Kopernikus 7
buntscheckige Bluse spannte sich feucht über die üppige Figur.
In diesem Augenblick sah Kwa-n-Sana die Gesichter, schattenhaft flach in den rissigen Spuren des Lehms, seine Lider brannten, ein Hauch von Buschkraut und versengten Löwenhaaren dünstete ihm entgegen. Starren Blicks hockte er auf dem Boden, die faltigen, elfenbeingeschmückten Lippen geöffnet, in der linken Hand das leere Hörn, mit der rechten berührte er sein Stirnband. Barfuß und stumm hockte er auf der ausgedehnten, versteppten Ebene, sein dürrer Körper stach spitzig durch den staubroten Kitoi, er hockte und rührte sich nicht und sah die Gesichter.
Röhrend setzte die Urlaubermaschine auf der Landebahn auf, rumpelte der Halteposition zu, von der Decke quoll Musik herab, Fenter sang mit.
„Mombasa!“ hieß sein Text; elf Monate hatte er im Versicherungsbüro hinter einem Schreibtisch gehockt, elf Monate Zahlen eingetippt und Computer abgefragt, Kaffee getrunken und Sportberichte gelesen, und sonntags war er auf den Fußballplatz gepilgert. Das alles hatte er vor sieben Stunden in dämmrigen Regenschauern hinter sich gelassen, die SONNE KENIAS wartete auf ihn, er sang, sein müdes Gesicht rötete sich, zeigte den papiernen Glanz von Pauschalreiseprospekten.
Seine Frau Carola drängte ihm bereits Handkoffer und Filmkamera auf, sie war nervös, voll zupfender Unruhe und mürbe wie ein zerschlissenes Wischtuch, halbtags nägelkauend im Büro und danach hinter den Schularbeiten der Kinder, nägelkauend auch, und viel Regen, der ihren Ärger noch vermehrte.
Jetzt platzte die Sonne durch den geöffneten Ausstieg, die Urlauber stelzten hinaus.
„So viele Fahnen!“ staunte das Söhnchen über den prächtigen Schmuck des Flughafengebäudes.
Die Tochter sagte: „Sieh mal, sogar einen roten Teppich für uns!“
Ein Mann neben Fenter lachte. Teppich und Fahnen seien für den Minister, nicht für die Urlauber, belehrte er sie, der Entwicklungshilfeminister aus Bonn sei zum offiziellen Besuch in Kenia und vor einer halben Stunde, von Nairobi kommend, in Mombasa gelandet. Fenter murmelte: „Verschenkt hier wieder unsere Steuergelder.“
Die bunten Flaggen hingen schlaff im gleißenden Nachmittag, schwül die Luft unter Dächern und Markisen, in der Abfertigungshalle tropfte eine Empfangsdurchsage ungehört herab.
„Was …?“ fragte Carola.
„Waikiki-Hotel, Bus 3“, wiederholte Cord junior laut.
Schwül war auch die Luft in dem neuen, aus Deutschland importierten Fahrzeug – und bis zum Hotel noch eine Stunde. Die Ebene, die an den getönten Fenstern vorbeizog, zeigte sich nun nicht mehr so sattfarben wie von oben, dünn und staubig waren das Gras und die niedrigen Häuser und die Palmen, und die Luft über dem Horizont flirrte. Die Stunde dehnte sich, dann, endlich, die langgestreckten Reihen der Hotelzimmer, der Empfangstrakt, das Ausladen, die Duschen.
In der Nacht sanken zwar die Temperaturen um einige Grad, aber die Schwüle blieb, die fremde, tropische Luft stülpte sich wie eine Glocke über die Neuangekommenen, fahl und fettig glänzte der Mond.
Kwa-n-Sana hatte sich erhoben, die Aschenreste ringsum sorgfältig aufgesammelt und die Spuren seiner Zehen verwischt. Hier über der trockenen Savanne war die Luft klar, der Mond klein und grell, die Nacht voll katzenhafter Geschmeidigkeit. Der Mann schritt behend und geräuschlos voran, dem fernen Dorf am Rand der Hochebene entgegen.
Als sich der Horizont rötete, sah er das Tal und den kleinen Wald, auch die Hütten, er blieb stehen und wandte sich den Sonnenstrahlen zu und verneigte sich.
DIE SONNE KENIAS, blinzelte Fenter in diesem Augenblick und
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