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Kopfgeldjagd

Kopfgeldjagd

Titel: Kopfgeldjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Homm
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eine Zigarette und trank ein Glas Cognac, bevor ich im Morgengrauen einschlief.
    An anderen Tagen ging ich auf einen Flohmarkt, saß mit Pennern in heruntergekommenen Bars in Belleville, bevor ich mich aufmachte, um im Pigalle Austern und Gewürztraminer zu schlemmen. Später verabredete ich mich mit meinen Basketballjungs zum nächtlichen Klubhopping und fuhr anschließend bis zur Metro-Station Strasbourg Saint-Denis zum Frühstück und beobachtete die Huren und Zuhälter, die von ihrer Nachtarbeit heimkehrten. Wenn ich um acht Uhr morgens heimkam, ließ ich Juliettes Predigten über mich ergehen, warum ich mich nicht auf den Hintern setzte und lernte, und anschließend frühstückte ich Eier Benedict und diskutierte mit ihr die Penislänge von Zwergen.
    Gelegentlich führte ich mittags tief greifende philosophische Gespräche mit meinen weniger verdorbenen, intellektuellen Freunden, besuchte eines der 360 Museen, gefolgt von einem Besuch im berühmt-berüchtigten Seine-Schwimmbad Piscine Deligny – vorausgesetzt, dass Wetter spielte mit –, um eine reiche Schlampe kennenzulernen, wobei das Problem mit Piscine Deligny war, dass dort auch wohlhabende, angejahrte Tunten unterwegs waren, die nach hübschen jungen Männern Ausschau hielten. Vor diesen Päderasten musste man sich hüten wie der Teufel vorm Weihwasser. Nach einem frühen Abendessen ging ich in die Oper, ins Ballett oder die Comédie Française, entweder auf eigene Kosten (billige Sitze) oder in älterer weiblicher Begleitung (tolle Plätze kostenlos). Ein später Cocktail im Ritz oder im George V regte meine Stimmung an, und angesichts des Umstands, dass meine jeweilige Begleiterin am nächsten Tag womöglich arbeiten musste, verabschiedete ich mich frühzeitig und respektvoll gegen zwei Uhr morgens. Vor dem Abschied blickte ich mit großer Zärtlichkeit tief in die leicht faltigen Augen meiner Nachtbekanntschaft und teilte ihr mit, wie viel bedeutungsvoller mein Leben geworden war, seit ich sie kennengelernt hatte.
    Wenn ich nicht reiche geschiedene Frauen, Fremdgängerinnen oder Boutiquenbesitzerinnen beglückte, war mein Lieblingshobby, als weltgewandter Franzose und Latin Lover aufzutreten und deutsche und amerikanische Touristinnen an der Nase herumzuführen. Ich erzählte ihnen, ich sei Alain de Geste von Schloss Tonrève (was so viel bedeutet wie »dein Traum«) in Burgund. Die meisten fanden meine erfundene Identität amüsant, wenn sie die Wahrheit herausfanden, und trafen sich weiterhin mit mir. Andere hielten mich für ein Arschloch, weil ich sie belogen hatte, und machten sich auf der Stelle davon.
    Fast alle Mädchen hatten zu Hause feste Freunde oder Ehemänner und suchten in Paris Romantik und lateinamerikanische Leidenschaft. Es war eine einmalige, unendliche Abenteuerfahrt.
    Irgendwann war ich es allerdings leid. Mein Gehirn befand sich im dauerreduzierten Zustand und ich fühlte mich wie ein Parasit. Die endlosen Partys und Gelage, die oberflächlichen Sexabenteuer und das leere Geschwätz, für das die Franzosen so berühmt sind, begannen mir auf die Nerven zu gehen. Die manirierten französischen Filme fingen an mich zu langweilen. Selbst der Comédie Française und Molière konnte ich nichts mehr abgewinnen. Paris war zu einem Klischee geworden, einer Maske, hinter der ich mich leer fühlte. Ich brauchte mehr Substanz, Struktur und intellektuelle Nahrung, und so ging ich nach Harvard.
    1 schwerreicher britischer Geschäftsmann und Magnat (A. d. Ü.)
    2 Kinder aus schwerreichen Familien, deren Vermögen von Treuhandfonds – Trust Funds – verwaltet wird. (A. d. Ü.)

Teil II: Aufstieg
    3. cum laude
    Irgendein Typ aus Harvard sagte, Acid würde unsere Wahrnehmung erweitern, Pot würde uns nicht schaden und Kokain sei harmlos.
    Chevy Chase
    Als ich ins Harvard-College eintrat, war ich 18, fühlte mich aber wie 50. Das Jahr in Frankreich hatte mir den letzten Rest meiner Unschuld geraubt.
    Als ich in meinem Dormitorium Pennypacker Hall eintraf, trug ich einen bodenlangen braunen Ledermantel im Gestapo-Stil, ein weißes eng anliegendes, ärmelloses Netzhemd und einen Diamantohrring und stellte mich meinem mormonischen Zimmergenossen (Sohn des Gouverneurs von Utah) in perfektem schwarzen Innenstadt-Slang vor. Ich war ein Teilzeit-Gigolo, Minidealer, Profisportler und kosmopolitisch degeneriertes Subjekt und laut meinem Zimmergenossen eindeutig verrückt. Mit 17 hatte ich bereits weitaus mehr Geld verdient, als meine Kommilitonen nach

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