Korona
sagte sie. »Ich wollte Euch nicht verärgern.«
»Teufel«, fluchte die Schamanin.
»Meint Ihr mich?«
Die Alte tat so, als wische sie eine lästige Fliege beiseite. »Soldaten immer schlecht. Mischen sich ein, drohen mit ihren Gewehren. Fluch soll sie alle treffen.« Sie spuckte aus.
Amy versuchte angestrengt, die Puzzlesteine zusammenzusetzen. Nicht ganz einfach, mit so wenig Informationen. Fest stand, die Soldaten waren hier gewesen und hatten sich ganz offensichtlich in die inneren Angelegenheiten der Bugonde eingemischt. Es musste ihnen aufgefallen sein, wie sehr der männliche Teil der Bevölkerung in dieser Gegend unterdrückt wurde. Die Unterernährung und die Verstümmelungen sprachen eine deutliche Sprache. Solche Praktiken waren strafbar, selbst vor dem Hintergrund, dass es in Uganda ein Gesetz zur Wahrung der Traditionen gab. Ob der Offizier mit Konsequenzen gedroht hatte, darüber konnte man nur spekulieren, doch zumindest hatte es ausgereicht, um die Hexenmeisterin zur Weißglut zu treiben. Kein besonders guter Ausgangspunkt für weitere Annäherungen. Wenn sie etwas über Will herausbekommen wollte, musste sie den direkten Weg gehen. Auf Umwegen würde sie hier nichts erfahren.
»Wir sind auf der Suche nach einem Freund«, sagte sie geradeheraus. »Es könnte sein, dass er vor etwa zwei Monden in diese Gegend gekommen ist. Die Soldaten haben uns mitgeteilt, er sei in dieser Gegend gesehen worden, kurz bevor das große Unwetter kam. War er hier? Können Sie mir sagen, was aus ihm geworden ist?«
Die Alte beendete ihr Selbstgespräch und hob ihren Kopf. Ihre blinden Augen starrten Amy an. Für einen Moment huschte ein Ausdruck von Erstaunen über ihr Gesicht, dann wich er einem verstörenden Lächeln.
»Burke.«
17
R ay blickte auf die Uhr. Die beiden Frauen waren nun schon beinahe eine Stunde in der Hütte und immer noch war kein Zeichen von ihnen zu sehen. Langsam wurde er nervös. Er steckte sein Skizzenbuch zurück in die Tasche, stand auf und wollte gerade zum Eingang gehen, als der Vorhang in Bewegung geriet. Er hörte ein Husten, dann trat Amy ins Licht. Irritiert blieb sie stehen und schaute in die Runde. Sie hatte sichtlich Schwierigkeiten, das Gleichgewicht zu halten. Mellie folgte ihnen, nach Atem ringend. Beide Frauen wirkten schwer angeschlagen. Sofort war er bei ihnen.
»Kommt, setzt euch.« Er führte sie zu Dan und Karl und bot ihnen eine Sitzgelegenheit an. »Alles klar?«
»Das hat ja gedauert.« Karls Stimme klang vorwurfsvoll. »Was habt ihr da drin nur so lange getrieben?«
»Habt ihr irgendetwas herausgefunden?«, fing jetzt auch Dan an. »Was ist da drin geschehen? Nun redet doch.«
»Wie wär’s, wenn ihr ihnen mal etwas Zeit lasst?« Ray reichte Amy die Wasserflasche. »Ihr seht doch, dass sie noch völlig benommen sind.«
Sie nahm einen Schluck und reichte das Gefäß an Mellie weiter. »Ist schon in Ordnung …« Die Biologin verstummte und befreite ihren Hals mit einem Räuspern. »Junge, war das eine Luft da drin. Ich fühle mich, als hätte ich einen über den Durst getrunken.«
»Vermutlich dieses seltsame Räucherwerk«, warf Mellie ein. Sie rieb ihre Augen und atmete ein paarmal tief durch. »Ich glaube, die verbrennen da drin irgendwelche Drogen. Ich habe immer noch weiche Knie.«
»Eines ist jedenfalls sicher«, sagte Amy. »Der Offizier hat sich nicht geirrt.«
»Dann sind William und seine Leute tatsächlich hier durch gekommen?«
Amy nickte. »Die Alte sagte, dass er und seine Leute kurz vor dem Sturm kamen. Auf meine Frage, wohin er gegangen sei, antwortete sie ausweichend. Erst wollte sie wissen, ob ich seine Frau sei, dann sagte sie, dass kein Mann so viel wert sei, um sich für ihn in Gefahr zu begeben. Als ich nachhakte, sagte sie, er sei fort und würde nicht wiederkehren.«
»Na toll«, sagte Karl. »Und wohin ist er gegangen?«
»Hab ich auch gefragt. Ihre Antwort:
Er ist auf der anderen Seite. Ihr könnt ihm nicht folgen.«
Sie blickte in die Runde. »Könnt ihr damit etwas anfangen?«
Über Dans Gesicht huschte ein Lächeln. »Vielleicht. Während ihr da drin Pot geraucht habt, habe ich die Karte studiert und mir das Gelände oberhalb dieses Plateaus angesehen. Die Gegend da ist recht interessant. Die Hochebene wird von einem Fluss durchschnitten, der das Gebiet in zwei Hälften teilt. Was jenseits des Flusses zu finden ist, kann ich nicht genau sagen, den Eintragungen nach zu urteilen ist dort so etwas wie ein Felsenlabyrinth. Es
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