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Kornmond und Dattelwein

Titel: Kornmond und Dattelwein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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des Trockenflußmondes wird die Königin ganz besonders gebraucht, ist es nicht so?«
    Draußen trieben runde, rote Wolken vorüber, so rasch, daß sie bald nicht mehr zu sehen waren. Inanna hörte der Zofe nicht mehr zu. Bald würde die Regenzeit beginnen, und das war gut. Der Fluß war bereits so niedrig, daß die Binsen am Ufer eine braune Färbung annahmen und faulten, und schon vor Tagen hatte das Fischsterben eingesetzt. Gestern war sie mit Seb hinausgegangen und hatte sie gesehen, wie sie angeschwemmt worden waren und jetzt im Schlamm zuckten. Sonderbar, wie Fische sich verfärbten. Zuerst hatten ihre Schuppen noch in allen Farben des Regenbogens geschillert, und ihre Kiemen waren rosafarben und sauber. Aber nach einer Weile verfärbten sie sich braun, die Flossen wurden an den Rändern schwarz, und bald waren sie kaum noch vom Schlamm zu unterscheiden. Und erst der Gestank! Diese Fische rochen so streng, daß niemand Lust verspürte, sie zu verspeisen.
    Wenn das Schilf verfault und die Fische sterbend im Schlamm gefunden werden . . .
Wer hatte diese Worte gesagt? Etwas wie ei eisiger Flügel schien sie zu streifen, und sie hatte das Gefühl, jemand verschwände rasch um eine Ecke, bevor sie ihn richtig er kennen konnte. Dann war alles wieder ruhig, sie saß in ihrem vertrauten Gemach, durch das offene Fenster schien die Sonne, und der Morgen war so normal wie die anderen auch.
    »Was ist mit Euch,
Joyta?
«
    »Nichts.« Der Himmel war von einem makellosen Blau, und das Sonnenlicht fiel durch die Schlitze und breitete sich wie ein Gold. regen über ihrem Gewand aus. Sie machte sich zu viele Sorge und arbeitete zuviel. Sie brauchte mehr Zeit für sich selbst. Viel leicht sollte sie weder die Kaserne noch die große Halle aufsuche sondern statt dessen den ganzen Tag mit Alna verbringen.
    Genau das wollte sie tun. Sie würde mit Alna vor den Stadtmaue wilde Beeren sammeln. Die Früchte waren reif, waren groß, süß und saftig. Nun ja, viele Beeren fanden sich nur selten in Alna Korb. Seb würde natürlich auch mitkommen, und wenn es zu Beerenpflücken zu heiß geworden war, würden sie im Schatte einer großen Weide eine Mahlzeit zu sich nehmen. Honigkuchen und Datteln. Und danach ein Nickerchen machen und in der Nachmittagssonne dösen, bis sie am Abend von den Moskitos vertrieben würden.
    »Sag dem Spielzeugmacher, er soll zu mir kommen«, befahl si einer der Wärterinnen.
    Die Frau lachte und salutierte. »Wird sofort erledigt,
Muna.«
Sie wollte Alna etwas Besonderes schenken. Inanna erinnerte sich daran, wie Lilith ihr Puppen aus Wolle gebastelt und Eicheln al Augen eingesetzt hatte. Was für anderes Spielzeug hatte sie in ihrer Kindheit besessen? Sie entsann sich dunkel an eine Miniaturspindel und an einen Zierkamm, der genau in ihre Handfläch gepaßt hatte. Und dann war da noch das kleine Beil gewesen, mit dem sie ganz allein Feuerholz hatte hacken dürfen. Nein, sie hatte das Holz schlagen müssen. Enshagag war immer der Ansicht gewesen, Kinder sollten ihre Zeit nicht mit Spielen vergeuden.
    »Seid gegrüßt,
Joyta.«
Der Spielzeugmacher war ein alter Mann und von so gebeugter Haltung, daß er kaum den Kopf hoch genug heben konnte, um Inanna ins Gesicht zu sehen. Während er seine Waren auf einem Tisch ausbreitete, gluckste er in einem fort, so als sei jedes einzelne Stück eine Überraschung für ihn.
    Kleine Ochsen, Boote von der Größe einer Tasse, Schweine und Vögel aus gebranntem Ton, bunte Murmeln, eine Pfeife, ein Reifen, eine kleine Trommel mit einem Besatz aus Kaurimuscheln und vielfarbige, hochglänzende Steine. Inanna betrachtete lange die Kollektion und entschied sich dann endlich für einen Tonvogel, an dessen Flügeln echte Federn angebracht waren; obwohl Alna sie wahrscheinlich binnen einer Minute abgerissen haben würde.
    »Eine ausgezeichnete Wahl,
Muna.«
Der Alte war fröhlich. Inanna drückte ihr Siegel in die feuchte Tontafel, die er ihr entgegenhielt, und schickte ihn ins königliche Vorratslager, damit er sich dort zur Entlohnung sein Viertelmaß Weizen abholen konnte.
    Es war immer noch angenehm kühl, als sie durch die Gänge und Hallen hinauf zu Alnas Zimmer eilte. Vielleicht war die ärgste Hitze nun endgültig vorüber. Sie ertappte sich dabei, wie sie sich schon auf den Winterregen freute. Und dann entdeckte sie die Dienerin, die vor Alnas Tür stand. Ihr normalerweise fröhliches Gesicht war nun weiß wie Kalk.
    »Wir wollten gerade nach Euch schicken, Muna.« Hinter der

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