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Korona

Korona

Titel: Korona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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versetzte dem schnittigen Fahrzeug einen kräftigen Stoß. K’baa trimmte das Segel quer zum Wind. Der Stoff wölbte sich, dann wurde das Schiff merklich schneller. Mit zunehmender Geschwindigkeit ließen sie die Heimatinsel hinter sich und steuerten in die endlose Weite des Bernsteinmeeres hinaus.
    Ray konnte nicht umhin, die Eleganz ihres Fahrzeugs zu bewundern. Welch ein Unterschied zu den klobigen Pötten, mit denen die G’ombe sonst zu fliegen pflegten. Die Affen waren Landbewohner. Ihnen ging es gegen den Strich, in einem schaukelnden Holzstück herumzuschippern, mit nichts als ein paar dünnen Planken unter dem Hintern. Der Wind und die endlose Weite bereiteten ihnen Unbehagen. In dieser Hinsicht waren sie ganz anders als ihre Erzfeinde, die Kitarer. Nach allem, was Ray über sie erfahren hatte, waren sie die geborenen Luftschiffer. Sie liebten das Tempo, die Geschwindigkeit und das Risiko. Für sie gab es nichts Schöneres, als auf dem Wind zu reiten und den Sturm zu zähmen. Diese dünne Konstruktion aus Stoff und Holz erzählte mehr über ihr Wesen und ihren Charakter, als Bücher es je vermocht hätten. Nur eine kleine Bewegung des Ruders und das Schiff änderte sofort seine Richtung, eine kleine Verlagerung des Gewichts und der Bug tauchte ab. Ray merkte bald, dass K’baa sich furchtbar schwertat, das nervöse Fahrzeug im Griff zu behalten. Seine Bewegungen waren zu grob und tapsig, und so tanzte das Schiff wie ein Stück Papier im Luftstrom hin und her.
    Eine Weile sah er tatenlos zu, dann hielt er es nicht mehr aus. Sanft legte er seine Hand auf die Pranke des Affen.
    »Lass mich mal versuchen.«
    K’baa blickte ihn skeptisch an.
    »Mach dir keine Sorgen. Ich habe dir lange genug zugesehen. Ich glaube, dass ich weiß, was ich zu tun habe.«
    K’baa ließ ein abfälliges Schnauben hören.
    »Nun komm schon«, sagte Ray. »Schlechter als du kann ich es auch nicht machen. Abgesehen davon: Was ist, wenn wir einer Patrouille in die Hände fallen? Glaubst du nicht, die schöpfen Verdacht, wenn ein G’ombe das Steuer hält?« Er nahm seinen Block und seinen Bleistift, die er stets in einer Tasche bei sich trug, und zeichnete das Symbol für Kitara und Patrouille.
    K’baa betrachtete die Zeichnung, kratzte seine Stirn und stieß dann ein Grunzen aus. Er rückte etwas zur Seite und überließ ihm das Ruder.
    Ray griff nach dem Steuerknüppel und machte eine kleine Lenkbewegung gen backbord. Sofort kippte das Schiff. Es bockte, tauchte ab und ging dann in eine langgestreckte Linkskurve. Das Segel knatterte. Ray wollte das Schiff zurück auf seinen ursprünglichen Kurs lenken, doch die Bewegung geriet zu stark und das Schiff übersteuerte. Mit einem hässlichen Knarren kippte es auf die entgegengesetzte Seite. K’baa gab ein amüsiertes Schnauben von sich.
    »Nur die Ruhe, Dicker«, sagte Ray. »Wäre doch gelacht, wenn ich das nicht hinbekomme.« Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. Das sah doch einfacher aus, als es war.
    Nach einigen weiteren Versuchen hatte er den Bogen raus. Ruhig wie ein Delphin, der durch das Wasser schnellt, glitt das Schiff durch den Äther. Ray wurde sicherer und verzurrte das Ruder mit einem Seil. »Perfekt ausbalanciert«, sagte er. »Na, was sagst du jetzt?«
    K’baa verschränkte die Arme und tat so, als würde er die Aussicht genießen. Lächelnd griff Ray in die Schachtel mit den Samen des
Koon-Baumes.
Er knackte die Schote und steckte sich einen der süßen Kerne in den Mund. Der Duft von Zimt und Nelken stieg ihm in die Nase. »Auch eine?«, fragte er seinen Freund, doch K’baa ignorierte ihn.
    Zufrieden ließ er seinen Blick über das Schiff schweifen. Vor ihnen lagen einige Flugstunden. Zeit genug, um einer Frage nachzugehen, die ihn schon seit ihrer Ankunft in dieser Welt beschäftigte.
    »K’baa?«
    Der Affe drehte seinen Kopf um eine Nuance.
    »Möchtest du nicht doch eine Koon? Ich habe hier eine, die besonders lecker aussieht.«
    K’baa kratzte sein Hinterteil und tat so, als habe er Ray nicht verstanden. Ray verdrehte die Augen. Wenn die G’ombe mal beleidigt waren, dann aber richtig. Er schien Ray immer noch übelzunehmen, dass dieser besser flog als er selbst.
    »Komm schon. Ich würde dir wirklich gern eine Schote schälen, wenn du aufhörst, mir den Rücken zuzudrehen. Also, was ist?« Er wusste, dass es für die Primaten mit ihren dicken Wurstfingern ein schier unlösbares Problem darstellte, eine Koon zu schälen, ohne dabei die Hälfte der Samen

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