KOR (German Edition)
sie.
„Sind wir hier, um zu streiten oder um das Schicksal Allan Whiteheads zu ergründen?“, schaltete sich Maggie ein. „Sie baten uns um Hilfe, Miss Wh i tehead. Also sollten Sie mindestens so tun, als würden Sie mit uns zusa m menarbeiten. Bisher haben wir einen Mann aus unserem Team verloren. Vie l leicht sollten Sie sich auch erst einmal die Leiche von Deborah Jones ans e hen, bevor Sie sich dazu entscheiden, uns zum Teufel zu jagen oder sich k o operativ zu verhalten. Ich wette, wenn Sie diesen leblosen Körper zu Gesicht beko m men, werden Sie uns anbetteln, Ihren Vater zu finden.“
„Sie sind eine dämliche Lesbe, Miss Hodge. Ich werde niemanden anbe t teln.“
„Ich bin eine Lesbe, aber ich bin nicht dämlich.“
Robert Steele, der die ganze Zeit über schweigend zugehört hatte, stand plötzlich auf. „Sie wissen nicht, was ich miterlebt habe, Miss Whitehead“, rief er sichtlich bewegt. „Sie haben absolut keine Ahnung. Wenn Sie diese une r klärlichen Geräusche mitbekommen hätten, würden Sie jetzt nicht hier he r umstehen und uns beschimpfen.“
Chad fragte sich noch lange nach dem Streit, was dazu geführt hatte, dass Julia Whitehead doch noch einlenkte. War es Steeles nervöser, aber eindrin g licher Appell gewesen? Oder hing es mit Julias unverkennbarer Schizophrenie zusammen? Von einer Sekunde auf die andere wirkte sie wie ein völlig and e rer Mensch. Mit herabgesunkenen Schultern und herunterhängendem Kopf stand sie an derselben Stelle, an der sie gerade eben noch ihr Gift versprüht hatte. Mit einem Mal wirkte sie wie ein eingedellter Ball, der seit Jahren auf einem staubigen Dachboden herumlag. Sie wankte zu ihrem Stuhl, wo sie sich kraftlos niederließ.
Alle Augen richteten sich voller Staunen auf ihre psychische Veränderung. Mit der vorherigen Julia hatte dieses Häufchen Elend nichts mehr zu tun. Chad hätte beinahe Mitleid mit ihr gehabt.
„Mein Vater hinterließ mir eine Nachricht“, begann sie. Aus ihrer Stimme war jegliche Provokation und Angriffslust gewichen. Sie klang erschöpft und traurig. „Unter anderem nannte er mir den Code, mit dem man das Tor öf f nen kann.“
*
„Natürlich komme ich mit“, erwiderte Yui trotzig.
Chad zwängte sich in seinen schwarzen Anorak. „Dein Bein ist nicht in Ordnung. Und du hast keinen zweiten Stiefel.“
„In einer der Mannschaftskabinen gibt es sicherlich Ersatzstiefel.“
„Es ist besser, wenn du hier bleibst“, beharrte Chad . Yui konnte verdammt stur sein. Wenn sie sich etwas in ihren hübschen Kopf gesetzt hatte, hielten sie keine zehn Pferde auf.
Beide standen im Gang vor der Messe. Chad war froh, Arnolds Schweißn o te entkommen zu sein. Nachdem Julia den Code erwähnt hatte, war die En t scheidung schnell gefallen. Chad und die anderen wollte n sofort sehen, was sich hinter dem Tor verbarg. Auf seine Frage hin, ob ihr Allan Whitehead noch etwas mitgeteilt habe, hatte Julia nichts mehr erwidert. Er zweifelte nicht daran, dass Whitehead seiner Tochter noch weitere Informationen übermittelt hatte.
„Die Diskussion hält uns nur auf“, gab Yui zurück.
Zum Glück gesellte sich Maggie zu ihnen. Vielleicht würde sie ja auf die Ärztin hören. Er konnte Yuis Willen nicht länger standhalten.
„Bleiben Sie lieber hier oben, Miss Okada. Vergessen Sie nicht, dass Sie beinahe Ihr Bein verloren haben. Sie brauchen Ruhe.“
„Mir geht es gut.“
Maggie kniete sich hin und drückte mit ihren Fingern gegen das linke Schienbein.
Yui schrie vor Schmerz auf.
„Es geht Ihnen also wirklich gut, nicht wahr?“
„Das war Absicht!“
Maggie erhob sich. „Eher ein spontaner Einfall.“
Wütend starrte Yui von ihr zu Chad , bevor sie kehrt machte und den Flur hinunter in ihr Zimmer humpelte. Spätestens nach einer halben Stunde würde sie sich wieder beruhigt haben. Er kannte Yui seit mehreren Jahren und hatte öfter ein solches Theater miterlebt. Krankheiten und Verletzungen zählten bei ihr zu Bagatellen. Sie würde sich wahrscheinlich auch noch zur Arbeit schleppen, wenn sie im Sterben lag. Man sah es ihr tatsächlich nicht an, doch in Wahrheit war Yui unter ihnen mit Sicherheit die Tapferste.
„Sie ist eine erwachsene Frau, Kruger“, sagte Arnold neben ihm. „Sie bra u chen sie nicht wie ein Kind zu behandeln.“
„Manchmal muss man sie vor sich selbst schützen“, erklärte Chad . „Miss Hodge meint, sie solle sich lieber schonen.“
Arnold lachte. „Als ob Sie jemals auf irgendeinen Arzt gehört
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