Kopernikus 8
Habe ich Sie richtig verstanden?“
„Ja. Er hat einen messerscharfen Verstand. Er zeigte mir, wo ich diese Krüppel finden konnte – abgesehen von der Eidechse. Die haben wir in einer Tierhandlung in Orlando gekauft.“
„Das ist ja kaum zu glauben.“ Ich schüttelte den Kopf. „Er ist …“
„Ausgefallen, nich’ wahr?“ sagte Bump, der einen Sack voll Torfmoos durch die Scheunentür trug.
„Sind Sie auch mit von der Partie?“ fragte ich.
„Mit wovon?“ antwortete Bump. „Ich habe schon eine Gärtnerei, seit der Interstate Highway und Disneyworld dem Hotelgewerbe den Boden unter den Füßen weggezogen haben. Einmal die Woche bringe ich Zeke ein bißchen Torfmoos.“
„Zeke!“ Ich lachte, denn ich erinnerte mich an den alten Gospelsong über Ezekiels „dry bones“ {3} , ein Bild, das genau die Kreatur im Terrarium widerspiegelte.
„Ein ausgefallener Name war schon angebracht“, sagte Bump und lachte ebenfalls. „Er hat uns nie gesagt, wie sein richtiger Name lautet.“
„Wahrscheinlich haben die dort, wo er herkommt, keine Namen, wie wir sie haben“, meinte der alte Mann.
„Wo er herkommt …“ Der Gedanke inspirierte Ehrfurcht und Verwunderung.
„Ziemlich weit weg“, sagte Bump leise. „Ziemlich weit.“
„Eine andere Welt“, entgegnete ich fast noch leiser.
Der alte Mann war ernst, und keiner von uns sprach, während wir über die Bedeutung dessen nachdachten, was wir gerade gesagt hatten.
Nach kurzer Zeit riß Bump den Sack auf, löste mit seiner fleischigen Hand etwas Torfmoos und warf es in das halbkugelförmige Terrarium. Zekes zweigähnliche Finger, die das Dargebotene auffingen, waren fast so lang wie die von Bump. Anstatt vor uns zu essen, legte Zeke die Torfmoosteile unter diejenigen, die bereits auf dem Boden des Terrariums ausgebreitet waren.
„Nicht jeder weiß, was er sieht, wenn er hier reinkommt“, sagte der alte Mann stirnrunzelnd. „Bumps Frau zum Beispiel kümmert sich nicht um Dinge, die … anders sind.“
„Das habe ich gemerkt“, antwortete ich.
„Sie ist bis heute der Meinung, daß er eine Art haarloser Affe ist.“
„Verdammt, Levon“, erwiderte Bump, „sie war nie lange genug hier, um ihn lesen und schreiben zu sehen, und sie würde mir nie glauben. Rayette kann selbst kaum lesen und will’s auch gar nich’ lernen. Alles, was sie kann, ist, den ganzen Tag vor diesem verdammten Fernseher sitzen.“
Nachdem er solchermaßen seinem Unmut Luft gemacht hatte, steckte Bump seine Hand ins Terrarium. Zeke ergriff zwei Finger und ließ es zu, daß er aus dem Terrarium gehoben und auf den strohbedeckten Scheunenboden gesetzt wurde. Er trug ein winziges Paar beigefarbiger Shorts.
Zeke schien hier völlig fehl am Platze zu sein. Mein unbeständiges Gefühl sozialer Moral erwachte kurz, als ich unsere Pflicht der Menschheit gegenüber bedachte. „Das Kennedy-Raumfahrtzentrum ist nicht weit von hier“, sagte ich. „Warum bitten Sie nicht jemanden her, der sich Zeke mal ansieht.“
„Lassen’se ihn das selbst erklär’n“, antwortete Levon.
Der winzige Außerirdische führte uns mit ruckartigen Schritten ins Haus. Das Kalb legte sich nieder, als Levon die Scheunentür schloß. Das angrenzende Zimmer war mit Lektüre aller Art angefüllt. Direkt neben einem zerschlissenen alten Sofa lehnte eine Schiefertafel gegen eine der Wände aus Schlackeblöcken. Zeke nahm ein Stückchen Kreide und schrieb: „Ich habe nicht den Wunsch, irgendwohin zu gehen.“
„Vielleicht kann man dich eines Tages wieder nach Hause bringen“, sagte ich.
„Bis eure Raumfahrt soweit ist“, schrieb Zeke in sorgfältigen Druckbuchstaben, „werde ich nicht mehr leben.“
„Aber all die Dinge, die du wissen
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