Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
Vom Netzwerk:
mich selbst be­trifft, ich glau­be es auch nicht, und ich hat­te ver­dammt lan­ge Zeit, es zu ler­nen.
    Sie ma­chen mich nach­denk­lich, wie Sie so da­sit­zen, un­schul­dig wie ein Ei und zwei­mal so emp­find­lich; ja, Sie brin­gen mich un­be­streit­bar zum Nach­den­ken, und ich glau­be, ich wer­de an ein paar Din­ge den­ken müs­sen, an die ich im­mer nur mit Be­dau­ern ge­dacht ha­be, nur um nicht rühr­se­lig zu wer­den. Ver­flucht, mein Jun­ge, Sie ma­chen mich wirk­lich nach­denk­lich. Das Le­ben ist son­der­bar – grün, wie Sie sind, ha­ben Sie die­sen Ge­dan­ken wahr­schein­lich auch schon ein dut­zend­mal ge­habt. Wahr­schein­lich ha­ben Sie ihn heu­te mor­gen ge­habt, als Sie aus Ih­rem duf­ten­den Bett der Son­ne ent­ge­gen­tau­mel­ten. Nun, ich ha­be Ih­nen das Vier­fa­che an Jah­ren und ein mäch­ti­ges Bün­del an Er­fah­run­gen vor­aus, und im­mer noch fällt mir nichts Bes­se­res ein, um die Welt zu­sam­men­zu­fas­sen: Das Le­ben ist son­der­bar. Das ha­ben schon an­de­re ge­sagt, ja. Aber den­ken Sie nur, mein Jun­ge, wie son­der­bar: Wir bei­de re­den hier, Sie kom­men, ich ge­he; ich weiß, wo­hin Sie ge­hen müs­sen, Sie ver­mu­ten zu wis­sen, wo­her ich kom­me, und bei­de ha­ben wir das glei­che Ziel. Son­der­bar, sehr son­der­bar. Ver­dammt, Sie sind schon tot, wenn Sie das Son­der­ba­re dar­an nicht se­hen, wenn Sie das Poe­ti­sche dar­an nicht rie­chen: es stinkt da­nach wie nach Blut. Und Blut ha­be ich ge­ro­chen, mein Böck­chen. Es hat ein sehr deut­li­ches Aro­ma. Man er­kennt es, wenn man es riecht. Sie sind auf dem Weg zum Blut; zu Blut und Lei­den­schaft und großen Ta­ten und all dem Zeug und viel­leicht auch zu ein we­nig Ver­ständ­nis, wenn Sie Glück ha­ben und Au­gen, um zu se­hen. Ich sel­ber, ich bin nir­gend­wo­hin un­ter­wegs, buch­stäb­lich. Ich bin hier auf Kos zur Ru­he ge­kom­men, und wäh­rend die Ro­te La­dy ihr Far­ben­netz über den Him­mel spinnt, sit­ze ich hier und we­be mein ei­ge­nes Netz aus Wor­ten und Träu­men und an­de­rem Spin­nen­zeug …
    Was? Ja, ich re­de zu­viel. Al­te Män­ner schwat­zen gern, und die Phi­lo­so­phie ist wie ein Kis­sen für die al­ten Kno­chen. Aber schließ­lich ist es mein Be­ruf, und ich ha­be Ih­nen ei­ne Ge­schich­te ver­spro­chen. Was mit mei­nem Bein pas­siert ist? Das ist ei­ne blu­ti­ge Ge­schich­te, aber ich sag­te ja, daß Blut vor Ih­nen liegt. Ich ken­ne das Zei­chen. Ich will es Ih­nen er­zäh­len: Viel­leicht wird es Ih­nen hel­fen zu ver­ste­hen, wenn Sie bei dem en­gen Loch an­ge­kom­men sind. Viel­leicht wird es Ih­nen so­gar hel­fen zu den­ken, ob­wohl dies die furcht­bars­te Last ist, die man ei­nem Man­ne wün­schen kann. Es ist üb­lich, daß man mei­ne Kar­te ab­zeich­net, be­vor ich an­fan­ge, da­mit Sie mir hin­ter­her nicht da­von­lau­fen, oh­ne zu be­zah­len. Dan­ke sehr, jun­ger Herr. Hü­ten Sie sich vor ei­ni­gen die­ser Bett­ler, mein Böck­chen; die ha­ben ei­ne Kre­dit­rech­nung bei Cen­tral, wie wir sie bei­de nie­mals zu­sam­men­brin­gen wer­den. Sie zie­hen aus der Ar­mut einen sau­be­ren Pro­fit. Ich bin ein ehr­li­cher Ar­mer, be­dau­er­li­cher­wei­se, le­be haupt­säch­lich von der Un­ter­stüt­zung, wenn Sie das Le­ben nen­nen wol­len … Ja, ich weiß. Das Bein.
    Da­für müs­sen wir bis zur Neu­ord­nung zu­rück­ge­hen, zu­rück um mehr als ein hal­b­es Jahr­hun­dert und einen hal­b­en Sek­tor ent­fernt von hier, auf Welt. Das Gan­ze ge­sch­ah, be­vor Welt ein Mit­glied des Com­mon­we­alth wur­de. Dar­um ging es ge­nau­ge­nom­men bei der Neu­ord­nung: Die Quä­sto­ren stürz­ten das al­te Kom­bi­nat und ent­schie­den sich für die Ver­schmel­zung und zwan­gen Welt zum Ein­tritt in das Com­mon­we­alth. Dort und zu die­ser Zeit be­ginnt die Ge­schich­te.
    Sie be­ginnt mit War­ten.
    Vie­le Din­ge be­gin­nen so, mit War­ten. Und wenn es al­ler Wahr­schein­lich­keit nach der Tod ist, wor­auf Sie war­ten, und Sie lie­gen da und lie­ben das Le­ben und be­mer­ken plötz­lich, wie hübsch al­les ist, und lau­schen den stei­ner­nen Hu­fen der Dun­kel­heit, die sich trap­pelnd nä­hern, und Sie füh­len, wie ei­sen­be­schla­ge­ne

Weitere Kostenlose Bücher