KORNAPFELGRUEN
sollte.“
„Reg dich ab, Ruth! Dein Sohn ist erwachsen und kann tun und lassen, was er will. Denk an deine berühmte Freiheit. Die steht auch Raoul zu. Und zum Flughafen bringt dich Richard, Punkt. Mein Wagen ist zur Zeit in der Werkstatt, also muss er eben ran. Ich komme natürlich mit, dann können wir noch gemütlich ein Gläschen trinken auf deinen Urlaub. Mädchen, ich beneide dich um die Woche Griechenland! Ich gäbe was darum, wenn ich dich begleiten könnte.“
Ruth starrte Camilla an.
„Warum machst du es dann nicht einfach? Pack schnell einen Koffer, viel brauchst du dort unten nicht für eine Woche. Und einen Last-Minute-Platz kriegen wir schon am Flughafen für dich, keine Sorge. Notfalls eben in der nächsten Maschine.“
Camilla atmete auf. Fürs erste war Ruth auch vom Thema Raoul abgelenkt.
Dafür machte sich jetzt Camilla Sorgen um ihn, obwohl sie ihn kaum kannte. Es sah beinahe so aus, als sei er tatsächlich letzte Nacht in Sabinas Netze gegangen.
Der Ärmste! Er würde nichts zu lachen haben in nächster Zeit.
Sabina konnte resolut sein wie ein Feldwebel, hatte sie einen erst mal unter ihren Fittichen. Da war dann Schluß mit Lustig! Von wegen Ruths vielgepriesener Freiheit! (Die sie dem eigenen Sohn allerdings auch nur zu gerne entzogen hätte, um ihn so richtig bemuttern zu können)
Raoul würde bald merken, dass er vom eher harmlosen Nieselregen in einen regelrechten Monsun geraten war.
Und Camilla mochte sich wirklich nicht ausmalen, was Ruth erst zu dieser „Konkurrenz“ sagen würde, sollte es sich dabei tatsächlich um Zwilling Sabina handeln!
„Ich würde wirklich gerne mitfliegen, Ruth!“ beteuerte sie rasch, „aber ich habe einen total wichtigen Auftrag ergattert. Der könnte mir den Durchbruch als Werbe-Fotografin bringen.“
„Aber das ist ja wunderbar. Du musst mir später alles genau erzählen. Alex wartet im Übrigen schon auf dich im Wohnzimmer. Der Käfig ist sauber und Futter habe ich auch noch besorgt, ebenso den Vogelsand.“
„Wetterhexe!“ sagte Alex laut und deutlich, als er Camilla erkannte.
„Krakeeler!“ konterte sie schlagfertig.
„Schnepfe!“ krächzte Alex zurück.
„Geht das schon wieder los mit euch beiden?“ fuhr Ruth dazwischen, „großer Gott, nicht einmal in Ruhe in Urlaub fliegen kann man."
„Hau endlich ab!“, krakeelte der Graupapagei.
„Möchte nur mal wissen, woher er all diese Sprüche hat“, wunderte sich Camilla.
Ruth sah sie einen Moment lang verschmitzt an, ehe sie antwortete.
„Na, woher wohl? Er hat jahrelang die netten Gespräche zwischen Felix und mir belauscht. Nee, war ein Spaß! Aber sprachbegabt und intelligent ist der Vogel eben ... Und Felix hat sich einen Spaß daraus gemacht, ihn zu trainieren.“
„Du kannst mich mal!“ schrie Alex.
„Also, ein Womanizer war dein Felix demnach wohl nie!“ stellte Camilla nüchtern fest.
„Was meinst du denn damit?“ - Ruth fühlte sich sichtlich irritiert.
„Ach, nichts weiter. Ist wirklich nicht so wichtig, war nur so ein dummer Spruch von mir“, sagte Camilla schnell. Sie konnte es Ruth nicht erklären, jedenfalls nicht auf die Schnelle.
„Fotografin sind Sie also, das ist ja interessant!“
Fritzi strahlte übers ganze Gesicht, nachdem Camilla ihn auf seiner Parkbank abgelichtet hatte.
„Wissen Sie, ich arbeite da nämlich für so eine Agentur, die suchen zur Zeit gerade jemanden wie Sie. Ich könnte Sie gerne einführen, falls Sie noch Aufträge brauchen.“
„Um was für eine Agentur handelt es sich denn dabei?“ erkundigte sich Camilla vorsichtig, während sie die Kamera in der Tasche verstaute.
Fritzi grinste verschmitzt. Schließlich raunte er: „Senior-Models!“
„Ach, nein!“ – Camilla hob vor Überraschung die Augen und starrte Fritzi ins Gesicht.
„Sicher doch! Als jugendlicher Liebhaber würde ich mich mit meinen 70 Lenzen ja wohl auch eher schlecht machen, oder?“ Fritzi lachte herzhaft und kniff ein Auge zu, wie er es offenbar gerne tat.
„Hören Sie, Camilla, warum kommen Sie nicht einfach kommenden Mittwoch mit mir mit, da muss ich ohnehin in die Agentur. Ich stelle Sie bei der Gelegenheit der Chefin vor, und dann können Sie selbst entscheiden. Einen Versuch wäre es doch zumindest wert, oder etwa nicht? Immerhin geht es dabei auch um Werbe-Fotografie, nur eben mit älteren Modellen, wie ich eines bin. Schließlich kann ein Dreißigjähriger schlecht für eine Zahnprothesenhaftcreme werben“ – wieder
Weitere Kostenlose Bücher