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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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in dump­fen Wo­gen in uns auf­wall­te.
    Da­mals wuß­ten wir nicht, daß wir die ers­te prak­ti­sche An­wen­dung ei­nes Ver­fah­rens be­ob­ach­te­ten, das so­wohl Kom­bi­nat als auch Com­mon­we­alth lan­ge Zeit ge­heim­ge­hal­ten hat­ten. Das Ver­fah­ren ba­sier­te auf dem Di­men­si­ons – „An­trieb“ für Raum­schif­fe (der ge­nau­ge­nom­men über­haupt kein „An­trieb“ ist, aber die­se Be­zeich­nung hat sich in der Pres­se all­ge­mein ver­brei­tet), und es be­fä­hig­te einen Hoch­fre­quenz-Dis­kon­ti­nui­täts-Pro­jek­tor, in­ner­halb ei­nes be­grenz­ten Be­rei­ches den Schwin­gungs­ver­lauf der Zeit durch­ein­an­der­zu­brin­gen, so daß ein Punkt hier in der Kon­ti­nui­täts­se­quenz ein paar Mi­nu­ten vor oder hin­ter ei­nem ein paar Zen­ti­me­ter ent­fern­ten Punkt lie­gen wür­de. Ein Psy­cho­phy­si­ker wür­de von die­ser Er­klä­rung Krämp­fe be­kom­men, denn „Zeit“ ist ei­gent­lich über­haupt nicht so, wie wir sie „er­le­ben“, und des­halb tut das Ver­fah­ren „ei­gent­lich“ auch nicht, was ich ge­ra­de ge­sagt ha­be – statt des­sen tut es et­was wirk­lich Ab­stru­ses – aber es kommt dem, was es in der Pra­xis tut, doch na­he ge­nug, denn selbst wenn die Zeit­ver­zer­rung ein „il­lu­sio­närer Ef­fekt“ ist – so wie die Son­ne schein­bar auf- und un­ter­geht –, ha­ben sie das Gan­ze ja im­mer­hin da­zu be­nutzt, Leu­te da­mit um­zu­brin­gen. Es warf al­so die Zeit aus ih­rem Schwin­gungs­lauf, und zwar im­mer wie­der, und ver­la­ger­te die Ver­schie­bun­gen völ­lig will­kür­lich, so daß auf je­dem be­lie­bi­gen Qua­drat­me­ter Bo­den oh­ne wei­te­res vier oder fünf Dis­kre­pan­zen in der Zeitse­quenz lie­gen konn­ten, die sich be­stän­dig ver­scho­ben. Zum Bei­spiel: Hier wä­re viel­leicht ei­ne Mi­nu­te „vor“ dem zu­grun­de lie­gen­den „Jetzt“, und ei­ne Se­kun­de spä­ter (bei die­sem Zeug bricht die Spra­che hilf­los zu­sam­men; man braucht Ma­the­ma­tik) wä­re Hier zwei Mi­nu­ten hin­ter dem Jetzt, dann fünf Mi­nu­ten da­hin­ter, dann drei Mi­nu­ten da­vor und so wei­ter. Und al­le an­gren­zen­den Be­rei­che in die­sem Qua­drat­me­ter durch­lau­fen den glei­chen Wech­sel­pro­zeß zur sel­ben Zeit (die­se gott­ver­damm­te Spra­che!). Die Ma­schi­nen des Kom­bi­nats ris­sen sich selbst in Stücke. Die Men­schen eben­falls. Ei­ni­ge er­stick­ten we­gen ei­ner Dis­kre­panz von fünf Mi­nu­ten zwi­schen ei­nem Atem­zug und dem Mo­ment, da der Sau­er­stoff die Lun­ge er­reich­te. An­de­re er­tran­ken in ih­rem ei­ge­nen Blut.
    Es dau­er­te un­ge­fähr zehn Mi­nu­ten, zu­min­dest so­weit es uns als un­be­trof­fe­ne Be­ob­ach­ter be­traf. Ein Psy­cho­phy­si­ker hat mir ein­mal er­klärt, daß „es“ für al­le Zeit wei­ter „ge­sche­hen“ und zu­gleich nie­mals „ge­sche­hen“ war und daß kei­ne der bei­den Be­haup­tun­gen die an­de­re au­ßer Kraft setz­te, daß je­de Be­haup­tung auf die­sel­be Si­tua­ti­on kon­se­ku­tiv „an­wend­bar“ und „nicht an­wend­bar“ sei – und ich ha­be es nicht be­grif­fen. Es dau­er­te zehn Mi­nu­ten.
    Am En­de die­ser zehn Mi­nu­ten wur­de es sehr still.
    Wir sa­hen hoch. Das Land hat­te auf­ge­hört zu wal­len. Ein win­zi­ger Stern er­schi­en in mitt­ler­er Ent­fer­nung in dem Ge­röll, so klein wie ein Steck­na­del­kopf, aber un­glaub­lich hell und klar. Er schi­en die Nacht auf­zusau­gen wie ein Schlund, als hät­te je­mand mit ei­ner Na­del durch den Welt­stoff hin­durch in ei­ne in­ten­si­ve­re Rea­li­tät ge­sto­chen, als sam­mel­te er sei­nen Atem für einen un­ge­heu­ren Schrei.
    In­stink­tiv ver­gru­ben wir die Köp­fe zwi­schen den Ar­men.
    Ein über­aus hel­les Licht leuch­te­te, ein Licht, das wir durch die Schä­del­de­cke spü­ren konn­ten, ein Licht, das auch hin­ter ge­schlos­se­nen und ver­hüll­ten Li­dern blen­den­de Re­fle­xe hin­ter­ließ. Der Berg be­gann un­ter uns zu sprin­gen. Er schleu­der­te uns im­mer wie­der in die Luft, bis wir fast be­wußt­los wa­ren. Das To­sen hör­ten wir nicht.
    Nach ei­ner Wei­le wur­de es wie­der ru­hig, und nur ein fort­ge­setz­tes

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