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Korona

Korona

Titel: Korona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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diese Statue nicht gesehen. Irgendetwas an ihr hat mich zutiefst beunruhigt. Sie sah aus wie etwas, das wirklich existieren könnte.« Sie klatschte sich auf die Oberschenkel, dann stand sie auf. »Na schön. Wir werden nichts herausfinden, wenn wir hier nur herumsitzen und debattieren. So ungern ich das auch tue, aber ich muss noch einmal zurück in diese Hütte. Ich werde die Hexenmeisterin bitten, uns den Weg zu den Ruinen zu zeigen und sie bei der Gelegenheit auch nach etwas Proviant fragen. Wir müssen dringend unsere Vorräte auffrischen. Ray hat recht, dieses Trockenfutter macht auf Dauer niemanden glücklich.«
     
    Der Nachmittag war bereits fortgeschritten, als die Gruppe unter der Führung einiger Bugondemänner die Schlucht erreichte. Der Himmel war grau. Vereinzelt fielen Tropfen. Ray fühlte, dass er am Ende seiner Kräfte war. Der lange Weg ins Tal, die Ersteigung des Schamanenfelsens und jetzt noch der Weg durch den dichten Bergwald. Da halfen auch die Träger nichts, die ihnen den Proviant auf das Hochplateau trugen. Er sehnte sich nach etwas zu essen, seinem Zelt und seinem Schlafsack. Einfach die Augen schließen, und sei es nur für eine halbe Stunde. Doch noch war es nicht so weit. Erst mussten sie noch diese Schlucht überqueren, die sich wie ein gewaltiger Riss quer über ihre Marschroute legte. Der einzige Weg hinüber führte über eine wackelige Hängebrücke, die jemand vor Urzeiten hier errichtet hatte.
    Vorsichtig trat er an den Abgrund und spähte hinunter. Tief unter ihnen rauschte der Kitandara.
    »Da wären wir also«, sagte Karl. »Und wie geht’s jetzt weiter?«
    »Dumme Frage«, erwiderte Dan. »Natürlich da rüber. Irgendjemand, der sich freiwillig meldet?«
    Karl verzog den Mund zu einem ironischen Grinsen. »Wie wär’s, wenn du mit gutem Beispiel vorangehst?«
    Dan winkte ab. »Lassen wir doch die Träger zuerst rüber«, sagte er. »Sie sind von uns allen am leichtesten.«
    »Ja, sehr nett«, erwiderte Karl. »Wenn sie abstürzen, dann trifft es wenigstens keinen von uns, meintest du das?« Er verdrehte die Augen. »Also ich für mein Teil würde mir diese Wackelpartie gern ersparen und einen anderen Weg wählen. Frag doch mal, ob es noch eine andere Möglichkeit gibt, rüberzukommen.«
    Amy übersetzte die Frage, erntete jedoch nur Kopfschütteln. Schlimmer noch, die Träger begannen, ihre Taschen und den Proviant abzusetzen. Dan stemmte die Hände in die Hüften. »Was hat das jetzt wieder zu bedeuten?«
    Die Biologin fragte die Träger. Deren Antwort überraschte sie nicht. »Endstation«, sagte sie. »Auf der anderen Seite beginnt das Gebiet der N’ekru. Die Männer wollen auf keinen Fall über die Brücke gehen. Wir müssen wohl oder übel allein hinüber.«
    »Ohne mich«, protestierte Karl. »Seht euch bloß mal an, wie alt das Teil ist. Die Stricke reißen doch, wenn man sie nur schräg anschaut. Und ich bin ja nicht eben ein Fliegengewicht.«
    »Das fällt dir jetzt ein«, lästerte Dan.
    Karl wischte den Schweiß von seiner Stirn. »Wenn es keinen anderen Weg auf die andere Seite gibt, dann gute Nacht.«
    Ray hatte endgültig genug. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, schnappte er sein Gepäck, stellte seinen Fuß auf die erste Sprosse und marschierte los. Die hölzernen Planken ächzten und knarrten. Aus der Nähe betrachtet wirkten sie noch viel instabiler als vorhin bei der oberflächlichen Inspektion. Manche von ihnen waren so dünn, dass sie durchzubrechen drohten. Tief unter ihm war der Fluss zu sehen. Kaum mehr als ein schmales blaues Band inmitten der schwarzen Bäume. Ein Schwarm kleiner Papageien flog kreischend unter seinen Füßen auf. Ihre Flügel blitzten kurz auf, dann verschwanden die Vögel aus seinem Blickfeld und wurden von der Dunkelheit des Bergwaldes geschluckt.
    Ray beschleunigte seinen Schritt und gelangte ohne Probleme auf die andere Seite. Dort stellte er die Tasche ab und kam wieder zurück. Mit einem knappen Lächeln in Dans Richtung sagte er: »Melde gehorsamst, Brücke gefahrlos passierbar.« Überraschtes Schweigen schlug ihm entgegen. Amy sah aus, als wisse sie nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. »Du verdammter … gut gemacht, Ray. Immerhin hast du uns damit eine lange Diskussion erspart, auch wenn das jetzt schon die zweite waghalsige Aktion war. Ich kann nur hoffen, dass das nicht zur Gewohnheit wird.«
    Er zwinkerte ihr zu. »Ich werde versuchen, mich am Riemen zu reißen, einverstanden?« Ihm war nicht entgangen, dass

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