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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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hät­ten durch­aus auch an­de­re Um­stän­de sein kön­nen.
    Al­lein das Prin­zip ist von Be­deu­tung.
    Ein-ein­deu­tig, selbst bei al­len Trans­for­ma­tio­nen von Zeit und Raum, bleibt je­ner Re­flex im Bruch­teil ei­ner Se­kun­de, der den Kreis schließt, ihn zu ei­ner Flä­che ver­spie­gelt, in der die Be­trof­fe­nen be­grei­fen, daß sie einen ge­mein­sa­men Mo­ment ha­ben.
    Aus ih­rer Zwei­sam­keit her­aus fin­den sie sich vor als letzt­lich ein und der­sel­be.
    Die Si­tua­ti­on.
    Un­auf­halt­sam kriecht ei­ne zäh­flüs­si­ge Feuch­tig­keit aus den dich­ten Gras­pols­tern, si­ckert über die ge­schlos­se­ne Pflan­zen­de­cke, sucht ver­geb­lich nach Spal­ten und Lücken, tau­melt ge­gen ab­ge­knick­te Blatt­lap­pen, um­schlingt sei­ne schwe­ren, schwar­zen Stie­fel und bin­det ihn ein in die Na­tur, als wä­re er ein fes­ter Be­stand­teil die­ser Welt.
    Er ist al­lein.
    Laut­los zie­hen ver­ein­zel­te Was­ser­trop­fen ih­re zärt­li­chen Bah­nen; es ist das Kon­den­sat ei­ner schläf­ri­gen Stil­le, es ist der Schweiß er­schöpf­ter Träu­me, der aus den Fal­ten der Nacht perlt und über die glat­te Ebe­ne des frü­hen Mor­gens rollt. Die ho­hen Lan­zett­hal­me krüm­men sich im leich­ten Wind. Mit ih­ren elas­ti­schen Be­we­gun­gen we­cken sie die auf­ge­hauch­te Feuch­tig­keit, ent­zau­bern den glim­mern­den Pelz, wan­deln ihn um in einen fei­nen Nie­der­schlag, in ein­fa­che Feuch­tig­keit, die sich über die tief­grü­ne Län­ge der Hal­me ver­teilt.
    Er hat Zeit.
    Un­ter der Schwin­gung er­wa­chen die kleb­ri­gen Trop­fen, ent­fal­ten ih­re ei­ge­nen Be­we­gun­gen, rä­keln sich in den ers­ten auf tref­fen­den Strah­len­bün­deln der Son­ne und re­flek­tie­ren das ein­fal­len­de Licht auf der Krüm­mung ih­rer Ober­flä­che. Im Bruch­teil von Se­kun­den wird je­der Trop­fen zur Su­per­no­va. Ein glei­ßen­des Licht rast ihm ent­ge­gen. Au­to­ma­tisch zu­cken die Au­gen­li­der zu­sam­men.
    Sein Schat­ten schiebt sich dicht über den Bo­den, schmiegt sich eng an den Pflan­zen­tep­pich, ver­schwimmt in den Mul­den, die den Mor­gen­ne­bel zu mil­chi­gen Pfüt­zen sam­meln, und ver­liert sich schließ­lich im Ge­wirr an­de­rer Schat­ten.
    Er war­tet.
    Er ist um­ge­ben von ei­ner schläf­rig-schweig­sa­men Pflan­zen­welt, die sich lang­sam von den Fin­gern der Son­ne wach­strei­cheln läßt. Vor sei­nen Au­gen schwin­gen fein­ge­schupp­te Ris­pen, nei­gen sich zur Sei­te, bie­gen den Halm, span­nen die Fa­sern, als woll­ten sie sich bis zum ma­xi­ma­len Punkt ver­beu­gen; dann läßt der Luft­zug nach, und das elas­ti­sche Rohr schnellt zu­rück und wirft die Ris­pen­kro­nen in die ent­ge­gen­ge­setz­te Rich­tung.
    Aus der Be­we­gung der Hal­me fal­len Sa­men­plätt­chen in die Luft.
    Die kaum sicht­ba­ren Le­bens­kei­me tor­keln her­ab und su­chen Schutz zwi­schen ge­roll­ten Blät­tern, bet­ten sich auf wei­che Moos­pols­ter, blei­ben an den feuch­ten Köp­fen gift­grü­ner Pilz­ko­lo­ni­en kle­ben und fal­len zwi­schen scharf­kan­ti­ge Stei­ne.
    Er ver­sucht, die Be­we­gung der silb­rig auf­blit­zen­den Schei­ben nach­zu­voll­zie­hen; ver­sucht, ih­ren Weg zu ver­fol­gen, doch im­mer wie­der ent­schau­keln sie sei­nem ge­schul­ten, wach­sa­men Blick. Schließ­lich reißt er sich ge­walt­sam los von der ver­geb­li­chen Be­mü­hung und kon­zen­triert sich wie­der auf sein Ziel.
    Er hat ein Ziel.
    Die ge­bün­del­te Wär­me der ein­fal­len­den Son­ne schiebt den Tau von den Hal­men, wischt die Feuch­tig­keit von den Grä­sern, leckt die Trop­fen von den Zwei­gen und schlürft die Seen in den Blatt­schul­pen leer.
    Die wei­ßen In­seln des Bo­den­ne­bels wer­den zer­ris­sen. Die Schwa­den dün­nen aus, schie­ben laut­los ih­re Fin­ger in die dich­ten Glass­ten­gel ge­fie­der­ter Hal­me und ent­flie­hen dem wach­sa­men Blick des Ein­dring­lings.
    Die spitz zu­lau­fen­den Lan­zett­hal­me sind end­gül­tig tro­cken, und ein fei­ner Duft steigt aus den ku­gel­för­mi­gen Gra­si­geln, die ihn um­ge­ben. Es ist ei­ne Kom­po­si­ti­on aus zu­sam­men­ge­ball­ter Hoff­nung, Er­war­tung und Ge­wiß­heit, denn

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