Kopernikus 7
des Schiffes wurden salzhaltige Ablagerungen, wie sie der Speichel bestimmter Spinnen hinterläßt, aufgefunden.
Auch wurden verschiedentlich Beschädigungen der Urmiel festgestellt, von denen eine jede jedoch längst ausgebessert ist. Ganz unleugbar scheint zu sein, daß dem Schiff eine Zeitspanne von drei Tagen abhanden gekommen ist. Ein Beobachter, der zu dieser Zeit in großer Entfernung an der Urmiel im Zwischenraum vorüberflog (der Kapitän des Schiffes Tarr ) erklärte, die Urmiel habe auf höfliche Anrufe mit dem Wunsch, ungestört bleiben zu wollen, reagiert.
Nach dem Kampf mit der Spinne war Karin Wagenseil noch eine geraume Weile ganz verstört. Wenn jede der drei wichtigsten Bezugspersonen schläft, ist es schwierig, festzustellen, wie die Umstände zu bewerten sind, in denen man gefangen ist. Noch eine Zeitlang wurde Karin von der Erinnerung an die Ereignisse in ihren Träumen aufgestört.
Einmal träumte sie davon, daß sie alle Spinnen aus ihrem Kopf in einen großen Nachtschrank tat. Dort lebten und vermehrten sie sich, waren aber gut unter Verschluß. Sie warf einen einzigen Blick in den Schrank hinein – das war noch während ihrer Krankenzeit – und erschrak vor den vielen kleinen und der einen großen Spinne, die mit kohlschwarzen Augen in der Ecke hing; da lief ein Schauer über den Leib des Kinds, als ihm dämmerte, welche Ungeheuer in uns enthalten sind.
Einmal – das Ereignis war schon Monate her – sprach sie ihren Vater vorsichtig auf ihre Erlebnisse innerhalb und außerhalb des Fiebertraumes an. Doch, wie dies der Sprachregelung in der Familie Wagenseil entspricht, lehnte ihr Vater jede Erwähnung dieser Dinge außerhalb des Fiebers ab. Auch die Mutter hatte all die gräßlichen Dinge, die sie erlebt hatte, verdrängt. Selbst Tobias zog ein Gesicht, als Karin ihn vertraulich zur Seite nahm. Da kehrte auch Karin in die Scheinwelt der Geborgenheit zurück, zumal dies auch leichter möglich war, seit der Vater auf ihren Reisen die Spinnengewässer sorgfältig mied.
Reinmar Cunis Ogun für einen Weißen
In das hohle Pfeifen der Triebwerke hinein räusperten sich die Bordlautsprecher.
„… landen wir in wenigen Minuten auf dem Flughafen von Mombasa. Bitte legen Sie Ihre Sitzgurte wieder an und stellen Sie auch das Rauchen ein, sobald die Zeichen über Ihnen aufleuchten. Am Zielort herrscht zur Zeit klares Wetter mit Temperaturen um 30 Grad …“
Cord Fenter genoß Wärme und Sonne im Vorgefühl, streckte seine taub gewordenen Beine von sich und schloß die Augen, der große Urlaub begann.
„Dreißig Grad!“ wiederholte er. „Sonne – Wärme – klarer Himmel …“ sang er, räkelte sich, noch immer ätzte der schale Geschmack von Malariatabletten seinen Mund.
Die beiden Kinder preßten ihre Nasen gegen die Scheiben, schrien „Da! Die Küste!“ und „Sieh! Die Insel! Die vielen Häuser! Der Damm zum Festland!“
„Mombasa!“ sagte Fenter feierlich.
„Schade“, meinte die achtjährige Christine, „ich dachte, da gibt’s einen echten Negerkral.“
„Hochhäuser. Autos. Eisenbahnschienen.“ Cord junior war enttäuscht; er war sieben und liebte Elefanten.
Das Flugzeug näherte sich rasch der sattgrünen Ebene, weitausladenden Palmen und niedrigen, grünen Dächern, und grün waren auch das Meer und die hohe Luft über dem Horizont.
„Wart ab!“ sagte sein Vater lächelnd, die Augen noch immer geschlossen. „Du wirst sie erleben, deine Löwen und Elefanten und die buntbemalten Wilden in den Krals.“
„In den Tourist-Informationen steht, man darf die Eingeborenen nicht fotografieren“, sagte Carola Fenter schrill, sie schwitzte vor Aufregung, ihre
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