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Kopf Unter Wasser

Kopf Unter Wasser

Titel: Kopf Unter Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Kubiczek
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und als Grund ausreichte, dann doch die Beziehung.
    Obwohl Birte wieder aussah wie früher, war ihre Attraktivität dahin. Ihre grelle Stimme hatte endgültig die sanfte und tiefe besiegt, und das Baby hatte ihre Angst verstärkt, keinen Job zu finden, der ihr Spaß machte und Geld zum Leben brachte. Diese Angst trug sie ständig mit sich herum, wenn sie das Baby fütterte, wenn sie es liebkoste, wenn sie mit Henry sprach oder mit ihm schlief. Diese Angst machte sie unsicher, und die Unsicherheit ließ sie hässlich wirken, obwohl sie alles andere als hässlich war.
    Â»Ich will auf eigenen Füßen stehen«, fuhr Birte fort, »das Gesparte ist aufgebraucht, und von meinen Eltern nehme ich nichts mehr, wie du weißt.«
    Â»Was ist denn los mit deinen Eltern? – Sie rufen auch kaum noch an.«
    Â»Das ist doch jetzt egal. – Du jedenfalls verdienst zu wenig, als dass es für uns beide reichen würde. – Also bleibt mir nur noch eines übrig«, sagte Birte. »Ich war beim Arbeitsamt und habe einen Antrag gestellt.«
    Â»Du willst sagen: Des wegen ziehst du aus?«
    Â»Solange wir zusammenwohnen, zählen wir als eine Gemeinschaft, das heißt, dass du für mich aufkommen musst und ich kein eigenes Geld bekomme.«
    Â»Das Geld vom Staat ist auch kein eigenes «, sagte Henry, »der Staat bezahlt die Leute doch bloß, um sie ruhigzustellen. Es ist zu wenig, um angenehm zu leben, aber zu viel, um zu rebellieren. – Und das willst du mit dir machen lassen?«
    Â»Das ist Geld, das mir zusteht.«
    Â»Wie kommst du denn da rauf?«
    Â»Es gibt Gesetze, die das regeln.«
    Â»Such dir doch lieber einen Job. – Du hast Auslandserfahrung, du sprichst perfekt Englisch und Koreanisch. – Leute wie du werden händeringend gesucht.«
    Â»Wer stellt denn schon eine Mutter ein?«
    Â»Hast du’s schon probiert?«
    Â»Ja«, sagte Birte, aber Henry glaubte ihr nicht. Er stand auf, öffnete das Fenster und zündete sich eine Zigarette an.
    Â»Kann ich auch eine haben?«
    Sie rauchten schweigend und warfen dann die Kippen auf die Straße.
    Â»Du schmeißt also für ein paar Euro vom Staat unsere Familie weg«, sagte Henry, und gegen seinen Willen zitterte ihm leicht die Stimme.
    Â»Ich hab die Gesetze nicht gemacht«, antwortete Birte kalt.
    Â»Und was wird mit Johanna?«
    Â»Wir teilen uns die Zeit mit ihr: drei Tage du, ich vier. – Und wie ich schon sagte, ich will, dass unsere Beziehung bestehen bleibt. Die Trennung ist nur eine räumliche, verstehst du.«
    Â»Das glaubst du doch selber nicht«, sagte Henry, »das wird doch nie funktionieren.«
    Â»Wenn wir uns anstrengen, schon. Es kann ja nur besser werden. – Wenn wir es beide wollen , kriegen wir das auch hin.«
    Â»Ich fürchte nur, ich will nicht«, sagte Henry, »nicht unter diesen Umständen.«
    Mit einem Mal merkte Henry, dass Birte diesen Auszug von langer Hand vorbereitet hatte. Das älteste Indiz dafür, das ihm einfiel, war ihr seltsames Verhalten im Jugendamt. Er fragte Birte, ob sie nicht noch einmal zum Amt fahren sollten, er finde es besser, wenn auch er das Sorgerecht für Johanna besäße. Wenn zum Beispiel ihr, Birte, etwas passiere, könne er seine Tochter sofort bei sich aufnehmen, ohne irgendwelche bürokratischen Hürden überwinden zu müssen. Oder falls Johanna etwas zustoße, während sie bei ihm war, könne er beispielsweise unverzüglich einer lebensrettenden Notoperation zustimmen.
    Birte sagte, er bekomme das Sorgerecht nicht, vielleicht später einmal, aber nicht jetzt.
    Was er an Unterhalt zahlen müsse, wollte Henry wissen. Gar nichts, sagte Birte, schließlich werde Johanna fast die Hälfte der Zeit bei ihm wohnen. Die Unterhaltsforderungen seien damit abgegolten.
    Ein weiteres Indiz waren Birtes lange Spaziergänge, die Henry jedes Mal ein paar Stunden Ruhe verschafft hatten. In Wahrheit war sie auf Wohnungssuche gewesen, die sich offenbar als recht beschwerlich herausgestellt hatte, da das Amt seinen Abhängigen nur eine bestimmte Quadratmeterzahl zu einem bestimmten Preis zugestand. Erst nach einem halben Jahr hatte sie eine Hinterhofwohnung gefunden, die drei Kilometer entfernt von ihrer noch gemeinsamen lag.
    Bereits am Tag nach der Ankündigung besorgte sich Birte Umzugskartons und begann, die Sachen zu packen. Johanna half ihr, Bücher

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