Korrupt (German Edition)
Droth nickte. «Besteht das Risiko, dass eine Verbindung zu mir hergestellt wird?»
«Das halte ich für ausgeschlossen. Wir haben die Sache den Umständen entsprechend perfekt gehandhabt.»
«Gut», meinte Droth, und sein Blick glitt einen Moment ins Leere. «Aber dieser Artikel über den Club existiert immer noch und kann uns, je nachdem, wie sich die Dinge entwickeln, Scherereien einbringen. Wie ist es überhaupt möglich, dass so etwas erscheinen konnte?»
«Laut unserem Mann vor Ort hat sie den Artikel auf eigene Faust gebracht, ohne ihn absegnen zu lassen. Sie hat ihn reingeschmuggelt, kurz bevor die Ausgabe in Druck ging. Das ist erst am nächsten Morgen bemerkt worden. Daraufhin wurde sie beurlaubt. Bis die Angelegenheit untersucht worden ist, heißt es.»
«Daraus lässt sich schließen, dass sie wirklich davon überzeugt ist, dass der Club Prostituierte beschäftigt. Wahrscheinlich wollte sie eine Reaktion provozieren und war sogar bereit, dafür ihren Job zu riskieren. Sind wir uns sicher, dass der Club einer Überprüfung gewachsen ist?»
«Wie gesagt: Kannst du dir vorstellen, dass jemand von uns darin verwickelt sein könnte?»
«Sind dir irgendwelche Kommentare von den anderen über den Artikel zu Ohren gekommen?»
«Nein, nur dass sie es sehr unangenehm finden, dass der Club mit solchen Dingen in Verbindung gebracht wird.»
Da Johan Droth niemals das Skelett im eigenen Schrank vergessen würde, drängte sich ihm die Frage auf, ob es Annie Lander nicht vielleicht auf ihn abgesehen hatte. Oder war sie wirklich auf eine Verbindung zwischen dem Herrenbund und den ermordeten Frauen gestoßen? War es möglich, dass sich solche Dinge ohne sein Wissen im Club zutrugen?
«Um ganz sicherzugehen, Martin, und unangenehmen Überraschungen vorzubeugen: Gibt es irgendjemanden, der uns mitteilen könnte, was Lander weiß und worauf sie hinauswill?»
«Die Polizei hat ihre Unterlagen von der Redaktion erhalten, und mein Kontaktmann hat mir eine Kopie zukommen lassen. Landers These fußt auf der Aussage einiger Personen, mit denen man vielleicht reden sollte. Es handelt sich bei diesen Personen», er räusperte sich, «um Freudenmädchen. Insbesondere eine junge Frau ist interessant, aber die Gruppe, die ich auf sie angesetzt habe, ist noch nicht fündig geworden. Das ist allerdings nur eine Frage der Zeit, Stockholm ist eine kleine Stadt, wenn man sich verstecken will.»
«Gut, Martin. Es wäre mir recht, wenn du Augen und Ohren offen halten und auch die Reaktionen der anderen beobachten würdest. Es wäre widerwärtig, wenn an dem, was sie schreibt, etwas dran wäre. Sollte es einen Verrückten in unseren Reihen geben, muss er weg. Verstanden?»
Martin Hellsten nickte. «Verstanden.»
Johan Droth klopfte mit seinem Tennisschläger auf den Boden. «Du bist ein guter Berater, Martin, ein besserer Berater als Tennisspieler. Und gegen beides habe ich nichts einzuwenden.»
3
Die Herbstsonne schien vom Nybroviken und tauchte das kräftige Rot in echtes Gold, färbte falsche Zähne weiß und die letzte Sommerbräune orange. Die Glasveranda war zum späten Lunch voll besetzt, und die Kellner blinzelten in ihren schwarzweißen Livreen gegen die Sonne.
Vitomir Jozak trug das Gleiche wie die anderen Männer im Raum, ein zweireihiges, dunkles Jackett und ein weißes Hemd ohne Schlips. Aber ihre Garderobe stammte von verschiedenen Herrenausstattern. Vitomir Jozak hatte seine Kleidung nicht einmal gekauft. Er betrachtete seinen Anwalt Henrik Olsson, der ihm gegenübersaß, und strich mit dem Finger über das weiße Damasttischtuch. Er hatte genügend Geld, um alle seine Mahlzeiten in diesem Lokal einzunehmen, aber er tat es nicht, aus dem einfachen Grund, weil ihm das Essen nicht schmeckte. Henrik hatte das Lokal ausgesucht. Ihm gefielen Restaurants wie dieses, in denen Männer mit Marbella-Bräune und nasalen Stimmen verkehrten. Ihre Frauen gingen alle zum selben Friseur oder hatten im selben vornehmen Viertel eine Boutique. Vielleicht arbeiteten sie auch als Sekretärin in einer Botschaft. Vitomir mochte Henrik, hasste aber die Leute, die ihn beneideten. Während seiner ersten Zeit in Schweden pflegte Vitomir Reportagen über Promifeste in Illustrierten zu lesen und dann bei denen einzubrechen, die am wohlhabendsten wirkten und die schlechteste Alarmanlage hatten. «Hallo, ihr verdammten Schwanzlutscher», hätte er am liebsten gesagt. «Ich habe mit euren Juwelen meine Nutten bezahlt, und ich sorge dafür, dass
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