Kopernikus 8
unschuldigere Zeit ins Gedächtnis zurück, als ich noch daran gedacht hatte, einen vernichtenden Feldzug gegen Krieg, Rassismus und Ungerechtigkeit zu führen. Besonders litt ich an der Ungerechtigkeit, denn ich wurde als „a whiter shade of pale“ {2} geboren, um einmal eine Phrase aus dem alten Procul Harum- Song zu gebrauchen.
Ein Licht an der Seitenfassade des kleinen Hauses warf einen bernsteinfarbenen Fleck auf den Sand. Die Tür hatte ein Fliegengitter, und dahinter sah es aus, als befände sich dort die Küche. Ich bemerkte einen Hauch jasmingeschwängerter Luft und klopfte.
Von drinnen hörte man eine Bewegung, das Rascheln von Papier, das Knarren eines Stuhls, der über den Boden geschoben wird, Schritte. Es gab kein Fernsehen oder Radio, die diese vertrauten Geräusche schwächten, nur das Zirpen von Grillen. Ein Schatten näherte sich dem Fliegengitter, gefolgt von einem dünnen, gebeugten alten Mann, der ausgebeulte Hosen trug und lächelte.
„Ich bin … äh … gekommen, um die Freak-Show zu sehen“, sagte ich.
Er nickte und enthakte die Tür mit dem Fliegengitter. „Hier entlang“, antwortete er und führte mich durch einen Raum, der mit Büchern und Magazinen sowie mit literarischen und wissenschaftlichen Journalen angefüllt war, die unordentlich auf Tischen, Sofa und Boden verteilt waren. Das wurde ja immer seltsamer.
Die Hintertür öffnete sich in eine dunkle Scheune, und der alte Mann zog an einer herabbaumelnden Schnur, wodurch eine nackte Hundert-Watt-Birne erleuchtet wurde, die tanzende Schatten auf vier kleine Käfige und etwas, das mit einem schmierigen Tuch bedeckt war, fallen ließ. Die Käfige waren aus Pinienholz und Hühnerdraht zusammengebaut. Darin befanden sich vier unglückliche Tiere – nicht die gewöhnlichen Zirkus-Freaks, doch jedes auf seine Art merkwürdig genug.
Trotz allem, wie definiert man einen Freak? Das Wort wird oftmals eher verletzend angewendet als informierend oder amüsierend. Wenigstens würden diese Kreaturen niemals erfahren, wie die Menschen sie nannten.
Am auffälligsten unter den Tieren war ein Kalb mit zwei Köpfen.
Einer der Köpfe war ein verschrumpeltes, herabhängendes Anhängsel mit toten Augen und schlaffen Lippen, aber der Rest des Kalbes schien recht gesund zu sein.
Trotz des üblen Gestanks trat ich näher an die Käfige heran. Neben dem Kalb, so wahr mir Gott helfe, befand sich eine Schlange mit Beinen. Spindeldürre, winzige, nutzlose Dinge, aber nichtsdestotrotz vier Glieder. Sie schlief auf einem Heuhaufen in ihrem einen halben Quadratmeter umfassenden Gefängnis.
Dann war da noch eine „Rieseneidechse“, wie sie der alte Mann nannte – nichts anderes als ein Leguan.
Der vierte Käfig beherbergte ein federloses Huhn – sein abscheulich pockennarbiges Fleisch bot einen abstoßenden Anblick. In seiner Nacktheit ähnelte das Huhn einem runzligen alten Mann. Es starrte mich so blutdürstig an, als beschuldigte es mich, es eigenhändig gerupft zu haben.
„Gaben werden dankbar entgegengenommen“, sagte mein freundlicher Hausherr, während er zur Tür schlurfte.
„Oh, gut. Aber ich glaube nicht, daß ich schon alles gesehen habe, oder?“ Ich wandte mich dem Ding zu, das sich unter dem schmierigen Tuch über einem Käfig verbarg, der, anders als die anderen, an der Spitze kreisförmig zu sein schien.
Seine Hose hochziehend, sah der alte Mann von mir zu dem bedeckten Objekt und wieder zurück. „Nun …“
Ich wartete. Der alte Mann wollte mir offensichtlich das, was sich unter dem Tuch befand, nicht zeigen, was natürlich in mir um so stärker das Verlangen weckte, es trotzdem zu sehen.
„Er schläft, glaube
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