Kopernikus 8
Freundin aussehen, die aus den schaumgekrönten Wogen des zyprischen Meeres emporsteigen.
Benedictine schiebt Bela von sich, verliert dabei aber einige Zentimeter Fleisch an Belas spitze Fingernägel. Bela schießt rückwärts durch die Tür und wieder auf Chib zu. Sie sieht wie eine Eislaufschülerin aus, die sich bemüht, das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Dabei ist sie allerdings nicht erfolgreich und schießt an Chib vorbei. Sie rutscht heulend auf dem Rücken, die Beine starr in die Luft gestreckt.
Chib gleitet mit bloßen Füßen über den Fußboden und kommt unsicher vor dem Bett zu stehen, wo er seine Kleider nimmt, dann aber entscheidet, daß es vielleicht sicherer ist, sie erst draußen anzuziehen. Er kommt gerade noch rechtzeitig in den ringförmigen Flur, um Benedictine zu sehen, die an einer der Säulen vorbeikriecht, welche den Korridor vom Atrium trennen. Ihre Eltern, zwei Behemots mittleren Alters, sitzen immer noch auf dem Flato, Bierdosen in Händen, Augen aufgerissen, Mund sperrangelweit offen, zitternd.
Chib wünscht ihnen nicht einmal eine gute Nacht, während er an ihnen vorbei zum Ausgang geht. Doch dann sieht er das Fido und erkennt, daß ihre Eltern es von EXT nach INT und dann weiter in Benedictines Zimmer geschaltet haben. Vater und Mutter haben Chib und Tochter beobachtet, und es ist offensichtlich, was man an Vaters noch nicht ganz wiederhergestellter innerer Ruhe ermessen kann, daß ihnen dieses kleine Schauspiel sehr gefallen hat, das alles übertraf, was man über externes Fido empfangen kann.
„Ihr voyeuristisches Dreckpack!“ brüllt Chib.
Benedictine ist bei ihnen angelangt, richtet sich auf, weint, zetert, deutet auf die schäumende Kanüle, dann auf Chib. Bei Chibs Schrei fahren die beiden Eltern wie Leviathane aus den Tiefen auf. Benedictine wendet sich um und läuft mit ausgestreckten Armen auf ihn zu, Finger gekrümmt und gespreizt, die langen Nägel parat, ihr Gesicht das einer Medusa. Hinter ihr ergießt sich der Schaum in einer langen Spur, auf der Vater und Mutter folgen.
Chib stützt sich an einer Säule ab, prallt weg und schlittert hilflos weiter, wobei er sich nach seitwärts dreht, was er nicht verhindern kann. Doch es gelingt ihm, das Gleichgewicht zu halten. Mama und Papa sind mit einem Schlag umgefallen, der das ganze Haus in den Grundfesten erzittern ließ. Sie richten sich mit rollenden Augen wieder auf und brüllen wie zur Oberfläche aufgestiegene Nilpferde. Sie verfolgen ihn nun ihrerseits, Mama kreischend, ihr Gesicht gleicht, trotz des Fetts, dem von Benedictine. Papa umrundet eine Seite der Säule, Mama die andere. Benedictine hat sich ebenfalls eine Säule gesucht, an der sie sich nun festhält, um nicht wieder im Schaum auszugleiten. Sie steht zwischen Chib und der Tür ins Freie.
Chib sinkt in einem schaumfreien Teil des Korridors gegen die Wand. Benedictine eilt auf ihn zu. Er hechtet los, prallt auf dem Fußboden auf und gleitet zwischen zwei Säulen durch ins Atrium.
Mama und Papa schlittern auf Kollisionskurs. Die Titanic prallt gegen den Eisberg, beide sinken rasch. Sie rutschen auf Gesichtern und Bäuchen in Richtung Benedictine. Diese springt in die Luft. Schaum regnet auf die beiden herab, während sie unter ihr hindurchgleiten.
Inzwischen ist die Richtigkeit der Regierungsbehauptung, wonach die Kanüle für 40 000 Schüsse Spermatod beziehungsweise vierzigtausend Nummern ausreicht, hinreichend bewiesen. Das ganze Haus ist voll knöcheltiefem Schaum, der an manchen Stellen sogar kniehoch aufgetürmt ist – und immer noch schäumt mehr hervor.
Bela liegt mittlerweile auf dem Atriumfußboden auf dem Rücken, ihr Gesicht ist in den weichen Falten des Flato
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