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Kopernikus 8

Kopernikus 8

Titel: Kopernikus 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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eine ausgedehnte Familie nicht gerade das vermeiden … Eifersucht? Wenn die Kulturrevolution einen Makel aufwies, dachte er, dann war es der, daß sie auf Leute von gestern zurückgreifen mußte. Coyote kickte kopfschüttelnd gegen einen Erdklumpen.
    Und dann gab es auch noch Wanderer. Hatte Spinnes Beziehung zu ihr nicht den Hauch von etwas Perversem? Nein, nicht wegen des Sex – Coyote war erwachsen, auch er hatte seine homosexuellen Affären gehabt, daran war nichts auszusetzen. Nein, es hatte etwas mit der gefühlsmäßigen Intensität von Spinnes und Wanderers Beziehung zu tun. Ihr Liebesgeturtel hatte etwas Anstößiges, etwas Pubertäres an sich. Ihre Beziehung war zu exklusiv. Er fühlte sich vollkommen aus ihrer beider Leben ausgeschlossen. Und er war sicher, daß die anderen dies ähnlich empfanden. Er war nicht einfach nur eifersüchtig – Götter, es lag schon Monate zurück, seit Spinne und er zum letzten Mal kopuliert hatten, und noch länger war es her, daß sie wirklich Freunde gewesen waren. Es war nicht sein Problem, es war ihres …
    Er umrundete die Kuppel weiter und näherte sich dem Garten. Es war schön, die Saat schon so früh sehen zu können. Er selbst hatte den Garten im ersten Herbst angelegt, kurz nachdem Spinne und er hierhergekommen waren, und er hatte das traditionelle flache Gartenmuster verändert, das Schwan jahrelang benutzt hatte. Sein Garten stieg langsam zu einem Hügel über dem umliegenden Rasen an, dessen Form, wie es sich so ergab, an Spinnes linke Brust erinnerte, wenn sie schlief. Aber das hatte er ihr niemals gesagt. Sie hätte ihn wahrscheinlich nur dafür kritisiert, dem einen oder anderen Fruchtbarkeitsgöttinnenmythos nachzuhängen. Wie das Bild auch aussehen mochte, der Garten bildete eine durchdacht angelegte und funktionelle Einheit. Wo der Nippel sein sollte, befand sich ein kleiner Teich, der von der Quelle des Haushalts genährt wurde, die sich nicht weit entfernt bei einer Mühle befand. Das Wasser rieselte durch ein System irdener Röhren, die die Pflanzen bewässerten. Die Pflanzenbeete verliefen spiralförmig vom Teich herab, und sie wurden von mehreren radialen Pfaden unterbrochen, die direkt von der Kuppe herabführten. Coyote erklomm den Hügel, nahm aber den längeren, spiralförmigen Weg nach oben. Als er die letzte Kurve umrundet hatte, sah er Spatz zusammengekauert im Sand der gegenüberliegenden Seite spielen. Er blieb stehen und atmete dreimal tief durch. Erst dann ging er langsam weiter.
     
    War das ein Unkraut? Spatz beugte sich über die Sandwölbung, um das winzige Pflänzchen besser sehen zu können. Die Blätter waren spitzer und hatten mehr Ausbuchtungen als Tomatenblätter. Er griff danach, um es herauszureißen, dann aber hielt er inne und streichelte das winzige Pflänzchen statt dessen. Sogar Löwenzahn war gut im Salat, und später war er zum Wünscheerfüllen geeignet. Warum war ein und dieselbe Pflanze an manchen Stellen gut und an anderen schlecht? Warum nannte man sie Unkraut? Armer kleiner Löwenzahn, dachte Spatz, du bist eigentlich gar nicht schlecht, du wächst nur am falschen Ort, das ist alles. Und das ist nicht mal deine Schuld. Unkräuter kommen nicht freiwillig als Unkräuter auf die Welt.
    Plötzlich fiel ein Schatten über den Sand. Spatz schreckte zurück. Coyote ragte über ihm auf. Er beugte sich lächelnd herab. Spatz hielt den Atem an, dann sah er hinabblickend, daß er das kleine Unkräutlein versehentlich mit den Fingern herausgerissen hatte. Er begann zu weinen, da legte Coyote ihm die Arme um die Schultern, doch er riß sich los und hob das Löwenzahnpflänzchen auf. Die haarähnlichen Wurzeln hielten noch ein wenig Erdreich umklammert, doch die Pflanze sah bereits aus, als würde sie zu welken beginnen.
    Er sah vorwurfsvoll zu Coyote empor, der besorgt dreinblickte und sagte: „Wir können es wieder einpflanzen.“
    Spatz schüttelte den Kopf und hielt das Pflänzchen so, daß Coyote es genauer ansehen konnte.
    „Ach so“, meinte Coyote. Er sah sich um, dann deutete er zur Wiese. „Dann pflanzen wir es eben dort ein.“
    Sie gingen gemeinsam den Gartenweg zurück und zur Wiese hinüber. Coyote kniete nieder und grub mit seinen dicken Wurstfingern in der feuchten Erde. Danach zerkrümelte er sorgsam Erdbällchen um die verletzbaren Würzelchen herum, bis die Pflanze so gesund und sicher wie im Garten aussah.
    Spatz stieß Coyote an der Schulter an und machte Handzeichen. Ist jetzt wieder alles in

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