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Kopernikus 9

Kopernikus 9

Titel: Kopernikus 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Zeichen im Pfeifen der Leptonen: Wer hat die blauhaarige Frau getötet?
    „Du tust mir leid“, sagt die Frau im Salonwagen. „Mein Ur-Ur-großvater dachte, daß er einen Riesen von tausend Lichtjahren aus sich machte. Niemand fährt jetzt mehr zum Rand. Niemand fährt mehr mit ihm.“
    Sie hat ihren Drink verschüttet. Dampfender Schaum. Wir sind am Beginn des Abhangs jenseits von Centaurus. Wir beschleunigen den Schwerkrafthügel hinunter. (Ich bin hier dünn, sehr schwächlich. Hier zerbreche ich leicht, die blauhaarige Frau hätte es wissen sollen.) Dieser Hügel ist abschüssiger als alles sonst auf meiner Reise und führt hinunter zu einem Gerüst, das die Leere überspannt, wo die Klippen der Schwerkraft abfallen.
    Ich habe die blauhaarige Frau getötet.
    Diesmal werden sie die gebrochenen Schienen nicht instand setzen. Meine Zeit wird vorbei sein, meine Linie stillgelegt.
    „Du tust mir leid“, sagt die Frau im Salonwagen. „Du lebst, du alterst, du stirbst auf diesem Zug. Wie oft in tausend Jahren?“
    Wir stampfen und tosen die Trasse entlang, den steilen Hang hinunter. Hier ist es, wo ich die blauhaarige Frau getötet habe, hier ist es, wo der Zug verunglückte, von hier kam der Blitz, der heller als eine Supernova war.
    „Komm, Lars Amudsen“, sagt die Frau im Salonwagen. „Ich mag dich, willst du mit mir kommen?“
    Wir rattern über das Gestell, wir rumpeln die Steigung hinauf. Es gibt Winde entlang der Eisenbahntrasse, und sie wehen das Pfeifen der Leptonen durch die Kreisbahnen der Welten, die ich auf jeder Fahrt passiere.

 
George Guthridge
Die Verbannten, die Gejagten THE EXILED, THE HUNTED
     
1
     
    Die Schlammbestien hatten aufgehört zu trompeten. Der Sumpf war ruhig, sah man einmal von den Kreischkäfern und dem Schmatzen von Nassams Schritten im knietiefen, weißlichen Morast ab. Es war Morgen, Sonnenlicht fiel durch das Gewirr der Farnwedel und das hängende Moos.
    Unter dem Gewicht der Schlammbestie taumelnd, die er auf den Schultern trug, schlurfte er auf die Lichtung zu, sorgsam darauf bedacht, den Baumstämmen auszuweichen. Sein Gesicht war erschöpft und schweißgebadet, die Augen, mit denen er in den Nebel über den Sümpfen starrte, waren leer und blicklos vor Mattigkeit. Weiter vorne, wo die Stämme spärlicher wurden und der Boden fester, war der Treffpunkt.
    Aber lediglich Leeani wartete, die anderen Jäger und Jägerinnen waren offensichtlich schon weitergezogen. Sie stand auf ihren Speer gestützt da, ein dünnes Seil hing über der Schulter. Sie war, wie er auch, eine geschmeidige Hominidin mit grauen, mandelförmigen Augen und klauenbewehrten Fingern, und wegen der feuchten Schwüle war sie nackt: eine wohlgeformte Frau, völlig haarlos, abgesehen von einer Quaste am Schwanzende, die sie nicht abrasieren wollte.
    Nassam blieb vor ihr stehen und ließ die Schlammbestie fallen. Es war ein kleines Tier mit großem Kopf und aufgeblähtem Torso, Gliedmaßen und Atemtrompete standen wie Tentakel ab. Es klatschte auf den Boden und wälzte sich herum, woraufhin es die Augen mit den riesigen schwarzen Pupillen öffnete. Das Fleisch war glitschig vom Blut, die Ohrenschlitze bebten. Nassam stemmte die Arme in die Hüften und bog den Rücken, bis es knackte. Er schloß die Augen und atmete tief durch. „Die anderen sind also nicht geblieben“, stellte er fest.
    Sie schüttelte den Kopf.
    Er seufzte wütend, dann kniete er nieder und hob die Schlammbestie auf. „Manchmal scheinen sie zu vergessen, wer hier der Anführer ist“, sagte er und erhob sich mühsam.
    „Manchmal scheinst du zu vergessen, wie man sich als Anführer zu verhalten hat.“
    Er schnellte zu ihr herum.
    „Du weißt selbst, daß das Jagen das einzig Gute hier auf Sumpf ist“, fuhr sie fort. „Trotzdem hast du während der letzten drei Jagden selbst die Ehre beansprucht, den Fang einzubringen. Hältst du das für weise, Nassam?“
    „Es war meine Entscheidung. Und die sollten sie respektieren.“ Aber vielleicht, dachte er bei sich, hatte sie gar nicht so unrecht. Er hatte nicht an die Gefühle der anderen gedacht. Da er derjenige war, der in die Grube der Schlammbestie sprang und mit dem trompetenden und um sich schlagenden Tier rang, während die anderen in sicherer Entfernung standen und mit den Speeren rasselten, hatte er stillschweigend angenommen, daß niemand etwas dagegen haben würde, wenn er der Tierträger war.
    „Du bist ein guter Anführer“, sagte sie, „wenn auch nicht immer ein

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