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Kornmond und Dattelwein

Titel: Kornmond und Dattelwein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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Frau war alles in Unordnung. Männer und Frauen rannten ständig ins Zimmer hinein und wieder hinaus und brachten Schüsseln mit warmer Suppe oder kaltem Wasser.
    »Was ist denn los?«
    Die Dienerin starrte auf ihre Füße und mied Inannas Blick. Die Worte kamen ihr langsam und furchterfüllt über die Lippen: »Das Kind fühlt sich nicht besonders gut, anders gesagt...«
    Al na war krank. Diese Narren, warum hatten sie nicht schon viel früher nach ihr geschickt? Inanna schob sich an der Dienerin vorbei. Alna lag zusammengerollt in dem Kinderbett, und ihre Wangen waren vom Fieber gerötet. Heiße, trockene Haut, wunde Stellen rund um den Mund und lautes, schweres Atmen wie bei einem Blasebalg. Als Inanna dieses Ächzen und Schnauben hört, schnürte sich ihr die Kehle von ganz unten an zu.
    »Wie lange ist sie schon krank?« Wut in der Stimme, und noch mehr Furcht.
    Die Kinderschwester faltete ihre dicken Finger und spreizte sie im selben Augenblick wieder. Sie starrte Inanna voll ungeschminktem Schreckens an. »Noch nicht sehr lange, Muna. Noch gar nicht lange. Ich bin eben erst gekommen, um sie zum Morgenbad abzuholen. Kaum im Zimmer angelangt, hörte ich sie schon keuche und als ich an ihrem Bett stand, war sie ganz ... war sie ganz steif und blau angelaufen. Aber nun ...« Sie zeigte auf das Baby, so wollte sie Inanna davon überzeugen, daß zu großer Besorgnis kein Anlaß bestand. »Die Blaufärbung ist nun verschwunden, wie Ihr sehen könnt.«
    Auf dem Tisch neben dem Kinderbett stand ein Krug mit Wasser und auf dessen Oberfläche schwammen schwarze Flecken. » Habt ihr Alna davon zu trinken gegeben?«
    »Ja.«
    »Von wo stammt das Wasser her?«
    »Ich weiß nicht, vom Fluß vermutlich.«
    »Und wer hat es gebracht?«
    »Ein alter Mann, Muna. Ich habe ihn noch nie zuvor gesehen. erklärte, unser Wasserträger sei krank geworden.«
    Inanna warf den Krug um, und er zerbrach. Wasser spritzte auf ihn Gewand. Schmutziges Wasser mit einem fauligen Geruch. »Wie konntet ihr meinem Kind solchen Unrat zu trinken geben?« »Aber es sah ganz sauber und frisch aus,
Muna.«
    Alna trat um sich und fing furchtbar an zu schreien. Das Flußfieber, der
Tod,
wie die Königin es genannt hatte.
Jeder hat jemand verloren. Du kannst dir gar nicht vorstellen... Mütter, die
ihre
gestorbenen Kinder beweinten... Die Bestattungsfeuer haben wochenlang gebrannt.
    Inanna nahm Alnas Hand und drückte sie an ihre Wange. heiß die kleinen Finger waren! Panik wogte in ihr auf, und drohte darin zu ertrinken.
    »Raus mit dir!« schrie sie die Kinderschwester an. Die Frau floh aus dem Zimmer. Inanna hob Alna aus dem Bett und wiegte sie in ihren Armen. »Ist ja schon gut, Kleines, nicht weinen.« Das Schluchzen des Kindes erstarb allmählich, und Inanna beruhigte sich wieder etwas. Ich darf mich nicht der Panik hingeben, sagte sie sich, denn ich muß nachdenken. Vielleicht ist sie ja gar nicht vom Flußfieber befallen. Es könnte ein Fluch sein wie der Bann, den Rheti über die Königin gelegt hat. Inanna griff in ihre Tasche und spürte den Wandelstein. Wieviel Macht besitze ich eigentlich? Genug, um damit meine eigene Tochter zu retten? Sie legte Alna ins Kinderbett zurück und befühlte mit der Hand die Stirn des Kindes. »Laß mich wissen, was meiner Tochter fehlt«, betete sie, auch wenn sie nicht wußte, an welche Gottheit sie sich wenden sollte. lind dann schloß sie die Augen und dachte an nichts ...
    Als sie die Augen wieder öffnete, wußte sie, daß Alna vom Flußfieber befallen war und sterben würde.
    Das wollte sie unter keinen Umständen zulassen. Sie dachte an Enkimdu, wie krank er von den Wunden gewesen war, die die Wilden ihm zugefügt hatten. Auch Enkimdu war dem Sterben nahe gewesen, aber sie hatte ihn zurückgerissen und am Leben erhalten. Wie war ihr das damals gelungen?
    Dann erinnerte sie sich an die Blumen.
    Draußen saß die Kinderschwester auf einer Bank und sah kummervoll nach unten. Als sie Inanna bemerkte, sprang sie sofort hoch.
    »Halte das Kind gut eingepackt«, befahl die
Joyta.
»Und wenn es Durst hat, gibst du ihm
sauberes
Wasser, hast du mich verstanden?« Sie rauschte an ihr vorbei und dachte noch an die Stufen und Gänge, die sie zu ihren eigenen Gemächern zurückzulegen hatte. Wie lange würde sie wohl brauchen, dorthin zu gelangen und wieder hierher zurückzukehren?
    »Ja,
Muna.«
Die Kinderschwester war zwar gutwillig, erkannte Inanna, aber etwas einfältig.
    »Sollte dir noch einmal ein solcher Fehler

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