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Kopf in der Schlinge

Kopf in der Schlinge

Titel: Kopf in der Schlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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aus Backsteinbungalows, die vielleicht fünfzehn Jahre alt sein mochten, wie ich aus dem Zustand der Bepflanzung ringsum schloß. Die Baumstämme waren bereits kräftig und maßen etwa zwanzig Zentimeter im Durchmesser, und die Kletterpflanzen hatten schon lange die Fensterbretter erreicht. Ich bremste ab, als ich die Hausnummer erkannte. In und vor der Einfahrt der Brines parkten zwei Autos und ein Pickup. Ich fand zwei Häuser weiter einen Parkplatz, hielt am Straßenrand an und fragte mich, ob bei ihnen eine Party stattfand. Ich drehte mich auf meinem Sitz um und musterte das Haus. Vorne brannte trübes Licht, heller erleuchtet waren die Seiten und der Teil nach hinten zu, den ich von meinem Standort aus sehen konnte. Es war Samstag abend. Margaret hatte weder eine Tupper-Party noch eine Bibelstunde erwähnt und auch nicht vorgeschlagen, daß ich zu einem anderen Zeitpunkt kommen solle. Vielleicht hatten sie Freunde eingeladen, um ein bißchen Kabelfernsehen zu gucken. Ich rang mit mir. Ich hatte keine Lust, in ein geselliges Beisammensein hineinzuplatzen, vor allem, da ich ja genausogut morgen mit ihr sprechen konnte. Andererseits hatte sie gesagt, daß ich vorbeikommen könne, und sie heute noch zu treffen würde meine Rückkehr zu Selma verzögern. Ich hatte nach wie vor ihren Hausschlüssel, und es war ausgemacht, daß ich selbst aufschließen würde, wenn ich abends zurückkam. Je länger ich sitzen blieb, desto kälter wurde es im Wagen. Es war ein ruhiges Viertel mit wenig Verkehr und ohne irgendwelche Fußgänger. Falls jemand aus dem Fenster blickte, würde er vermuten, daß ich gekommen sei, um die Bude auszukundschaften.
    Ich stieg aus und schloß den Wagen ab. Die Gehsteige waren offenbar wärmer als die Straße. Die Schneeflocken schmolzen sofort und hinterließen lediglich seichte Pfützen statt vereiste Stellen. Im Garten standen Laubbäume, die mit ihren winzigen grünen Knospen jäh überrascht worden waren. Der März mußte in dieser Gegend ein ständiges Auf und Ab von Launen der Natur sein. Ich klopfte an die Tür und hoffte, nicht in eine schlüpfrige Dessous-Party zu platzen. Vielleicht hatte sie mich deshalb zu sich gebeten, weil sie hoffte, ich würde mir eine Schublade voller Höschen kaufen und alle meine verwaschenen alten wegwerfen.
    Margaret öffnete die Tür in Blue jeans und einem dicken roten Pullover mit nordischem Muster über der Brustpartie: Schneeflocken und Rentiere. Sie trug klobige, wadenhohe Wildlederstiefel mit Fellfutter, die an einem Abend wie diesem ziemlich warm sein mußten. Mit ihrem schwarzen Haar und der ovalen Brille sah sie aus wie ein Teenager, der zum Babysitten engagiert worden ist. »Hallo, kommen Sie rein.«
    »Danke. Ich hoffe, ich störe nicht. Ich habe Autos in Ihrer Einfahrt stehen sehen.«
    »Hatchs Pokerabend. Die Männer sind im Fernsehzimmer«, erklärte sie und wies mit dem Daumen nach hinten. »Ich habe Küchendienst. Wir können uns hier unterhalten.«
    Wie in Selmas Haus roch es auch hier, als wäre den Winter über alles hermetisch abgeschlossen, und die Gummidichtungen an den Sturmfenstern sorgten dafür, daß sich Rauch und Küchengerüche drinnen stauten. Der Teppichboden war in dunklem Orange marmoriert und die Wände im Wohnzimmer milchkaffeefarben gestrichen. Das zweieinhalb Meter lange Sofa war schokoladenbraun, und zwei schwarze Schmetterlingssessel standen rechts und links des Couchtischs. »Sie haben uns doch gleich gefunden, oder?« fragte sie.
    »Ja, sicher«, antwortete ich. »Soll ich Sie Margaret oder Mame nennen? Dolores spricht von Ihnen immer als Mame.«
    »Mir ist beides recht. Suchen Sie sich’s aus.«
    Ich folgte ihr in die Küche am Ende des Flurs. Margaret war gerade mitten in den Essensvorbereitungen, und auf der langen Arbeitsfläche aus Resopal mit Holzdekor standen mehrere kalte Platten. Dazu kamen Schalen mit Kartoffelchips, zwei Schüsselchen mit einer Art Sauerrahmdip und eine in Butter und Knoblauchsalz geschwenkte Mischung aus Nüssen und Frühstücksflocken. Das weiß ich, weil sämtliche Zutaten noch offen dastanden. »Wenn Sie mir helfen, diese Snacks ins Eßzimmer zu bringen, sind sie aus dem Weg, und wir können uns unterhalten.«
    »Klar.«
    Sie nahm die beiden Schüsseln, stieß die Schwingtür mit der Hüfte auf und hielt sie mir, während ich mit dem Käse- und Wurst-Tablett hindurchging. Natürlich war das alles dermaßen ungesund, daß ich auf der Stelle Hunger bekam, doch mein Appetit hielt nicht lang

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