Kopernikus 7
Tierchen du hier heute bumsen willst. Soll der Wichser doch vor Neid seine eigene Leber fressen, weil er da unten in dieser verdammten, dreckigen Bowlingbahn festsitzt, mit all den verdammten, dreckigen Leuten, während du hier oben vögelst. Vielleicht spricht es sich sogar bis zu Emma herum. Kaplan wird es glauben. Er ist dämlich genug.
Mason nahm eine gefrorene Pizza aus dem Kühlschrank und schob sie zum Abendessen in den Herd. Er aß selten Fleisch; er war nicht versessen darauf. Niemand in seiner Familie war das gewesen. Sein Vater hatte ebenfalls in einer Fleischverpackungsfabrik gearbeitet – in derselben sogar. Er hatte zu den Männern gehört, die die Kuhkadaver mit Messern und Beilen zerlegen. „In die Fabrik“, sagte er immer, wenn er sich nach der dritten Tasse Kaffee vom Frühstückstisch hochstemmte, während Mason bei der offenen Klappe des Gasofens stand, weil es dort wärmer war, und die Pelzmütze aufgesetzt bekam, damit er zur Schule gehen konnte. „Ich muß jetzt in die Fabrik.“
Mason sprach auch immer nur von der Fleischverpackungsfabrik.
(Henderson hatte „Schlachthaus“ gesagt, aber Henderson hatte gekündigt.)
Auf der Packung stand: fünfzehn Minuten bei 250 Grad im vorgeheizten Backofen. Vielleicht sollte er Kaplan ja doch nicht sagen, daß er bumsen wollte. Sonst würden ihn morgen alle ausfragen, sie würden wissen wollen, wer das Mädchen war, wie sie im Bett gewesen war, wo er sie aufgegabelt hatte, und dann würde er den Rest des Tages damit zubringen müssen, imaginäre Details der Angelegenheit zu erfinden. Und wenn sie nun irgendwie herausbekämen, daß er überhaupt kein Mädchen hiergehabt hatte? Dann würden sie glauben, er sei verrückt, so eine Geschichte zu erfinden. Zu lügen. Vielleicht sollte er Kaplan einfach sagen, die Grippe hätte ihn erwischt. Oder eine schlimme Erkältung. Er war wirklich müde heute abend. (Todmüde.) Vielleicht bekam er tatsächlich eine Grippe. Durch Überarbeitung oder weil er zu lange im Regen gestanden hatte oder so was. Vielleicht war das der Grund dafür, daß er so beschissen müde war – Jesus, er war erschöpft! – und daß er keine Lust hatte, zum Bowling zu gehen. Klar, das war es. Und er brauchte sich auch nicht zu genieren, krank zu werden: Seine Akte war prima. Nur zwei Fehltage in sechs Jahren. Jeder wird mal krank, so ist das eben. Sie würden das verstehen.
Wenn nicht, sollten sie ihn am Arsch lecken.
Mason ließ die Pizza ein wenig verbrennen. Als er sie mit einem Geschirrtuch herauszog – wobei er sich die Hand versengte –, hatte der Rand angefangen, schwarz zu werden, und die Kruste und der Käse waren leicht angekohlt. Aber nicht zu schlimm. Es war noch zu retten. Mit einem Rollmesser schnitt er die Pizza in Stücke. Wie gewöhnlich trödelte er beim Essen herum, so daß die letzten Stücke kalt geworden waren, als er sie in den Mund schob. Sie schmeckten wie Pappdeckel mit ungewärmter Spaghettisauce. Er aß sie trotzdem. Dazu trank er ein Bier und hinterher einen Kaffee. Als er damit fertig war, empfand er immer noch ein unbestimmtes Hungergefühl, und so nahm er eine Packung Feigen aus dem Schrank und aß auch davon noch ein paar. Danach blieb er am Tisch sitzen und rauchte eine Zigarette. Kein Laut war zu hören – nichts regte sich. Stasis.
Das Telephon klingelte: Kaplan.
Mason sprang auf und nahm dann einen langen, unregelmäßigen Zug an der Zigarette. Er zitterte. Verblüfft starrte er auf seine Hand. Nerven. Himmel. Er arbeitete zuviel, machte sich zu viele Gedanken. Zum Teufel mit Kaplan und der ganzen Bande. Sag ihnen überhaupt nichts. Brauchst du doch nicht. Laß sie schmoren. Das Telephon schrie noch einmal und noch einmal: dreimal, viermal, sechsmal. Nimm nicht ab, sagte Mason zu sich
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