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Kopernikus 4

Kopernikus 4

Titel: Kopernikus 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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während das Halbkettenfahrzeug knirschend über die Knochen dieser Zulus oder Xhosas rollte.
    „Das einzige vergleichbare Ereignis, das ich kenne, ist die Supernova von Bethlehem – jenen Stern der Magi, den Gott entflammte, um uns die erste Ankunft Seines Sohnes kundzutun. Und jetzt ist es das zweite Mal.“
    „Das zweite Mal was? Der zweite Stern? Die zweite Ankunft? Ha! Ein ganz zufälliger Zwischenfall. Wäre es fünfzig Jahre früher geschehen, hätte nur ein winziger Teil der menschlichen Rasse durchkommen können. Zu wenige vielleicht. So, wie es jetzt aussieht …“
    „Ja?“ rief Andrea und preßte Dr. Sharma an sich; sie drehte das Messer in der Wunde ihres Gewissens herum. „Und wie es jetzt aussieht?“
    „Wie es jetzt aussieht“, fuhr Marholm achselzuckend fort – sie hatten denselben Streit schon einmal gehabt –, „kann man mit Sicherheit davon ausgehen, daß mehrere hundert Millionen überlebt haben. Vielleicht an die sechshundert Millionen. Im großen und ganzen die Bevölkerung der entwickelten Länder. Die Statistiken sind noch nicht alle da“, erinnerte er sie.
    Sharma lachte. Seine Gegenwart war die eines lebenden Leichnams, eines Geistes, eine leibhaftige Erinnerung an die für alle Zeiten Enteigneten.
    „Mir scheint, daß die Schwachen die Erde zu guter Letzt doch nicht geerbt haben, wie es Ihre Bibel versprochen hat – es sei denn, in Gestalt dieses Knochenmehls um uns herum!“
    Andrea umarmte ihn; sie liebte ihn um der ganzen abrupt beendeten Agonie der Unterentwicklung willen. Sie selbst hatte den kosmischen Sturm in der Goblin-Zeche bei Bath in England überstanden, im Verkaufslager Wansdyke, als Überlebende der Vorranggruppe A, Klasse Landwirtschaftsbotaniker.
    „Ach, zum Teufel“, stieß Woltjer hervor, gerade als es so schien, als würde die Diskussion im Sande verlaufen. „Im Grunde kam es doch als eine Art Segen, seien wir doch ehrlich. Ich meine, das Bevölkerungsproblem ist gelöst! Wir brauchen keine Angst mehr zu haben, daß wir uns gegenseitig von diesem Planeten drücken! Alle Rohstoffe aufbrauchen. Wissen Sie, was ich meine?“
    „O ja“, rief Sharma, „ich weiß, was Sie meinen. War es nicht großzügig von uns drei Millionen Armen, Ihnen Platz zu machen?“
    Na also, er sieht sich selbst als Leichnam. Aber sein erotisches Getobe jede Nacht spricht dagegen – es sei denn, wir betrachten es in umgekehrter Hinsicht als eine Form von Nekrophilie.
    „O Subby! Bitte!“
    Oh, wie schon die bloße Anwesenheit des indischen Wissenschaftlers in Major Woltjers Augen die Verkörperung von Unvollständigkeit und Unordnung in einem gottgesandten Säuberungsprogramm darstellte!
    „Noch viele andere Geschöpfe, nicht nur wir Farbigen, brauchen kein schlechtes Gewissen mehr zu haben, weil sie zuviel Platz wegnehmen!“ Und wie er Andrea mit seinen Ansprüchen ausbeutete! „Zum Beispiel alle Großsäugetiere. Gut, nicht wahr, Major Woltjer? Adieu, Elefanten, Giraffen und Kamele! Adieu, Wale und Seehunde und Delphine! Adieu, Krähen und Adler, Falken und Tauben! Adieu, adieu.“
    Herr und Gott, der Du in Deiner Gnade die Plagen über Ägypten schicktest, um Dein Volk zu erretten – sandtest Du auch diese Plage vom Hundsstern, um Dein Volk zu erretten – auf daß sich Dein Menschengeschlecht nicht ganz und gar mit eigener Hand vernichtete, wie es zu geschehen schien, und damit Deine Erde der höchsten Krone der Schöpfung beraubte? Zu früh, o Herr, zu früh, um Deine große Schöpfung zu vernichten!
    „Zweites Bethlehem? Zweite Erlösung?“ murmelte Simeon vor sich hin. Subbaiah Sharma nahm sein Gemurmel gierig auf.
    „Jene, die haben, werden mehr haben, Simeon. Das ist die Neue Bibel. Jene, die wenig haben, werden gar nichts haben. Sogar die Würde des Begräbnisses ist ihnen verwehrt.“
    Das Fahrzeug zermalmte wieder ein Zulu- oder Xhosa-Skelett. Viele lagen hier, als habe eine Wanderung über das Land stattgefunden: der Wiederbeginn der Bantu-Wanderungen alter Zeiten.
    Woltjer grinste nur verschmitzt.
    „Gott hilft denen, die sich selbst helfen.“
    Sie fuhren zwischen Haufen von trockenen Knochen hindurch, zwischen denen sich das neue Gras hindurchzwängte: tausend Rinderskelette, tausend Menschenskelette. Und siehe, wenn wir auch durch das Tal der dürren Knochen ziehen, so wollen wir doch das Böse nicht fürchten, betete Simeon zu Gott, der es wissen mußte.
    Anonymes Knochenmehl in zerlumpten T-Shirts und Hosen.
    „Hätten gar nicht in dieser Zone sein

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