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Kopernikus 5

Kopernikus 5

Titel: Kopernikus 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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paar Beobachter. Ananda hat zugesagt, obwohl er meine Motive für – na, du weißt schon – hält. Jedenfalls hat er sich den Termin freigehalten.“
    „Ich kann die Zeit auch erübrigen, Ralph.“
    „Prima. Jetzt schau mal hier hinein …“
    Er zeigte mir, wie das Periskop, der Sehnerv und die Spiegel es dem Betrachter von draußen ermöglichten, das ganze Innere des Käfigs zu sehen, selbst wenn die Glaswände verspiegelt waren. Als ich durch das verdeckte Periskop in das perlmutterartig beleuchtete Innere lugte, verdutzendfachte sich die leere Bahre in alle Richtungen, ehe sie sich im dichter werdenden goldenen Dunst verlor, und das Filigranwerk des Faradayschen Käfigs überlagerte sich wieder und wieder in den Spiegeln.
    Es wurde Dienstag. Außer Hewitson, dem Swami und mir war noch Dr. Mary Ann Sczepanski, die Ärztin der Stiftung, in seinem Büro. Sie sah reizend aus mit ihren strammen silbernen Zöpfen und ihrem obligatorischen weißen Kittel, der ihre Hüften wie aus schneeigem Marmor modelliert erscheinen ließ.
    Hier war also die Mausefalle, in der Hewitson als der große Käse mit dem synthetischen Gorgonzola-Duft des Todes (einem Duft allerdings, den keiner von uns bewußt wahrnehmen konnte) alsbald ausgelegt werden sollte, eine Falle der nicht tödlichen Spielart.
    „Jetzt habe ich etwas viel, viel Besseres vor“, sagte Ralph und grinste mit von Swami Ananda sichtlich mißbilligter Effekthascherei, während er sich in seinem dünnen Leinenhemd vorsichtig durch die Tür des Faradayschen Käfig schob, um die dünnen Drähte nicht zu verbiegen. Er streckte sich auf der Wasserbahre aus.
    Wie Ralph mich instruiert hatte, verschloß ich die Tür mit seinem goldenen Schlüssel. Die Schlüsselkette streifte ich mir über den Kopf. Dann schaltete ich ganz schwachen Strom im Käfig ein. Er begann leise zu summen.
    Die Glaswände, noch in durchsichtigem Zustand, senkten sich und rasteten ein. Die Klimaanlage schaltete sich ein.
    „Sie sehen aus wie Schneewittchen“, brüllte Mary Ann, während sie die Lebensfunktionen an den Anzeigen ablas. „Wo ist denn der vergiftete Apfel?“
    Ralph hörte sie und nickte ironisch in Anandas Richtung. Dann wurde er ruhig, während Ananda lautstark einen monotonen, endlosen Refrain auf Sanskrit anstimmte. Ralph fiel ein, so vermutete ich jedenfalls; seine Stimme konnte ich nicht hören.
    Bald darauf hob Ralph die Hand, und ich schaltete die Glaswände auf undurchsichtig.
    Als ich durch das Periskop hineinspähte, lag er völlig still und sah in dem perlmutterfarbenen Innenlicht angemessen bleich und totenähnlich aus. Neben ihm lag sein Spiegelbild, daneben ein weiteres Spiegelbild. Zeh an Zeh immer weitere. Jedes in seinem goldenen Käfig, dessen Stäbe um die weiter entfernten Körper dicker wurden. Man konnte leicht den Mittelpunkt und damit die Orientierung verlieren. Soweit schien Ralphs Maschine am ehesten eine Vorrichtung zum Klonen von Leichnamen zu sein.
    Die Versenkung in die Totentrance dauerte fast eine Stunde. Mary Ann überwachte währenddessen gewissenhaft Ralphs Lebensfunktionen. Durch das Fenster fiel die Sonne ein und beleuchtete scheinbar einen großen Marmorblock, eine weiße Kaaba, ein Mausoleum. Eine Zeitlang stolzierte eine zerrupfte Taube auf dem Fenstersims hin und her. Straßenlärm klang leise herauf, und ein paarmal drang das Dröhnen von Hubschraubern herab. Ansonsten war es sehr still.
    Ananda schaute auf die Aufzeichnung der Gehirnwellen. Mit seinem braunen, wohlmanikürten Finger tippte er auf eine Stelle. „Hier beginnen die Theta-Thanatos-Rhythmen.“
    Ich zog mir die Decke des Periskops eng über den Kopf und hörte nur noch die Stimme des Swami. „Die anderen Rhythmen sind jetzt versiegt. In vier oder fünf Minuten wird das Theta-Thanatos stark genug sein, daß wir das Pheromon aufdrehen können.“ Ich hatte jedoch nicht die Absicht, meine Position zu verlassen. Ich wollte nichts versäumen – nicht, daß ich geglaubt hätte, es würde etwas zu sehen geben, und außerdem lief ja auch noch ein Videoband. Aber so bin ich nun einmal. Man setze mich auf einen Berggipfel und trage mir auf, Sternschnuppen zu zählen, und für einen Freund starre ich die ganze Nacht in den Himmel.
    „Jetzt – Pheromon marsch!“ verkündete Ananda.
    Automatisch schnupperte ich, obwohl ich auf keinen Fall etwas hätte riechen können, Glaswände oder nicht.
    Nahe Ralphs nackter Wade sah ich die Spitze einer Injektionsnadel, durch die Mary Ann ihn bei

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