Kopernikus 9
Sicherheitsvorkehrungen getroffen hatte, strömten die Wissenschaftler herbei und sammelten sich vor allem im Delaware-Tal, ein wahrer Sturzbach von zerknautschten, verwirrten Männern und Frauen, der den ganzen Abend hindurch nicht versiegte. Die Regierung hatte sie aus Laboratorien und Instituten des ganzen Landes zu diesem Einsatz gepreßt; unmenschlich höfliche Militäreskorten hatten geduldig in Tausenden von Wohnzimmern gesessen, während die Wissenschaftler hastig ihre Sachen packten und nebenher versuchten, hysterische Ehefrauen und -männer zu beruhigen. Dieser Kavalierbehandlung ganz und gar nicht abgeneigt, waren die meisten der Wissenschaftler rasend vor Glück über diese Gelegenheit, selbst diejenigen, die in der Vergangenheit der Regierungsgewalt bekanntermaßen kritisch gegenübergestanden hatten. Dies hier wollte keiner von ihnen versäumen, und wenn er dafür einen Pakt mit dem Teufel schließen mußte.
Und die ganze Zeit über saßen die fremden Schiffe einfach da, wie dicke, schwarze Eier.
Bis jetzt hatte sich ihnen noch niemand auf weniger als hundert Meter genähert, wenngleich man sie schon vergeblich mit Megaphonen angerufen hatte. Die Schiffe zeigten keine Reaktion und gaben durch nichts zu erkennen, daß sie sich für die hektischen menschlichen Aktivitäten an ihren Landeplätzen interessierten oder daß sie sie zumindest wahrgenommen hatten. Überhaupt gab es keinerlei Hinweis darauf, daß sich intelligente oder wenigstens bewußtseinsbegabte Wesen in den Schiffen befanden. Die Schiffe selbst waren glatte, konturlose, nahtlose ovale Körper – es gab keine Fenster, keine sichtbaren Einstiegsluken, keine hervorstehenden Antennen oder sonstige Geräte, keine Kennzeichnungen oder Verzierungen an ihrer Außenhaut. Sie gaben nicht den geringsten Laut von sich und strahlten keinerlei Wärme oder Energie ab. Sie sendeten auf keiner Frequenz irgendwelche Radiosignale. Nicht einmal Metalldetektoren reagierten auf sie, was beträchtliche Bestürzung hervorrief. Jemand schlug daraufhin vor, eine Radaruntersuchung vorzunehmen, und auf dem Radargerät erschienen die Schiffe auch nicht mehr, was die Bestürzung noch vergrößerte. Die Instrumente konnten nicht die geringste elektronische oder magnetische Aktivität im Innern der Schiffe feststellen. Das bedeutete, daß da entweder etwas war, was die Instrumente störte, oder daß dort drinnen überhaupt nichts war, nicht einmal Lebenserhaltungssysteme. Oder aber, daß die Aliens mit Prinzipien arbeiteten, die völlig anders waren als alles, was die Menschen auf der Erde jemals entdeckt hatten. Infrarot-Wärmesensoren zeigten, daß die Temperatur der Schiffe exakt der ihrer Umgebung entsprach. Es gab keinen Hinweis auf die Körperwärme der Besatzung, wie es bei einer vergleichbaren Schiffsladung von Menschen der Fall gewesen wäre, und nicht einmal soviel Wärme, wie die gleiche Masse irgendeines bekannten Metalls oder Kunststoffs hervorgebracht hätte, selbst wenn man davon ausging, daß die Schiffe hohle Hülsen waren. Als man die Batterie der Klieg-Lampen auf sie richtete, stieg die Temperatur der Schiffe gerade entsprechend der Außenlufterwärmung. Manchmal reflektierten sie das grelle Licht der Kliegs, als bestünde ihre Oberfläche aus riesigen Spiegeln, und dann wieder absorbierte die Außenhaut gierig alles Licht, das auf sie fiel, und zeigte überhaupt keine Reflektion, bis das Schiff fast unsichtbar war – man „sah“ es nur, wenn man blinzelnd auf die negative Form des Raumes ringsum blickte, nicht aber, indem man in das unheimliche Nichts spähte, zu dem das Schiff geworden war. In den Fluktuationen der Hülle von hyperreflektiv nach superabsorbierend war kein logischer Rhythmus zu erkennen. Nicht einmal den Computern gelang es, ein konsistentes Muster aus diesem Chaos zu destillieren.
Ein Wissenschaftler behauptete zuversichtlich, die fremden Schiffe seien unbemannt, es seien Robotsonden, die weich auf der Erde landen und die Oberflächenbedingungen erforschen sollten, so wie es unsere eigenen Mariner- und Apollosonden in den vergangenen Jahrzehnten getan hatten. Irgendwann sei damit zu rechnen, daß die gesammelten Daten zum Ausgangsort des Alien-Experiments zurückgesendet würden, wahrscheinlich über einen engstrahligen Laser, und wenn man sorgfältig achtgäbe, würde man vielleicht die Position der Aliens herausfinden können – wahrscheinlich seien sie in einem interstellaren Raumschiff in einem elliptischen Orbit irgendwo
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