KOR (German Edition)
Ebene führte. Die Abdrücke ergaben eine nahezu gerade Linie, die sich in der Finsternis verlor. „Glauben Sie, dass er noch lebt?“, wiederholte sie ihre Frage.
Chad erwiderte ihren Blick ausdruckslos. „Er ist bisher nicht in die Station zurückgekehrt. Er wurde aber auch nicht erschossen. Möglicherweise hat er sich einfach verirrt.“
„Er hätte sich doch nur am Licht der Station orientieren müssen“, meinte sie vorwurfsvoll.
„Es ist immer eine Frage, wie weit sich Wilson vorgewagt hat“, sagte John Arnold, der ihnen folgte. „Manche Leute geraten leicht in Panik, wenn sie sich nicht mehr orientieren können.“
„Dann können wir nur hoffen, dass er nicht erfroren ist“, schlussfolgerte Maggie.
„Exakt meine Meinung“, gab Arnold zurück.
Schweigend stapften sie durch den Schnee, immer darauf bedacht, die Spur Tom Wilsons nicht zu verlieren. Die Gerade hatte sich inzwischen in ein Schlenkern verwandelt. Nachdem sie noch ein paar Meter zurückgelegt ha t ten, bog die Spur nach links ab.
Chad blieb stehen und ließ den Strahl seiner Taschenlampe über die Eisfl ä che schweifen. „Nehmen wir an, dass die Schritte, die Steele gehört haben will, nicht seiner und Wilsons Einbildung entsprungen sind. Dann können wir anhand der Spuren schließen, dass das Geräusch zunächst direkt vor Wi l son lag, bevor es nicht mehr deutlich zu hören war. Schließlich k a men die Schritte von links.“
„Woher wollen Sie wissen, dass die Geräusche zwischendurch undeutlich gewesen sind?“ John Arnold kratzte sich mit dem Stiel der Taschenlampe seinen Nasenrücken.
Chad zeigte auf die bisherigen Fußspuren. „Das Hin und Her der Spur verweist meines Erachtens darauf, dass er sich nicht klar war, aus welcher Richtung die Geräusche kamen. Er konnte sich nicht entscheiden, ob er nach links oder rechts gehen sollte.“
„Vielleicht kamen die Schritte auch aus unterschiedlichen Richtungen“, vermutete Maggie. „Sie begannen, ihn zu verwirren. Er setzte verbissen se i nen Weg fort. So verhalten sich viele Menschen, die unbedingt einem Rätsel auf die Spur kommen möchten.“
„Gehen wir weiter“, erwiderte Chad .
„Wie weit wollen Sie den Spuren noch nachgehen?“ Maggie versuchte, auf gleicher Höhe mit ihm zu bleiben. „Wäre es nicht besser gewesen, mit einem der Schneemobile den Spuren zu folgen?“
Chad betrachtete sie kurz von der Seite. „Um sinnlos Treibstoff zu ve r brauchen?“
„Was meinen Sie mit sinnlos? Es geht immerhin um ein Menschenleben.“
„Mit sinnlos meine ich, dass wir darauf achten sollten, nicht zu viel Trei b stoff zu verbrauchen. Wir wissen nicht, was auf KOR geschehen ist. Es könnte sein, dass wir schnell die Flucht ergreifen müssen.“
„Sagen Sie das jetzt im Ernst oder wollen Sie mir bloß Angst machen?“
„Mein voller Ernst, Miss Hodge“, betonte er. „Wir sind hier zwar erst a n gekommen. Aber finden Sie nicht auch, dass es hier mit sonderbaren Dingen zugeht?“
Maggie holte tief Luft. „In Ordnung, Mr. Kruger, auch auf die Gefahr hin, dass Sie mich für völlig hysterisch halten: A ls ich vorhin mit Sam in der Krankenstation war, um seine Hand zu verarzten, fiel mir die Tür des Oper a tionsraums auf. Sie stand offen. Als ich mich zuvor mit Miss Okada dort aufgehalten hatte, war die Tür geschlossen. Ich schloss also die Tür wieder. Und dreimal dürfen Sie raten, was passierte, als ich die Krankenstation z u sammen mit Sam verließ.“
„Sie stand wieder offen?“
„Das scheint Sie nicht im Mindesten zu erstaunen.“
Chad kannte solche Phänomene zur Genüge. Sie galten als klassisches Be i spiel für Häuser, in denen es spukte. Chad hatte selbst Gebäude dieser Art untersucht. Die Vorgehensweise glich sich wie ein Ei dem anderen. Zunächst maß man die Temperaturen in den verschiedenen Räumen. Häuser beinhalt e ten so etwas wie ein Mikroklima. Durch unterschiedliche Temperaturen konnte es zu Luftbewegungen kommen. Leichtgläubige Personen brachten diese Luftströme in Zusammenhang mit Geistern und Gespenstern. Chad zweifelte, ob es tatsächlich Geister gab. Seine bisherigen Beobachtungen entzauberten die meisten als Spuk deklarierten Phänomene als rein physikal i sche Vorgänge. Dies betraf im selben Maße das Auf- und Zugehen von T ü ren. Um den angeblichen Spuk in einem Haus zu beobachten, stellte man über Nacht Videokameras in den Räumen auf, in der Hoffnung, etwas A u ßergewöhnliches vor die Linse zu bekommen. Das Türphänomen
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