcher Art, für die Ereignisse im Innern des Hundssterns verantwortlich waren?
    Die Katastrophe. Ja. Aber erstaunlicherweise war es am Ende nicht etwas gewesen, was die Menschheit getan hatte. Nach all den Kassandrarufen über die Risiken des Atomkrieges, Rohstoffverknappung, Überbevölkerung, Umweltverschmutzung, über all das Unheil, das man sich für die achtziger Jahre ausmalte – als die Katastrophe dann kam (und jeder fühlte insgeheim, daß sie kommen mußte, das war eine Konstante in der Gleichung!), kam sie völlig unvorhersehbar, und ihr Ausgangspunkt lag völlig außerhalb menschlicher Angelegenheiten.
    Doch wie konnte das sein: außerhalb? War es nicht eine Illusion zu sagen: außerhalb?
    Was hat der Mensch getan, daß Gott in seiner Weisheit dieses kosmische Ereignis zulassen … nein, fügen konnte? Daß er die Ordnung des Himmels und die Ordnung des Lebens auf der Erde in solchem Maße in Verwirrung bringen konnte?
    Was hat der Mensch getan, vor zehn Jahren, das die Waage der Gerechtigkeit Gottes schließlich umgestoßen hatte? Simeon durchlief in Gedanken das vergangene Jahrzehnt und forschte nach einem herausragenden Übel – aber er fand keines.
    Welche irdischen Ereignisse konnten das furchtbare Lodern des Hundssterns hervorgebracht haben, das für die Astronomen in gleichem Maße absurd und erschreckend war wie für diesen Afrikaandersoldaten Woltjer? Welche Kette von Sünden? Vielleicht ganz einfach, daß zu viele Leute aufgehört hatten, an Gott zu glauben?
    Lächerlich! Kein einzelnes Ereignis und auch keine Folge von Ereignissen konnte Gottes Entscheidungen beeinflussen. (Aber erinnere dich an die Städte in der Ebene, Simeon, erinnere dich an Sodom und Gomorrha! Sie hatten einen bestimmten Punkt erreicht, eine kritische Menge Sündigkeit erlangt – sie waren zu weit gegangen.)
    Ganz sicher war der moderne Gott aber kein so kleinlicher Diktator, der schmollend einen Stern in Flammen aufgehen ließ, um seine Söhne und Töchter zu reinigen?
    Es mußte ganz einfach der gesamte Trend der menschlichen Geschichte sein. Die Akkumulation von Sünden. Sünden wie das Südafrikanische Reich. Und dennoch … und dennoch, quälte sich Simeon, warum, o Herr, erwähltest Du ausgerechnet diesen Augenblick aus allen Zeiten? Und warum waren nicht die Weißen gestorben? Warum waren es nicht die Reichen und Mächtigen, die zugrunde gingen? Warum waren es die Schwarzen, die Braunen, die Gelben? Die Armen und Unglücklichen dieser Erde? Warum waren sie es, die verschwanden? Warum waren es die Major Woltjers dieser Welt, die davonkamen, indem sie zum ersten Mal in ihrem Leben in die

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