Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kopf in der Schlinge

Kopf in der Schlinge

Titel: Kopf in der Schlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
Vom Netzwerk:
er das. Ich fand es peinlich. Ich meine, wer will schon solches Gerede von seinem eigenen Vater hören? Er war uferlos ätzend. Er hat Schlägereien angezettelt. Er hat sich Geld gepumpt. Er hat das Auto zerbeult. Die Menschen hier dulden kein solches Benehmen. Es machte Hatch rasend, und so haben wir zwei natürlich zu streiten angefangen. Hatch wollte, daß die beiden verschwinden, und ich muß sagen, daß ich ihm das nicht verübeln konnte. Aber was soll man machen, beim eigenen Vater? Ich konnte ihn ja kaum zum Gehen auffordern. Er war noch nicht einmal eine Woche dagewesen.«
    »Wie ist es dann ausgegangen?«
    »Wir haben ihn und Alfie auf einen Angelausflug geschickt. Alles, nur um sie ein paar Tage loszuwerden. Hatch hat ihnen zwei Angelruten geliehen, die er nie wiedergesehen hat. Er war stocksauer deswegen. Also, genau weiß ich nicht, was passiert ist, aber irgend etwas muß schiefgelaufen sein. Am nächsten Morgen ist Alfie aufgetaucht und hat gesagt, sie hätten beschlossen, abzureisen, und er wolle ihre Sachen holen.«
    »Wo war Ihr Vater?«
    »Alfie hat uns erklärt, daß Daddy auf ihn warte und er sich beeilen müsse, weil Pinkie sonst wütend auf ihn wird. Ich habe mir nichts dabei gedacht. Ich meine, es klang ganz typisch für ihn. Er hat ständig versucht, Alfie alles aufzuhalsen.«
    »Wußte Tom das alles?«
    »Ich habe es ihm im März erzählt, als Daddys Leiche aufgetaucht ist. Nachdem der Tote identifiziert war, hat mich Tom verständigt, und ich habe die Neuigkeit an den Rest der Familie weitergegeben. Soweit ich weiß, hat Daddy vorher nichts gefehlt.«
    »Kam es Ihnen nicht seltsam vor, daß niemand in der Familie je wieder von ihm gehört hat, nachdem er angeblich von hier abgereist ist?«
    »Warum denn? Schlechte Neuigkeiten machen schnell die Runde. Wir dachten uns immer, wenn ihm etwas passiert wäre, würde man sich bei uns melden. Die Polizei oder eine Klinik. Er hatte immer einen Ausweis bei sich. Außerdem haben wir hin und wieder von Alfie gehört. Ich glaube, die beiden hatten sich getrennt, oder zumindest hat Alfie diesen Eindruck vermittelt.«
    »Warum hat er angerufen?«
    Margaret zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung. Nur um zu hören, wie es uns geht, hat er gesagt.«
    »Hat er je nach Ihrem Vater gefragt?«
    »Ja, schon, aber nicht, als wollte er ihn wirklich treffen. Sie kennen das doch. Wie geht’s deinem Dad? ... Hast du was von ihm gehört? ... Solches Zeug eben.«
    »Er hat sich also gefragt, ob Pinkie überhaupt jemals wiederaufgetaucht ist. Stimmt das?«
    »Ich schätze schon. Irgendwann hat er nicht mehr angerufen, und wir haben jeden Kontakt zu ihm verloren.«
    »Vielleicht war ihm klar, daß Pinkie nie wieder auf der Bildfläche erscheinen würde.«
    »Das hat Tom auch gesagt. Er dachte, Daddy wäre womöglich an dem Tag, als Alfie abreiste, ermordet worden, obwohl das nie bewiesen werden konnte. Sie haben lediglich eine Tankstellenquittung gefunden, die er in seine Hosentasche gesteckt hatte. Die stammte vom Tag zuvor. Er und Alfie haben auf dem Weg zum See ihren Tank aufgefüllt. Glauben Sie, Alfie wußte etwas?«
    »Da bin ich mir ziemlich sicher«, sagte ich.
    »Vielleicht haben die beiden Streit bekommen.«
    »Das könnte natürlich sein«, sagte ich. »Nach seinem Verhalten zu schließen wollte er entweder den Eindruck erwecken, daß Pin-kie noch am Leben sei, oder er war sich selbst nicht sicher. Als Sie ihn das letzte Mal sahen — als er vorbeikam, um die Habseligkeiten der beiden abzuholen — , kam er Ihnen da ganz normal vor?«
    »Inwiefern?«
    »Er war nicht nervös oder in Eile?«
    »Natürlich war er in Eile, aber nicht schlimmer, als er es gewesen wäre, wenn Daddy auf ihn gewartet hätte.«
    »Irgendwelche Anzeichen dafür, daß er in ein Handgemenge verwickelt war?«
    »Nichts, das mir aufgefallen wäre. Weder Dreck noch Kratzer.«
    »Wie wollten sie weiterfahren? Mit Bus, Zug oder Flugzeug? Per Anhalter?«
    »Sie müssen mit dem Bus gefahren sein. Ich meine, das habe ich zumindest vermutet, weil sie den Pickup an der Greyhound-Haltestelle haben stehenlassen. Hatch hat ihn später am selben Tag dort entdeckt«, erklärte sie.

19

    Als ich von Margaret wegfuhr, war es kurz vor halb zehn. Ich schloß den VW auf, schlüpfte hinters Lenkrad und steckte den Schlüssel ins Zündschloß. Ein Auto kam näher, und als es neben mir anhielt, sah ich, daß es Macon in einem Streifenwagen war. Selbst durchs Autofenster konnte ich erkennen, daß er für die

Weitere Kostenlose Bücher