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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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Hey­nith stand in den Staub­wir­beln, die der Star auf­ge­rührt hat­te, und sah ihm un­be­tei­ligt nach.
    Wie­der wur­de es still, aber dies­mal war es ei­ne er­war­tungs­vol­le Stil­le.
    Hey­nith kam her­über, be­trach­te­te uns ei­ne Wei­le und be­fahl uns dann, un­se­ren Ab­zug vor­zu­be­rei­ten. Wir starr­ten ihn an. Er wie­der­hol­te sei­nen Be­fehl mit ru­hi­ger, fes­ter Stim­me und mit un­er­träg­li­cher Ge­duld. Ei­ne Se­kun­de lang herrsch­te Schwei­gen, dann stöhn­te je­mand, ein an­de­rer fluch­te, und für den Au­gen­blick war der Bann von D’kot­ta we­nigs­tens teil­wei­se ge­bro­chen. Wir er­wach­ten so­weit, daß wir un­ser Ge­rät zu­sam­men­pa­cken konn­ten. Es wur­de so­gar ge­re­det, wenn auch nicht viel.
    Hey­nith über­nahm die Spit­ze und führ­te uns in lo­cke­rer Marsch­for­ma­ti­on schräg den Hang hin­un­ter und dann berg­auf zum Kamm. Wir er­reich­ten den Ein­schnitt, durch den wir ge­kom­men wa­ren, und klet­ter­ten an der an­de­ren Sei­te hin­un­ter.
    Je­der woll­te noch ein­mal einen Blick auf D’kot­ta wer­fen. Nie­mand tat es.
    Ir­gend­wie war es im­mer noch Nacht.
    Na­tür­lich re­de­ten wir beim Mar­schie­ren nie­mals viel, aber in die­ser Nacht war das Schwei­gen geis­ter­haft. Man hör­te das Knir­schen der Stie­fel auf dem Stein­bo­den, das lei­se Ras­seln un­se­res Atems und das ge­dämpf­te Klir­ren der Mes­ser, die ge­le­gent­lich ge­gen un­se­re Schen­kel schlu­gen. Man konn­te un­se­re Angst hö­ren, man konn­te sie rie­chen und se­hen.
    Wir konn­ten sie be­rüh­ren, wir konn­ten sie schme­cken.
    Ich ge­hör­te zu et­was, das so alt war, daß sie so­gar den Na­men da­für aus­gra­ben muß­ten, als sie den Schutt der al­ten Ge­schich­te nach Kon­zep­ten durch­stö­ber­ten, die sich ge­gen das Kom­bi­nat ein­set­zen lie­ßen. Ich ge­hör­te zu ei­nem „Kom­man­do­trupp“. Fra­gen Sie mich nicht, was das be­deu­tet, aber so heißt es. Wenn ich so dar­über nach­den­ke, dann weiß ich schon, was es be­deu­tet, im leib­haf­ti­gen Sin­ne: Es be­deu­tet häß­lich. Lan­ge, häß­li­che Ta­ge und Näch­te, die in noch grö­ße­rer Häß­lich­keit wie­der­keh­ren, wenn man schläft, so daß man über­haupt nicht mehr dar­an den­ken will, weil es ei­nem die Au­gen her­aus­quetscht wie ein Schraub­stock. Kalt und fins­ter und naß, und je­der­zeit springt plötz­li­cher Tod aus dem Nichts, und es schlägt ei­nem das Be­wußt­sein der Sterb­lich­keit ins Ge­sicht wie einen Gum­mi­hand­schuh vol­ler Eis­was­ser. Man lebt in schwan­ken­den Hö­hen, so daß al­les der­ar­tig wirk­lich wird, daß es künst­lich aus­sieht. Man lebt in ei­ner Er­war­tung, die wie ein Schmerz ist, als sä­ße man ritt­lings auf ei­nem Zaun, des­sen Spit­ze aus ei­ner Mes­ser­klin­ge be­steht, und war­tet dar­auf, daß im Dun­keln je­mand vor­bei­kommt und einen her­un­ter­stößt. Man kommt so weit, daß es ei­nem ge­fällt. Der Schmerz ist so be­stän­dig, daß man ihn ver­gißt. Man ver­gißt, daß es je­mals ei­ne Zeit gab, wo man ihn nicht spür­te. Man lebt von Ad­rena­lin.
    Uns ge­fiel es. Wir wa­ren hin­ge­bungs­voll. Wir haß­ten. Es gab uns ei­ne Mög­lich­keit, un­se­ren Haß zu be­nut­zen, et­was Greif­ba­res, das wir se­hen konn­ten. Und wir wa­ren seit Jahr­hun­der­ten die ers­ten, die es ta­ten, und auch dar­in lag ein Ge­nuß. Die Wis­sen­schaft­ler und An­ti­qua­re, die die Quä­sto­ren­be­we­gung in Gang ge­setzt hat­ten – man hat­te sie bei vol­lem Be­wußt­sein und re­la­tiv un­be­wacht ar­bei­ten las­sen, da­mit sie den Wirr­warr der Vor­ge­schich­te aus den über Ge­ne­ra­tio­nen hin­weg er­erb­ten Ar­chi­ven bes­ser zu­sam­men­stückeln konn­ten –, wa­ren raf­fi­niert ge­we­sen. Sie wuß­ten, ih­re ein­zi­ge Hoff­nung, das Kom­bi­nat in Ver­wir­rung zu stür­zen, lag dar­in, es mit ra­di­ka­len Kon­zep­ten und Tak­ti­ken zu schla­gen, mit Din­gen, für de­ren Hand­ha­bung es kei­ne In­struk­tio­nen be­saß, mit Din­gen, die au­ßer­halb der Er­fah­run­gen des Kom­bi­nats la­gen. Al­so wühl­ten sie Kon­zep­te aus der Vor­ge­schich­te her­auf, aus ei­ner Zeit, die so weit

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