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Kopf in der Schlinge

Kopf in der Schlinge

Titel: Kopf in der Schlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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mich trotzdem gern auf die Probe. Warten Sie kurz.« Er spulte das gleiche Programm noch einmal ab und verzog das ganze Gesicht, um zu demonstrieren, wie angestrengt er nachdachte. Dann hielt er inne. »Sie fragen sich wahrscheinlich, wie ich das mache. Ich habe einen Kurs für Mnemotechnik besucht, das ist die Kunst, sein Gedächtnis zu verbessern. Ich bin viel allein, vor allem wenn ich Nachtdienst habe. Der Trick dabei ist, auf Eselsbrücken zu kommen, wissen Sie — Gedächtnisstützen und Assoziationen die einem helfen, etwas im Gedächtnis zu verankern.«
    »Sagenhaft. Ich bin beeindruckt.«
    »Daß ich mich an den zeitlichen Rahmen für den Besuch Ihres Newquist erinnere, liegt daran, daß ich ziemlich genau zu der Zeit, als er kam, meinen Kurs angefangen habe. Er war mein erster Übungsfall. Der Name Newquist? Kein Problem. New, weil er ein neues Gesicht für mich war, verstehen Sie? Und Quist wie in Quiz.
    Ein neues Gesicht kommt rein und stellt mir Fragen, also Newquist.«
    »Nicht schlecht«, sagte ich. »Und was ist mit seinem Vornamen?«
    Estes lächelte. »Den haben Sie mir verraten. Ich hatte ihn vergessen.«
    »Und der andere Mann? Der, nach dem er sich erkundigt hat?«
    »Was habe ich mir für den einfallen lassen? Mal sehen. Es hatte etwas mit Zahnärzten zu tun. Ach ja. Sein Familienname war Toth. Das ist wie tooth mit einem fehlenden O. Das war klasse, weil dem Kerl nämlich ein Zahn fehlte, also hat alles zusammengepaßt. Mit Vornamen hieß er Alfie. Zahnärzte hängen mit Hausärzten zusammen. Und beim Hausarzt sagt man >Ah<, wenn er einem diesen Zungenspatel in den Mund schiebt. Der Vorname fing mit A an. Also gehe ich im Geiste sämtliche Namen mit A durch, die mir einfallen. Allen, Arnold, Avery, Alfie. Da haben wir’s.«
    »Tom Newquist war also aus beruflichen Gründen hier.«
    »Genau. Dummerweise hat er ihn aber verpaßt. Toth war zwei Wochen hier gewesen, ist aber am ersten Juni ausgezogen, kurz bevor Ihr Fahnder hier ankam.«
    »Haben Sie irgendeine Ahnung, warum er nach Toth gesucht hat?«
    »Er hat gesagt, er ginge einer Spur in einem Fall nach, an dem er arbeitet. Das weiß ich noch, weil es wie im Film war. Sie wissen schon, Clint Eastwood kommt rein, hält einem eine Polizeimarke unter die Nase und ist ganz ernst. Ich weiß nur, daß Newquist nicht dazu kam, mit Toth zu sprechen, weil der mittlerweile verschwunden war.«
    »Hat er eine Nachsendeadresse hinterlassen?«
    »Nein, aber ich habe die Adresse seiner Exfrau, unter der Rubrik >nächster Verwandter, der nicht im selben Haushalt lebt<. Das machen wir, damit wir jemanden haben, an den wir uns wenden können, wenn jemand sein Zimmer verwüstet oder tot umfällt. Es ist nervtötend, wenn man sich fragen muß, was man mit einer Leiche anfangen soll.«
    »Das kann ich mir vorstellen«, sagte ich. »Wäre es irgendwie möglich, daß ich Namen und Adresse der Exfrau bekomme?«
    »Sicher. Kein Problem. In meinen Augen sind das keine vertraulichen Daten. Wenn die Leute sich eintragen, sage ich ihnen gleich, daß die Meldeformulare des Hotels den Behörden zugänglich sind. Wenn die Polizei kommt, um die Unterlagen einzusehen, verlange ich auch keinen Haussuchungsbefehl. Das wäre für mein Gefühl Behinderung der Justiz.«
    »Die Polizei ist Ihnen für Ihre Einstellung sicher dankbar, aber haben die Hotelgäste denn nichts dagegen?«
    Dave Estes zuckte mit den Achseln. »An dem Tag, wo ich verklagt werde, kann ich diese Taktik ja ändern. Wissen Sie, es ist auch noch ein anderer Mann gekommen. Ein Kriminalbeamter in Zivil. Das war davor, vielleicht am ersten Juni. An dem Tag habe ich nicht gearbeitet, sonst hätte ich es in meiner ollen Birne abgespeichert«, sagte er und tippte sich dabei gegen die Stirn. »Ich habe Peck geraten, den gleichen Kurs zu machen, aber bis jetzt habe ich es noch nicht geschafft, ihn dazu zu überreden.«
    »Jammerschade«, sagte ich. »Und wer war nun der andere Kriminalbeamte, der sich erkundigt hat?«
    »Da kann ich Ihnen nicht weiterhelfen, das ist es ja. Wenn Peck den Kurs gemacht hätte, könnte er sich bestens daran erinnern. Aber so? Null Chance. Nichts als gähnende Leere. Ende der Abhandlung.«
    »Könnte ich selbst mit Peck sprechen?«
    »Das könnten Sie tun, aber ich kann Ihnen genau erzählen, was er Ihnen sagen wird. Er weiß noch, daß dieser Kriminalbeamte her einkam — er hatte einen Haftbefehl und alles, aber Toth war nicht hier. Später am gleichen Tag ist er dann ausgezogen, also

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