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Kopernikus 9

Kopernikus 9

Titel: Kopernikus 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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des Goldenen Schilds besaß: Kinder mit gewandten styelenischen Körpern und dem flinken Verstand ‚von Terranern. Kinder, mit denen er Psi nicht nur beim Jagen, Kopulieren und im Loque-Rausch genießen, sondern auch für Mathematik, Schreiben und jenen geheimnisvollen Gedankenprozeß, den die Terraner Logik nannten, einsetzen konnte.
    Er wußte jetzt, daß ihm diese Erfahrung für immer verschlossen bleiben würde.
    Er trottete weiter. Der Schlamm roch modrig, er dachte an Styele und seine alten Träume.
     
    Warum jagen sie uns, fragte ein Junger. Seine Gedankensprache schwebte durch den Sumpf und unterbrach den Schlaf. Doch die Große antwortete nicht, obwohl sie wach war. Sie lag reglos im Schlamm, im kühlen Schlamm, schwer mit Ungeborenen. Ihre Kinder schliefen in hundert anderen Gruben. Konnten sie die Nächte des Entsetzens überstehen, würden sie auf immer sicher sein. Die geschwänzten Jäger, die ihre Kinder mordeten, würden alle sterben. Auf dem Höhepunkt des Gemetzels öffneten die Schlächter manchmal den Verstand, ganz wie wahre Wesen, und dann konnte sie hinter der Blutgier die Furcht erkennen, denn sie verstanden das Wissen nicht – verstanden das Geheimnis des Sumpfes nicht. Und sie würde es ihnen auch nicht verraten, nicht um alle Versprechungen. Das Jagen mochte eingestellt werden, doch die Drohung würde bleiben. So war es besser. Manche ihrer Kinder wurden ihr genommen, doch bald würde der Tod die Geschwänzten holen, und dann konnte sie die ihren wieder in Frieden nähren. Dieser Gedanke machte sie glücklich. Sie stieg zur Oberfläche des Schlamms empor und sog die Luft in ihre Trompete, woraufhin sie wonnevoll bellte.
    In weiter Ferne trompetete eine Schlammbestie, ein Klagen, das weit über die Baumstümpfe hallte. Nassam schnellte herum, ein angeborener Reflex, der sich nicht unterdrücken ließ. Doch er zwang ihn nieder. Es war sinnlos, nach dem Tier zu suchen. Auch wenn er die Höhle finden konnte, würde sich die Schlammbestie bis sie eintrafen zur Tagesruhe zurückgezogen haben. Lediglich die Trompete, die sich vom Kopf des Tieres bis wenige Zentimeter über die Schlammoberfläche erstreckte, würde von der Existenz der Bestie zeugen. Und diese Trompete war im Schlamm unmöglich zu erkennen.
    Einst hatte Chola, die neben ihm am Feuer saß und an einem Stück Fleisch kaute, zu ihm gesagt, daß eine Schlammbestie, sah man einmal von den tentakelähnlichen Auswüchsen und dem langen Atemrüssel ab, ungefähr wie ein junges Manatee aussah. Doch Nassam konnte sich die Bilder, die sie beschwor, nicht vorstellen, und deshalb konnte er nur daran denken, wie das Tier in Wirklichkeit aussah. Doch Chola hatte immer gelächelt – wobei man sehen konnte, daß einer ihrer Vorderzähne fehlte –, wenn sie an diesen Vergleich dachte, und nun lächelte Nassam, als er sich daran erinnerte, wie glücklich sie einst gewesen war.
    Eine Stimme durchschnitt seine Erinnerungen. „Soll ich die anderen holen, damit wir es jagen können?“ Leeanis Augen hüpften vor Freude. „Klang wie ein ganz großes Tier, das sich verspätet hat.“
    „Du weißt so gut wie ich, daß das reine Zeitverschwendung wäre.“
    Sie schmollte. „Manchmal sprichst du wie ein Terraner.“
    Zorn wallte in ihm auf. Doch in ihren Augen sah er keine Boshaftigkeit. Sie erkannte ihre Anspielung nicht.
    Er zwang sich zur Ruhe und berührte sanft ihre Schulter, um ihr so zu zeigen, daß er ihr die vorlaute Äußerung verzieh. Doch er wußte auch, daß sie seine Geste lediglich als gutgemeinten Spott angesichts ihrer kindlichen Verzückung beim Gedanken an die Jagd auf eine Schlammbestie deuten würde.
    Sie gingen gemeinsam weiter. Der Schlamm war hier tief, daher ging er mit zusehends gebeugterer Gestalt. Das Pochen in Beinen und Brust wurde stärker. Er atmete mit kurzen, keuchenden Stößen.
    Er stolperte, sie griff mit der Hand an seine Schulter, um ihn zu stützen. „Du scheinst heute morgen besonders müde zu sein.“
    „Es war eine lange Jagd.“
    „Mein Partner sagt immer, wir sollten nahe bei den Hütten bleiben und Bogratten jagen, Pilze sammeln …“
    „Und was sagst du?“ Schweiß brannte in seinen Augen, und ^r blinzelte, um den Schmerz zu verdrängen.
    „Ich sage, daß er schon zu lange in der Hütte geblieben ist.“
    „Vielleicht.“
    Sie runzelte die Stirn. „Man jagt nicht nur wegen der Nahrungsbeschaffung, Nassam.“ Das war eine Meinung, die er seit Jahren nicht mehr gehört hatte, und nun erkannte er

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