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Kopfgeldjagd

Kopfgeldjagd

Titel: Kopfgeldjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Homm
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Verwaltungsratsmitglieder die Hände auf den Rücken gebunden hatten. Es war viel besser, wenn ACMH die Portfolios auflösen und den Investoren so schnell wie möglich ihr Geld zurückgeben würde. Was hätte ich davon gehabt, unter diesen Umständen weiterzumachen? Ich hatte mehr große internationale Investmentauszeichnungen gewonnen als jeder andere deutsche Fondsmanager, und ich war solvent. Es gab nichts mehr zu erreichen.
    Ich hatte mich meiner familiären Verantwortung entzogen, weil ich ausgebrannt und nur auf mich selbst konzentriert und überdies erheblichen Gefahren ausgesetzt war, während die Kerzen auf beruflicher Ebene von beiden Seiten abbrannten. Ich hatte meiner Exfrau Anfang 2006 die alleinige Erziehungsgewalt übertragen und auf alle Rechte verzichtet, meine Kinder jemals ohne ihre ausdrückliche Zustimmung wiederzusehen. Ich war allerdings auch nicht in der Lage, irgendeinen bedeutsamen Beitrag zu ihrer Erziehung zu leisten. Susan hatte jedes Vertrauen in mich verloren und ging bereits mit anderen Männern aus. Ich hatte zu viel Blut vergossen und die letzte Glaubwürdigkeit, die ich noch als Vater und Ehemann hatte, zerstört. Zum ersten Mal in meinem Leben empfand ich so etwas wie echtes Bedauern, vielleicht sogar Schuld. Susan und die Kinder waren mehr als ein Jahr zuvor nach Florida gezogen. Ich war für immer und ohne Aussicht auf Begnadigung dazu verurteilt, im Nebel und der Einsamkeit des Geldes zu leben. Nichts hielt mich noch auf Mallorca.
    Ganz gewiss würde ich auf absehbare Zeit nicht in die USA gehen, dem Mekka der Inhaftierungen, der Gerichtsprozesse, der militärischen Aggression, des Übergewichts, der Verschuldungssucht und eines übermächtigen und allgegenwärtigen Staates, nur um meinen Kindern näher zu sein und weitere 20 Millionen Dollar in Susans Schatzkiste zu deponieren. Es war besser, unterzutauchen und neu zu beginnen. Unabhängig davon bleibt jedoch die Tatsache bestehen, dass ich vor meinen väterlichen Pflichten weggelaufen bin. Ich war ein Feigling und hatte den Weg des geringsten Widerstands gewählt.
    Und ich würde mich gewiss auch nicht zur Übungszielscheibe für Auftragsmörder, Prozessanwälte, Erpresser, Strafbehörden und skrupellose Kunden machen. Bei meiner Scheidung hatte ich mehr als zwei Drittel meiner Aktien sowie die Aktien verloren, die ich an den Fonds übertragen hatte. Da ich kein Vertrauen in die Überlebensfähigkeit von ACMH hatte – mit mir oder ohne mich –, würde ich meine Zeit viel besser damit verbringen, die Rendite meines persönlichen Portfolios zu optimieren. Ich wies meinen Treuhänder ­Diego an, ausschließlich Schweizer Franken, Gold und erstklassige langfristige Staats- und Unternehmensanleihen zu kaufen. Wäre ich noch bei ACMH gewesen, wäre das meine Empfehlung an alle Fondsmanager gewesen. Unter keinen Umständen durfte Diego irgendwelche Aktien, Kapitalbeteiligungen oder Hedgefonds kaufen oder besitzen.
    Ab dem Zeitpunkt meines Ausstiegs bis Mai 2008 war meine Urteilskraft reichlich getrübt. Ich konnte nicht zwischen echten und imaginären Gefahren unterscheiden und bewegte mich oft am Rande einer Paranoia im Frühstadium. Nachts trug ich eine Sonnenbrille und einen Borsalino, ließ mir einen Bart wachsen und verhielt mich merkwürdig. Ich hatte mehr Ähnlichkeit mit einem Capo der sizilianischen Mafia als mit einem deutschen Finanzinvestor. Meine beinahe täglichen Bong-Sessions mit Giorgio trugen auch nicht gerade dazu bei, den Nebel in meinem Hirn zu lichten. Ich stellte einen Leibwächter ein – Ernesto, ein rücksichtsloser, unangenehmer Typ. In den Achtziger- bis Anfang der Neunzigerjahre war er Feldwebel der Los Pepes 12 gewesen. Den Los-Pepes-Schwadronen wird nachgesagt, Hunderte von Familienmitgliedern, Partnern und Freunden von Pablo Escobar ermordet zu haben. Ernesto war ein vom Scheitel bis zur Sohle fieses Subjekt. Er stand auf Putas , gab mit seiner protzigen Uhr an und spielte ständig mit seiner halbautomatischen Ruger herum.
    Ich hatte das Gefühl, es sei das Beste, abzuwarten, bis sich die Aufregung ein wenig gelegt hatte, und Informationen zu sammeln, bevor ich meine Visage an einem meiner früheren Aufenthaltsorte zeigte. Es gab nicht die geringsten Zweifel, dass Detektive und Totschläger hinter mir her waren. Die Spezialisten, die ich zu meinem Schutz angeheuert hatte, lieferten unwiderlegbare Beweise dafür. In zahlreichen Orten versuchten Leute, mich zu liquidieren. Glücklicherweise waren meine

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