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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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lei­ses Rum­peln blieb zu­rück. Als wir wie­der hoch­sa­hen, wälz­ten sich di­cke, trä­ge Zun­gen von ge­schmol­ze­nem Mag­ma in brei­ten Strö­men über das Feld, hier und da un­ter­bro­chen von spek­ta­ku­lä­ren Fon­tä­nen in die Luft ge­wir­bel­ter Fun­ken.
    Un­ser Streu­schirm hat­te die Wucht des Aus­bruchs auf­ge­fan­gen, hat­te sie lan­ge ge­nug ab­ge­hal­ten, um uns das Le­ben zu ret­ten, aber dann war er durch die Über­las­tung zu Schrott ver­brannt; auch das pas­sier­te wahr­schein­lich zum ers­ten Mal.
    Nie­mand sag­te et­was. Wir sa­hen ein­an­der nicht an. Wir la­gen ein­fach da.
    Nach dem Chro­no ver­ging un­ge­fähr ei­ne Stun­de, aber nie­mand war sich des­sen be­wußt.
    End­lich stan­den ein paar von uns schwei­gend auf und fin­gen an, ziel­los hin und her zu tau­meln. Ei­ner nach dem an­dern rap­pel­ten sich auch die üb­ri­gen hoch. Im­mer noch schwie­gen wir, und im­mer noch ver­such­ten wir, ein­an­der nicht an­zu­se­hen, wäh­rend wir uns au­to­ma­tisch säu­ber­ten. Sie hö­ren, daß je­mand sagt: „Ich hab mir vor Angst in die Ho­se ge­schis­sen“, und Sie den­ken, das sei nur so ein Aus­druuck. Ist es aber nicht, nicht un­ter dem rich­ti­gen Sti­mu­lus. Au­to­ma­tisch ver­sorg­ten wir un­se­re Wun­den und Prel­lun­gen, au­to­ma­tisch räum­ten wir das La­ger auf und ver­gru­ben den zer­stör­ten Streu­feld­ge­ne­ra­tor. Au­to­ma­tisch setz­ten wir uns wie­der hin und starr­ten wie be­täubt auf das strah­len­de Schau­spiel in der Sa­van­ne.
    Je­der von uns wuß­te, daß der Krieg vor­über war – wir wuß­ten es we­ni­ger im Kopf als viel­mehr im Bauch. Es war ei­ne emo­tio­na­le Re­ak­ti­on, doch ei­ne sehr ru­hi­ge, sehr re­si­gnier­te, sehr pas­si­ve. Die Sa­che war viel zu groß, als daß wir sie hät­ten in Fra­ge stel­len kön­nen – ei­ne Tat­sa­che, die für sich sprach. Nach D’kot­ta konn­te es nichts mehr ge­ben. Punkt. Der Krieg war vor­über.
    Wir hat­ten bei­na­he recht. Aber nicht ganz.
    Noch ei­ne Stun­de ver­ging, und ein Mann vom Haupt­quar­tier kam in ei­nem ge­stoh­le­nen Vae­form über den Berg­kamm und lan­de­te in un­se­rem La­ger. Der Mann schal­te­te das Vac ab, sprang her­aus, ging zwei Schrit­te weit auf die Fels­brüs­tung zu, hin­ter der die Höl­le lag, und blieb ste­hen. Wir sa­hen, wie sei­ne Bauch­mus­keln zuck­ten und sich zu­sam­men­zo­gen. Tau­melnd wich er einen Schritt zu­rück und blieb wie­der ste­hen. Sei­ne Hand fuhr schüt­zend zu sei­nem Hals, ver­harr­te dort, sank wie­der her­ab und fuhr noch ein­mal hoch. Wir sag­ten nichts. Das Haupt­quar­tier, das den D’kot­ta-Feld­zug lei­te­te, hat­te man ver­nünf­ti­ger­wei­se hin­ter die Mönchs­ber­ge pla­ziert. So hat­te die Berg­ket­te sie ab­ge­schirmt, und sie hat­ten nichts ge­se­hen als das Lo­dern, das von der Wol­ken­de­cke re­flek­tiert wur­de. Die Stadt sah er jetzt zum ers­ten Mal – oder das, was ein­mal die Stadt ge­we­sen war. Ich sah das Spiel der Mus­keln auf sei­nem Rücken, sah, wie sei­ne Schul­tern sich ho­ben, als woll­te er sich vor ei­nem Faust­schlag schüt­zen. Un­ter den Män­nern der Quä­sto­ren, die an der Pla­nung der D’kot­ta-Ope­ra­ti­on be­tei­ligt ge­we­sen wa­ren, be­ging ei­ne be­trächt­li­che An­zahl gleich nach der Neu­ord­nung Selbst­mord, und eben­so vie­le ta­ten dies nicht. Ich weiß nicht, zu wel­cher Ka­te­go­rie die­ser Mann ge­hör­te.
    Schließ­lich wand­te der Ver­bin­dungs­mann den Kopf und kam schwer­fäl­lig zu uns zu­rück. Sei­ne Be­we­gun­gen wa­ren ruck­haft, und sein Ge­sicht hat­te ei­ne selt­sa­me Fär­bung, aber er war be­herrscht. Er nahm Hey­nith, un­se­ren Trupp­füh­rer, bei­sei­te. Sie spra­chen ei­ne hal­be Stun­de lang mit­ein­an­der. Der Ver­bin­dungs­mann zeig­te Hey­nith ei­ne Kar­te, krit­zel­te ihm et­was auf einen Block und gab ihm ei­ni­ge Pa­pie­re. Hey­nith nick­te hin und wie­der. Der Ver­bin­dungs­mann ver­ab­schie­de­te sich und rann­te fast zu sei­nem Vae­form. Das Vac hob sich in ei­nem un­kon­trol­lier­ten Schwung, sta­bi­li­sier­te sich und ver­schwand dann in wei­tem Bo­gen hin­ter den knor­ri­gen Kup­pen der Mönchs­ber­ge.

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