KopfKissenKino - Hinterhaeltig Unerwartetes
mitbekommen, dass er im B egriff ist etwas zu tun, das nicht als Hilfeleistung angesehen werden könnte.
Das sich rührende schlechte Gewissen findet als stichhalt iges Argument, um sein Tun zu verteidigen, einfach die Neugierde. Somit beruhigt rutscht er blitzschnell von der eigenen Anklagebank seines Ichs.
Der Würfel , den er dann zwischen seinen Fingern spürt, nachdem Ansgars Finger keinen Widerstand mehr leisteten, fühlt sich — enttäuschend an.
„Nicht!", flüstert Ansgar, so leise , dass nur Rene ihn hören kann.
Das ist alles?
„Nicht!", flüstert Ansgar.
Daran hast du dich geklammert?
„Nicht!", flüstert Ansgar.
„Du kannst einem leidtun!", murmelt Rene.
„Cthulu!" , ist Ansgars letzte gehauchte Äußerung.
Jetzt sind weitere Passanten da und Rene verbirgt seinen Schatz vor ihnen und lässt sich beistehen bei der Hilfe des "armen Jungen".
Die nächste Stunde hat etwas Unwirkliches — die Polizei, der Krankenwagen, die Rufe und Schreie von Passanten von denen nicht wenige ihre Handys nutzen, um ihren Lieben daheim ein Quäntchen Nervenkitzel aus erster Hand zu dokumentieren. Dann die eingehende Befragung seiner Person durch die Polizei und die Aufnahme seiner Personalien für eine mögliche Zeugenaussage.
Und schließlich — das Heimkommen .
Als Rene endlich zuhause ist, warten seine Eltern schon mit dem Essen auf dem Tisch und dem Vo rwurf im Gesicht.
Nachdem er die Schimpfkanonade seines Vaters als erste Ruhepause nach all der Aufregung benutzt hat (Ignoranz gehört zur Grundausbildung eines gesunden Teenagers, a nsonsten würden nur wenige die Pubertät lebend überstehen), erklärt er sein Zuspätkommen.
Innerhalb von zwei Minuten sind seine Eltern wie ausg ewechselt. Als sein Vater ihn schuldbewusst zu hofieren beginnt, hat Rene die beste Entschuldigung, den Esstisch zu verlassen. Und das Schöne daran ist: niemand wird es ihm nachtragen. Er verschwindet in seinem Dungeon, seiner Zuflucht, seinem Allerheiligsten — kurz: in seinem Zimmer.
Er schließt das Fenster, zieht die Vorhänge zu, b enimmt sich unbewusst genauso, wie sich sein Dieb aus dem Rollenspiel verhalten würde und holt vorsichtig den Würfel aus der Jackentasche. Er knipst das kleine Licht über seinem Schreibtisch an, setzt sich und beginnt das Objekt eingehend zu studieren. Das Wort "Meisterstück" hallt in den Hallen seiner Erinnerung wieder. Rene ist sich im Klaren — eine solche Äußerung kommt in diesen Kreisen nicht von ungefähr.
Er sieht noch genauer hin, fühlt, tastet, zählt.
Stutzt.
Hält inne.
Das kann nicht sein!
Er zählt erneut.
Kommt zum selben Ergebnis, das ihm weiterhin absurd erscheint. Aller guten Dinge sind bekanntlich drei.
Und auch jetzt bleibt das Ergebnis dasselbe.
Der kantige, vielfach eckige Würfel besitzt 101 Seiten. Wie Ansgar dies geschafft hat, ist für Rene ein Rätsel.
Trotzdem hält er den unumstößlichen Beweis für Ansgars Genialität hier in seiner Hand.
101 Seiten — irgendwie irre.
Rene juckt es in den Fingern ihn auszuprobieren.
So wirft er.
Und schon im Wurf weiß er: dieser Wurf wird pe rfekt!
Nur drängt sich ihm in dieser Sekunde das letzte g eflüsterte Wort Ansgars ins Gedächtnis: „CTHULU!"
Als Horrorfan und Kenner der klassischen Phantastik ist R ene dieses Wort durchaus nicht fremd.
Und es hat keinen guten Ruf .
Wie bereits erwähnt: der Wurf ist perfekt.
Als Renes Mutter wenig später nach ihrem Sohn sehen will, muss sie feststellen, dass der sich nicht in seinem Zimmer befindet. Sie würde nur zu gern wissen, wie er es geschafft hat, sich so unbemerkt davonzumachen. Achselzuckend schließt sie die Tür.
Und irgendwo, in einer Welt , der unseren nicht gänzlich unähnlich, kommt Rene zu der Erkenntnis, dass ein guter Wurf im Leben nicht alles ist…
...man sollte nur besser das Ziel schon vorher kennen…
Ausgekocht
Willkommen in Angelikas Küche.
Hier herrscht seit alters her kreatives essentielles Chaos.
Hier wird gekocht, gebacken, frittiert, gebraten, g edünstet, geschmort. Abgeschmeckt, nachgewürzt, probiert, weggeschmissen und von vorne angefangen. Angelika hat einen Anspruch, der weit über den Horizont des gedeckten Esstisches hinausgeht. Und dieser Anspruch ist es, der dafür sorgt, dass Konrad — ihr Mann, wie auch ihre Kinder Martina und Lars mittlerweile mit den kulinarischen "Basics" wie Spaghetti, Kotelett, Pizza, Pommes und Pudding rundum zufrieden wären.
Wären.
Wäre da
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