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Korrupt (German Edition)

Korrupt (German Edition)

Titel: Korrupt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Kviby
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Das ist nur wegen der recht frei auslegbaren Regeln innerhalb des British Commonwealth möglich. Waren, die von Indien nach Großbritannien verschifft werden, müssen nicht verzollt werden!» Ruben Martinez lachte wieder. In der Leitung war es still, aber er wusste, dass Johan Droth zuhörte und nur etwas sagte, wenn es unbedingt nötig war.
    «Dieser Transport ist also im Großen und Ganzen risikolos», fuhr er fort. «In England wird alles neu beschriftet im Hafen. Wenn die Möbel beispielsweise in Montreal eintreffen, sieht es so aus, als kämen sie aus England und nicht aus Thailand. Das macht die Fracht in den Augen der kanadischen Grenzbeamten natürlich weniger verdächtig. Diese Vorgehensweise war nahezu perfekt, aber vor einigen Jahren traten zwei Probleme auf. Die italienische Polizei hat Scotland Yard darauf aufmerksam gemacht, wie viel Heroin via England in die USA gelangt ist. Außerdem sind die Engländer inzwischen auch auf den Geschmack gekommen, und nur noch ganz wenig wurde in die USA weitergeleitet. Das Syndikat in New York ist quasi leer ausgegangen, und die Sizilianer haben mehr denn je mit dem verdient, was sie auf den Straßen von London verkauft haben. Daraus folgten zwei Probleme, und jetzt wird es interessant. Zum einen hatte das Syndikat jetzt kein Heroin mehr, um es auf den Straßen in New York zu verkaufen, zum anderen wurden die sizilianischen Familien mit jedem Tag reicher und mächtiger. Es fand also, was die Kontrolle des globalen Drogenhandels angeht, eine größere Machtverschiebung statt, und zwar von den USA nach Sizilien.» Ruben Martinez hielt inne. «So sieht es aus. Die Antwort auf deine erste Frage: Ja, es stimmt, dass es eine Anfrage des Syndikats in New York gibt. Dann fragst du dich natürlich: Wozu brauchen die das Geld?»
    Johan Droth schwieg.
    «Meine Vermutung lautet, dass das Syndikat in New York eigene Bezugsquellen im Goldenen Dreieck oder im Goldenen Halbmond etablieren will. Sie streben die Unabhängigkeit von den Sizilianern an. Das kostet sehr viel Geld. Dieses Geld haben sie im Augenblick nicht. Sie müssen sich das Geld also bei jemandem leihen, der nicht fragt, wozu sie es brauchen. Dafür zahlen sie sehr hohe Zinsen. An jemanden, der über große Summen verfügt und nicht zu viele Fragen stellt. Mehrere durchschnittliche Kreditgeber haben sicher schon abgewinkt, vermutlich, weil es politisch riskant ist, neue Vertriebswege zu schaffen, die Sizilien ausschließen. Es besteht die Gefahr, dass ein Krieg ausbricht, was die Rückzahlung der zehn Millionen erschweren könnte.»
    «Das Syndikat in New York will also mit dem Geld eine neue Route für den Drogenhandel finanzieren. Wenn sie den Kredit nicht bekommen, wird sich ihre Macht noch weiter verringern. Habe ich das richtig verstanden?»
    «Ja. Das entspricht auch meiner Annahme.»
    «Das war auch das, was ich geglaubt habe.»
    «Und was soll ich tun?»
    «Die Augen offen halten und dich umhören», antwortete Johan Droth, legte auf und verließ das Zimmer.
    10
    Annie erbrach sich ins Waschbecken, dass es an die weißen Fliesen hinter dem Seifenspender spritzte. Sie stützte sich ab, drehte das Wasser auf und übergab sich erneut. Schlechter Kaffee und Toast. Trauer und Ekel.
    Sie setzte sich auf die Toilette und atmete zehn Minuten lang tief durch. Dann spülte sie ihren Mund aus und entriegelte die Tür. Sie stand eine Weile im Dunkeln, ehe sie den Raum verließ. Als wartete sie darauf, dass ihr jemand die Tür öffnete. Vielleicht würde sie an einem völlig anderen Ort rauskommen. Vielleicht war alles nur ein Traum. Und sie würde aufwachen.
    Annie öffnete die Tür und hörte das gedämpfte Gemurmel der Redaktion. Die Wirklichkeit. Ihr Make-up war verschmiert, ihre Augen glänzten, und diejenigen, die ihr nachblickten, als sie ein Besprechungszimmer betrat, glaubten vermutlich, ihre Beurlaubung hätte sie derart aus der Bahn geworfen. So wurde sie eingeschätzt: Sie war schonungslos, nahm sich aber auch alles sehr zu Herzen.
    Sie rief zu Hause an. Max ging nicht an den Apparat. «Verdammt, Max, heb schon ab!» Sie war sich ziemlich sicher, dass er noch zu Hause war, dass er mit Kopfhörern im Wohnzimmer stand, verschwitzt und mitten in einem Stück, das sie nicht verstand. Sie rief nochmals an. Erfolglos. Sie schaute auf die Uhr, wählte die Nummer seines Clubs und ließ es zwanzig Mal klingeln. Vergeblich.
    Beruhige dich, dachte sie. Ordne alle Fakten. Atme tief durch. Sie sah sich um und nahm einen

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