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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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brauchte Max schon sehr oft elektronisches Make-up, um die Nesselflecken zu kaschieren, die zu Zeiten hoher Feldspannung vor allem an seinen Wangen auftraten. Ich zog einen Minitest an seinem Vor-Show-Image durch, aber der Fixierer wies keinerlei Defekte auf.
    Ich spielte die Sache Alicia gegenüber herunter. „Manch mal“, sagte ich, „gibt es eben auch mal einen Glitsch.“
    Das nächste Mal passierte es zwei Abende darauf, in den letzten vierzig Sekunden, als das Tempo schon richtig fetzte. Am Abend zuvor war ein Fahrer dabei gestorben, als er das NewsBuzz-Netz eines Konkurrenzunternehmens eingefahren hatte. Ich hatte Angst.
    „Ein Fahrer ist auf den Todestrip gegangen“, sagte Morrie Bloom. „Hat sich einfach mal so einen Kingkampf angeschaut und sein Ego verklinkt, als der Kämpfer gefallen ist. Dem Fahrer ist irgendeine Vene oder so was geplatzt, als er das NewsBuzz geröhrt hat …“ Ich dachte, Bloom würde auch gleich eine Vene platzen. „Die Kotzscheißer!“ fauchte er. „Sie haben einen Sofort-Nielsen von 71,60 dafür abgecheckt. Sie haben uns siebzehn Punkte von unseren Fahrern geklaut!“
    „Ich weiß“, antwortete ich, „der Netzverband hat sie beschuldigt, ihr Gefühlsfeld zwei Grad über die ethisch zulässige Grenze gedrückt zu haben.“
    „Ethischer Abfuck!“ sagte Morrie Bloom. „Wer bezahlt denn für Ethik? Wenn du drücken mußt, damit wir unsere Einschaltquote halten, dann mußt du eben drücken. Klar? Drücken, drücken, drücken!“
    Max beendete seine Sendung immer mit einem Hammer, etwas, was er aus seiner Zeit in Ottumwa mitgebracht hatte. Ein Hammer war hinterhältig, schwül, Halb-Sex – nicht, daß das Netz was gegen Porno gehabt hätte, aber das Eindeutige ließ den Fahrern keinen Raum zum Fühlen, nichts auch nur annähernd Subjektives. Dieses Mal fütterte Max euch mit einer Meute illegaler Autofahrer, die illegalen Fossilbrennstoff verfuhren und auf verlassenen Autobahnen ihre Brunft durchzogen.
    Drücken, hatte Morrie gesagt. Max’ aktuelle Mieze saß in der Kontrollkabine und sah zu. Wenn sie dabei war und seine Sendungen mitfuhr, stieg der Schleimquotient immer an, so als könnte er aus den Hunderten von Millionen Fahrern, die ihm ihre Gefühle eingaben, irgendwie die Gefühle dieser Frau isolieren, sich auf sie einfahren und sie hochziehen. Einen einzigen Klick des Nielsen-Zählers lang verlor Max die Fahrer und war mit ihr allein. Er jubelte sie, wie sich die kalifornischen Autofahrer südlich von Weed auf einem kaputten Autobahnkreuz gegenseitig jubelten. Wie Morrie es angeordnet hatte, drückte ich auf. Erinnert ihr euch? Wir hatten einen Sofort-Nielsen von 72,40, wir haben euch die Fahrt eures gengespleißten Lebens verbraten.
    Dieses Mal war ich es, der das Zucken bemerkte, und als ich gerade etwas sagen wollte, breitete es sich schon aus. Es wurde zu einem Krampf, der sich über seine rechte Wange zog, und sein Gesicht schlaffte ab. Ihr habt das nicht bemerkt, denn der kosmetische Fixierer hielt das rauhe, vertrauenerweckende Gesicht aufrecht, das ich zu Beginn der Sendung gemalt hatte. Trotz der Abschirmung hat es mich voll erwischt, hat es uns alle erwischt im Kontrollraum, mit einer Welle anschwellender Hitze. Schreiend fiel Max’ Mieze runter. Ihr habt den vollen Saft seiner Verzückung mitgekriegt. Max hat euer Feedback nicht wahrgenommen, er hatte sich eingeklinkt und war am Schießen, auf „Senden“, nicht auf „Empfangen“. Hätte das einen winzigen Augenblick länger gedauert, es hätte eure Libido bis auf die Wurzeln ausgebrannt.
    T ODD K ITZELT F AHRER A UF S PITZENTRIP jaulten die Nachrichtenbänder. T&A E INE M EILE Ü BERRUNDET .
    Ich versuchte, Druck auf Morrie auszuüben, Max einen ganzen Monat Urlaub zu verpassen, während eine neurologische Testreihe durchgeführt werden konnte. Er lehnte ab. „Der Fehler“, berichtete unsere Rechtsabteilung, „ist auf einen nichtisolierten Dämpfer zurückzuführen. Eine Selektorschaltung hat eine Unterschaltung vernachlässigt und eine ganze Sekunde Durchschnitts-Feedback von den Fahrern ausgelassen.“
    „Ruhe braucht er? Wir verpassen ihm seine Ruhe. Sag Max: Eine Woche, die kann er haben, wenn er will“, gestattete Morrie Bloom übelgelaunt.
    Max lief in seinem weißen Krankenhaus-Lackanzug herum, während eine Neuromannschaft zusammen mit einem Stützcomputer feststellte, daß es um seine neurologische Gesundheit gut bestellt war. Die Ärzte, die für ihre Mühe von der CBA bezahlt

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