Kopernikus 8
sind klein, schwach und doch übermächtig. Sie lächeln uns zu, und wir warten und hoffen, erwählt zu werden. Sie sind so herrlich anzusehen wie Blumen. Der Gryphon kauert sich nieder und reibt sich einschmeichelnd an ihren Beinen.
Eine schattenhafte Gestalt steht in der Luke des Flugzeugs und schaut herunter. Er tritt herab und zögert, als das Licht auf ihn fällt. Sein Gesicht ist ungeschlacht, sein Ausdruck unsicher. Er ist sowohl neugierig als auch furchtsam.
„Hekate!“
Der häßliche Junge verschwindet aus meinen Gedanken. Einer unserer Meister ruft Hekate, die gehorcht, ihr schwarzes Haar weht im Wind hinter ihr her. Ihre Hufe trommeln auf der Erde, bis sie schließlich vor der schlanken jungen Frau stehenbleibt. Ihr Pferdekörper ist kräftig und groß und eindrucksvoll, seine dunkle Ebenholzfarbe schimmert durch das bunte Licht des Luftschiffs. Im anderen Leben muß sie eine schöne und begehrenswerte junge Frau gewesen sein, denn sie ist ein verlockender Mythos. Die junge Frau springt auf ihren Rücken und gräbt die Fersen in ihre Flanken. Sie lacht. Hekate wirbelt herum und prescht über die Wiese, wobei sie den Schweif wie ein Banner hochhält. Die Vibrationen ihrer Huftritte hallen um uns herum.
Zwei Satyre heften sich an ihre Fersen, sie sind so ausgelassen und wendig wie Ziegen. Ihr Aroma vermischt sich in der Luft mit dem Schweißgeruch Hekates.
Ich spüre einen leichten Druck auf dem Rücken. „Lauf, Achilleus, folge ihnen.“ Ein Nymph umklammert mich mit seinen langen, bleichen Beinen, seine Finger berühren meinen Bauch. Er ist fast gewichtslos. „Lauf, sonst werden sie uns zurücklassen!“
Ich gehorche ihm, als wäre er ein Meister. Ich kann Hekates Spur anhand des niedergetrampelten Grases mit Leichtigkeit ausmachen. Ich springe über ein Hindernis und erkenne später, daß es sich lediglich um die abgestreifte Kleidung des Menschen gehandelt hat. Ich galoppiere durch das seichte Wasser des Sees, Wasser spritzt in alle Richtungen. Nackte Menschen waten auf die Felsen zu, wo das Meervolk wartet.
Hekate und der Mensch werden vom Mondlicht versilbert. Sie umarmen sich, der Mensch steht auf Hekates breitem Rücken und beugt sich nach vorn, um sie zu küssen. Die Menschenfrau schaut zu mir herüber. Sie lacht.
„Was sollen wir mit ihnen anfangen?“
„Sie erschöpfen.“ Hekates Lachen ist leise und voll. „Sie erschöpfen und dann wieder unserer derzeitigen Beschäftigung nachgehen.“
Die beiden Satyre kopulieren im Gras und beachten keinen von uns. Während ich auf Hekate zugehe, hüpft der Nymph von meinem Rücken. Die Menschenfrau wendet sich um und sitzt verkehrt herum auf ihrem Rücken. Sie öffnet die Arme für mich. Ich trete näher, besteige Hekate als Hengst und umarme die Frau als Mann. Sie spreizt die Beine über meine Vorderhufe und zieht sich an mich. Während sie mich herabzieht, um mich zu küssen, beugt sich Hekate ebenfalls hinab und liebkost den gold-grünen Nymph. Er ist leicht und dünn, aber groß genug für sie. Er umklammert Hekate und gräbt die Fingernägel in ihre Schultern. Die Menschenfrau stöhnt und streicht mit der Hand über meinen Bauch. Ich bewege mich in konstantem Rhythmus, und Hekate stöhnt, während sie zweifach von Wogen der Lust durchpulst wird.
Zwischen uns sind viele Kombinationen möglich. Meine Erinnerung ist wie eine diamanthaltige Druse, opaliszierend, doch mit Funken kristallener Klarheit. Als es vorüber ist, küßt mich die Menschenfrau ein letztes Mal zärtlich und gleitet von Hekates Rücken herab. Als die Frau den Nymph wegzieht, lehnt sich Hekate an mich. Überall rings um uns her lachen und bewegen sich Wesen, sie berühren uns alle und bilden so einen riesigen Tanz. Ein anderer Zentaur galoppiert an uns vorbei und wirft mir einen ledernen Trinkschlauch zu. Ich halte ihn Hekate hin, dann trinke ich selbst. Der warme Wein kühlt mich ab, er tropft mir auf Kinn und Bauch und in Hekates lange Mähne. Der Geschmack ist stark und sauer, und wir bekommen die Wirkung fast augenblicklich zu spüren. Von neuen Lebensgeistern erfüllt, mache ich auf den Hinterhufen kehrt und tolle zusammen mit Hekate wie ein Fohlen über die Wiese, wobei wir nach einem Nachtpony hangeln, das zwischen uns schwebt. Seine schwarzen Fledermausflügel sind rasiermesserscharf. Unter einem Baum sehen wir uns an und kopulieren noch einmal, während in der Nähe ein Menschenpaar zuschaut und lacht.
Die Energie des Rausches hält einige Zeit an, doch dann
Weitere Kostenlose Bücher