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Kopf in der Schlinge

Kopf in der Schlinge

Titel: Kopf in der Schlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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an. Durch einen Bogengang zu meiner Linken sah ich Hatch und seine fünf Kumpane im Fernsehzimmer auf metallenen Klappstühlen am Pokertisch sitzen. Auf dem Tisch befanden sich zahllose Bierflaschen und -krüge, Zigaretten, Aschenbecher, Pokerchips, Dollarscheine, Münzen und Schüsseln voller Erdnüsse. Die ganze Mannschaft glotzte wie auf Kommando zu mir her. Ich erkannte Wayne, James Tennyson und Brant; die anderen beiden hatte ich noch nie gesehen. Hatch machte eine Bemerkung, und James lachte. Brant hob grüßend die Hand. Margaret beachtete das Grüppchen kaum, doch die Kälte im Raum war deutlich zu spüren.
    Ich stellte Schüsseln auf den Tisch und ging zurück in die Küche, wobei ich versuchte, so zu tun, als kümmerte mich ihre Anwesenheit gar nicht. Hier ist die Wahrheit über mein Leben: Fast jede unangenehme Situation, auf die ich im Erwachsenenleben treffe, ist mir zum ersten Mal in der Grundschule begegnet. Kerle, die Witze über einen reißen, fand ich schon bedrohlich, seit ich gezwungen war, jeden Morgen auf dem Weg zum Kindergarten an den Jungs aus der Sechsten vorbeizugehen. Schon damals wußte ich, daß aus solchen Zusammenrottungen nichts Gutes entstehen kann, und ich gehe ihnen so weit wie möglich aus dem Weg.
    Ich nahm eine Platte von der Arbeitsfläche und fing Margaret ab, als sie an der Schwingtür ankam. »Am besten reiche ich Ihnen die Platten, und Sie können sie dann auf den Tisch stellen«, sagte ich mit vorgetäuschter Hilfsbereitschaft. In Wirklichkeit war es mir unerträglich, mich diesem kollektiven Starren auszusetzen.
    Sie nahm mir kommentarlos die Platte ab und hielt mit der Hüfte die Tür auf. »Vielleicht könnten Sie noch ein paar Biere aufmachen. Es liegen welche im untersten Fach im Kühlschrank draußen in der Waschküche.«
    Ich fand sechs Flaschen Bier sowie den Flaschenöffner und machte mich nützlich, indem ich sie allesamt öffnete. Nachdem wir die Fressalien verteilt hatten, zog Margaret die Schwingtür zu und seufzte erleichtert auf. »Ein Glück, daß sie nur einmal im Monat spielen«, erklärte sie. »Ich habe Hatch gesagt, sie sollen sich abwechseln, aber er hat sie gern hier. Normalerweise kommt Earlene mit Wayne mit und hilft mir beim Servieren, aber sie kriegt eine Erkältung, deshalb habe ich gesagt, sie solle zu Hause bleiben. Scheiße — entschuldigen Sie bitte — , ich habe vergessen, die Pappteller hinauszubringen. Bin gleich wieder da.« Sie schnappte sich eine Riesenpackung dünner Pappteller und ging Richtung Eßzimmer. »Wenn Sie etwas essen möchten, bedienen Sie sich ruhig«, sagte sie. Da mir immer noch der Hackbraten aufstieß, hielt ich es für klüger, dankend abzulehnen.
    Sie kam wieder in die Küche und warf die Zellophanverpackung in den Müll. Dann drehte sie sich um, lehnte sich an die Arbeitsfläche und verschränkte die Arme. »Womit kann ich Ihnen helfen?« Die Frage ließ Hilfsbereitschaft vermuten, doch ihre Art war zu geschäftsmäßig.
    »Ich wollte wissen, was Sie mir über den letzten Besuch Ihres Vaters sagen können. Soweit ich weiß, sind er und Alfie Toth damals im Frühjahr in die Gegend gekommen, um Sie aufzusuchen.«
    »Das stimmt«, antwortete sie. Als wollte sie sich ablenken, begann sie Deckel auf Gläser mit eingelegtem Gemüse zu schrauben sowie Senf und Mayonnaise im Kühlschrank zu verstauen. »Ich hoffe, Sie finden das nicht respektlos, aber mein Vater war eine Null, und das wußten wir alle. Ehrlich gesagt, war ich am glücklichsten, wenn er im Gefängnis saß. Irgendwie hat er immer Ärger gemacht.«
    »War er bei seinem Besuch auch problematisch?«
    »Aber sicher. War ständig hinter Frauen her. Als hätte es jede Frau hier bitter nötig.«
    »Aus dem wenigen, was ich weiß, hätte ich nie geschlossen, daß er ein Frauenheld war.«
    »Das war er auch nicht, aber er war gerade erst aus dem Gefängnis entlassen worden und wollte unbedingt Sex. Um vier war er im Tiny’s, kaum daß sie aufgemacht hatten. Wenn er erst einmal angefangen hatte zu trinken, hat er jede angemacht, die ihm über den Weg lief. Er hielt sich für unwiderstehlich und wurde wütend und streitsüchtig, wenn seine tölpelhaften Flirtversuche ihm nicht das einbrachten, was er wollte.«
    »Irgend jemand Spezielles?«
    Margaret zuckte mit den Achseln. »Eine Kellnerin im Rainbow und eine im Tiny’s. Alice, die mit den roten Haaren.«
    »Die kenne ich«, sagte ich.
    »Das war das einzige, wovon er redete: wie geil er sei. >Fotzenscharf< nannte

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