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Kopernikus 8

Kopernikus 8

Titel: Kopernikus 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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durch die Fahr­rad­we­ge und die lo­se ko­ope­ra­ti­ve An­ar­chie, mit der sie Ge­mein­schafts­an­ge­le­gen­hei­ten re­gel­ten. No­ti war ei­ne der ers­ten Geis­ter­städ­te ge­we­sen, die mit dem Ver­schwin­den der Städ­te wäh­rend der tech­no-kul­tu­rel­len Re­vo­lu­ti­on neu be­sie­delt wor­den wa­ren, und ob­wohl von Zeit zu Zeit ein­zel­ne In­di­vi­du­en un­fä­hig ge­we­sen wa­ren, die Re­vo­lu­ti­on in ih­rem ei­ge­nen Le­ben zu ma­ni­fes­tie­ren, funk­tio­nier­te die Ge­mein­schaft doch schon seit na­he­zu ei­nem Jahr­zehnt er­folg­reich.
    Je­der Haus­halt war aut­ark, was das Le­bens­not­wen­digs­te an­be­lang­te – Nah­rung, Klei­dung, ein Dach über dem Kopf und Ge­sund­heit –, aber große Men­schen­grup­pen kön­nen eben mit­un­ter Din­ge voll­brin­gen, die klei­ne­ren un­mög­lich sind oder ih­nen zu­min­dest schwer­fal­len. Die Nach­barn in No­ti ka­men zu­sam­men zum Kup­pel­bau, Ern­ten, Pflas­tern von We­gen und Aus­he­ben von Brun­nen, zum kol­lek­ti­ven Wei­ter­ver­kauf von Roh­stof­fen, zum Sin­gen und Thea­ter­spie­len. Wäh­rend die Mehr­heit sich ih­ren Le­bens­un­ter­halt durch Haus­halts­ar­beit und den Ver­kauf über­schüs­si­ger Gü­ter an an­de­re Dör­fer ver­dien­ten, gab es auch ei­ni­ge we­ni­ge, so wie Spin­ne, die au­ßer­halb ar­bei­te­ten.
    Spin­ne war Pro­gram­mie­re­rin beim Glo­ba­len Hilfs­werk, ei­nem in­ter­na­tio­na­len Re­gie­rungs­kon­sor­ti­um, das Nah­rungs­ver­tei­lungs­sys­te­me und land­wirt­schaft­li­che Wie­der­nutz­bar­ma­chung für je­ne Ge­gen­den plan­te, die von den Dür­re­pe­ri­oden um die Jahr­hun­dert­wen­de be­son­ders stark be­trof­fen wor­den wa­ren. Spin­ne ar­bei­te­te zur Zeit am ‚Mit­tel­we­st­ame­ri­ka­ni­schen Pro­jekt zur Ur­bar­ma­chung von Wüs­ten­ge­bie­ten’. Sie hat­te ei­ne Fern­kon­so­le zu Hau­se, mit der sie den Groß­teil der an­fal­len­den Ar­beit er­le­dig­te. Die ein­zi­ge phy­si­sche Ma­ni­fes­ta­ti­on des Kon­sor­ti­ums war die jähr­li­che Kon­fe­renz.
    Wäh­rend Spin­ne mit dem Fahr­rad im­mer wei­ter­fuhr, ließ sie den Wald schließ­lich hin­ter sich und ra­del­te durch Ge­trei­de­fel­der, die Wan­de­rers Hei­mat um­ga­ben. Sie pas­sier­te ei­ni­ge al­te Fach­werk­häu­ser, Re­lik­te aus dem frü­hen neun­zehn­ten Jahr­hun­dert, die nun un­be­wohn­bar wa­ren und lang­sam ver­fie­len. Sie wich ei­ner Fuß­gän­ger­grup­pe aus, wink­te ih­nen zu und brems­te schließ­lich vor dem Haupt­ge­bäu­de der Farm, ei­nem großen, vier­e­cki­gen Bau­werk, das aus grob­be­ar­bei­te­tem Ze­dern­holz er­baut war. Sie stell­te das Fahr­rad ne­ben den an­de­ren ab und nahm Häs­chen auf die Ar­me, um mit ihr un­ter dem re­be­num­rank­ten Por­tal hin­durch in die Kü­che zu ge­hen. Ei­ni­ge Men­schen sa­ßen um den Tisch und un­ter­hiel­ten sich. Ein paar sa­hen auf und wink­ten.
    „Hal­lo“, sag­te Spin­ne und setz­te Häs­chen auf den Bo­den, wo das Mäd­chen rasch zu den an­de­ren Kin­dern krab­bel­te. „Hal­lo, Wan­de­rer.“ Sie um­arm­te ih­re Freun­din. Wan­de­rers Bauch war groß und warm zwi­schen ih­nen.
    „Hal­lo, Lie­bes, ich bin froh, daß du es ge­schafft hast.“ Wan­de­rer strich mit den Fin­gern über Spin­nes Au­gen, ih­re Wan­gen, über die brei­ten, fla­chen Na­sen­flü­gel und über ih­ren Mund. Sie küß­ten sich, Zun­ge lieb­kos­te Zun­ge, und trenn­ten sich wie­der von­ein­an­der. „Be­vor ich das Schiff heu­te mor­gen kom­men hör­te, hat­te ich mich schon fast da­mit ab­ge­fun­den, noch einen Tag län­ger zu war­ten.“
    Spin­ne lach­te. „Dum­mer­chen, ich sag­te doch, ich wür­de recht­zei­tig zu­rück sein. Dein Herz hängt doch schon lan­ge am Halb­mond.“ Spin­ne stand auf. „Komm, ich will al­lein mit dir sein.“
    Wan­de­rer lä­chel­te. „Nimm mich am Arm“, sag­te sie. Sie er­hob sich auf die Fü­ße, strich ihr kur­z­es Haar zu­rück und er­griff Spin­nes Hand. „Bin bald wie­der zu­rück“, rief sie, wäh­rend sie zur Tür hin­aus­gin­gen.
    Sie über­quer­ten den Ra­sen und lie­ßen sich im Schat­ten ei­nes blü­hen­den Kirsch­baums

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