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Kopernikus 8

Kopernikus 8

Titel: Kopernikus 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Menschen über sie her. Der Junge springt überrascht und verlegen zurück. Die Menschen schwärmen um sie herum und brüllen triumphierend, während sie Netze und Seile bereithalten, um ihr den Schneid wieder abzukaufen, den sie ihr einst verliehen haben. Der häßliche Junge blickt verwirrt von einem Gesicht zum anderen. Wenigstens wußte er nichts von den Plänen seines Initiationsfestes. Er sieht die Seile und wehrt eines ungehalten ab. Elfleda weicht vor einem anderen zurück, das sie verfehlt. Sie geht mit gesenktem Kopf auf die Menschen zu, die vor ihrem scharfen Horn zurückweichen. Sie ist zwischen den Bergen und den wartenden Netzen gefangen.
    Ich galoppiere den Hang hinunter. Eine Schlinge senkt sich über Elfledas Kopf und wird gespannt. Sie wendet sich um, ergreift das Seil und stemmt sich auf die Hinterbeine, um zu ziehen, was den Menschen aus dem Gleichgewicht bringt. Sie entreißt ihm das Seil und wirft es zu Boden, doch da senkt sich bereits eine neue Schlinge über ihre Schulter. Eine schnappt wie eine Schlange nach ihren Hinterbeinen. Sie springt verblüfft auf, doch das straffe Seil zieht sie mitten im Sprung wieder zu Boden. Sie bleibt verblüfft liegen, eine rote Verletzung zieht sich über ihre Kehle, Blut tropft von dem Bein, wo sie von dem Seil verletzt wurde.
    Die Menschen bilden lachend einen Kreis um sie, während ich näher komme. Meine Huf schlage hallen von den Felswänden zurück. Für unsere Meister ist dies ein Abenteuer. Ich sehe, wie Elfleda zwischen ihnen den Kopf hebt. Sie bäumt sich auf, als ein Mensch zu ihr herantritt, ihr Horn reißt eine tiefe Wunde. Ich erreiche die Menge und bedränge unsere schwachen Meister mit den Schultern. Dann wende ich mich der Frau zu, die das Seil in den Händen hält. Ich ergreife sie und werfe sie den Berghang hinab.
    Unsere Meister haben aufgehört zu lachen.
    Elfleda kickt ein Seil weg und löst ein zweites, worauf sie sich mühsam wieder erhebt. Sie bedroht die Menschen mit ihrem Horn, ich mit den Fäusten und Hufen. Sie kreisen uns ein, bleiben aber auf Distanz. Wir haben uns Achtung verschafft.
    „Achilleus!“
    Sie macht einen Ausfall, und ich folge ihr. Die Menschen heben ihre Netze und ermahnen sich brüllend zur Eile. Ein Netz senkt sich über uns, doch Elfleda kann es packen und wegziehen. Ich gewinne an Geschwindigkeit, konzentriere mich und springe. Ein Tau streift mich, verfehlt meine Vorderbeine – doch es um die Vorderbeine zu schlingen ist sinnlos, sie müssen meine Hinterbeine erwischen –, ich schlage aus, das Seil rutscht auch von meinen Hinterbeinen ab, und ich bin frei!
    Ich haste hinter Elfledas bleicher Gestalt her. Unser Rückweg zum Park, wo wir uns verbergen und hoffen können, daß der Zorn unserer Meister verraucht, ist abgeschnitten. Elfleda flieht auf die Berge und unpassierbaren Hänge zu.
    Sie beginnt zu klettern, zögert aber, als sie mich nicht mehr hinter sich hören kann. „Achilleus, komm schon!“
    „Aber wohin sollen wir gehen?“
    „Egal – aber auf keinen Fall zurück, wenn wir leben wollen! Beeile dich!“
    Sie greift ermutigend zu mir herunter, doch sie ist bereits so hoch oben, daß sie mich nicht mehr erreichen kann.
    „Dort oben haben wir keine Chance.“
    Sie schaut an mir vorbei. Ich drehe mich um. Unsere Meister sind sehr nahe und zuversichtlich über den Ausgang der Jagd.
    „Rasch!“ mahnt Elfleda wieder. Ich schreite mit den Hufen über kahlen Fels. Das ist Verzweiflung. Ich klettere. Ich rutsche auf den Felsen aus. Meine Hufe sind für Wiesen und Prärien geschaffen. Ich kann die Meister dicht hinter mir hören. Ich will schneller gehen, doch ich gleite aus und stürze auf die Knie, ich stoße einen Schmerzensschrei aus und stütze mich mit den Händen ab, um nicht zu fallen. Mein Blut tröpfelt auf Granit.
    Elfleda ist fast nahe genug, um mich zu berühren. Ist sie heruntergekommen, um mir beim Klettern zu helfen?
    „Ich kann nicht …“
    „Versuch’s“, sagt sie. „Versuch es einfach …“
    Als sie meine Hand ergreift, wirbelt, silbern im Mondlicht, ein Seil über ihren Kopf.
    Eine zweite Schlinge schließt sich um meinen Hals und reißt mich zurück. Ich packe sie und versuche, mich zu befreien, während ich klettere. Das Seil reißt mich wieder zurück, viel härter, es zieht mich zurück und schneidet mir in die Kehle. Meine schmerzenden Hufe schlagen gegen den Fels. Der Schmerz vervollständigt meine Verwirrtheit. Ich stolpere, stürze und gleite über Felsgestein. Ich

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