Korrupt (German Edition)
starrte auf die Tischplatte und schüttelte den Kopf. «Gratuliere zu einem weiteren guten Geschäft.»
«Danke.»
Er blickte auf. «Wenn die Rechtsanwaltskammer davon erfährt, kann sie entsprechende Maßnahmen ergreifen, das ist dir doch klar?»
«Natürlich. Aber was wollen die schon groß machen?»
«Sie können mich verwarnen, ein Bußgeld verhängen, mich schlimmstenfalls aus der Rechtsanwaltskammer ausschließen, was zur Folge hätte, dass ich mich nicht mehr Rechtsanwalt nennen darf.»
«Das Bußgeld zahle ich. Versprochen. Wie gesagt: Ich werde reich, du wirst reich. Wir haben gerade erst angefangen, Henrik. Die Clubs sind nur ein Teil. Wir haben viele Eisen im Feuer und viele Leute, die für uns arbeiten.»
«Will ich wissen, welche Arbeiten diese Leute verrichten? Oder ist es besser, wenn ich die Augen schließe und mir die Ohren zuhalte?»
Vitomir beugte sich vor. «Du bist auf meiner Seite. Was diese Kammer von deinem Treiben hält, ist mir egal. Aber ich brauche einen Anwalt. Wenn du kein Anwalt mehr bist und nicht mehr für mich arbeiten kannst, muss ich mir einen anderen suchen. Das Beste ist also, einfach zu tun, was ich sage, ohne zu viel zu fragen oder auf andere zu hören. Nicht, weil ich dir nicht vertrauen würde, sondern deinetwegen. Wenn du genauso schuldig bist wie wir, kannst du uns nicht mehr von Nutzen sein, nicht wahr?»
«Stimmt absolut.»
«Dann lass uns jetzt bestellen. Ich habe Hunger.»
«Noch eine Kleinigkeit.»
«Was?»
Henrik rieb Daumen und Zeigefinger gegeneinander. «Mein Honorar. Ich finde, wir klären das lieber, bevor du eine Flasche Wodka bestellst und ich mit leeren Taschen nach Hause gehe.»
Vitomir machte eine wegwerfende Geste. «Nimm deinen Lohn aus der Tasche.»
«In Ordnung. Zwanzig Lappen?»
Vitomir nickte.
Henrik Olsson winkte einen Kellner herbei. Sie bestellten ihr Essen und ein weiteres Bier.
Während sie auf das Essen warteten, hing Vitomir Jozak seinen Gedanken nach. Er dachte an Ranko. Gegen den Willen seiner Mutter hatte er ihn nach Stockholm geholt. Sie wollte, dass Ranko Offizier wurde wie sein Vater und nicht Gangster wie ihr ältester Sohn. Aber er hatte ihn trotzdem zu sich geholt, denn in Belgrad gab es keine Zukunft. Hier konnte er sich um ihn kümmern. Avram konnte ihn ausbilden, auch wenn das nicht leicht werden würde. Ranko war genauso impulsiv und dumm wie fett, aber er hatte ein großes Herz. Vitomir liebte ihn, aber sie waren nicht vom selben Schrot und Korn. Er ritzte mit dem Zeigefingernagel ins Tischtuch. Dann blickte er auf und begegnete dem Blick einer Frau zwei Tische weiter. Sie starrte ihn an, die Lippen fest zusammengepresst.
«Haben Sie ein Problem, meine Dame?», fragte er.
Sie senkte den Blick. Henrik Olsson sah in ihre Richtung und musste sich ein Lachen verkneifen.
«Sind wir uns schon mal begegnet?», fuhr Vitomir etwas lauter fort. «Vielleicht sind wir im selben Tennisclub? Oder Yachtclub?» Ihr Begleiter sah sich verzweifelt nach dem Kellner um. «Wohl kaum. Du kannst also aufhören, mich so ausländerfeindlich anzuglotzen, du alte Kuh.»
Henrik Olsson lachte. «Hör schon auf, Vito. Es klingt vielleicht unglaublich, aber diese Leute haben nichts gegen dich, weil du aus einem fremden Land kommst. Sie haben aus anderen Gründen Angst.»
«Sie ist genauso ausländerfeindlich wie diese Oberschichtweiber in meinem Haus. Habe ich dir erzählt, was da los war, als ich eingezogen bin?»
Henrik Olsson schüttelte den Kopf.
«Ich kaufe also diese große Wohnung in der Sturegatan. Alle Zimmer mit offenem Kamin. In der Küche genug Platz für einen Billardtisch. Als ich einziehe, hält ein Streifenwagen und die Bullen fragen mich, was ich da zu suchen habe. Ich sage: Ich ziehe in meine neue Wohnung ein. Jemand hat die Polizei verständigt, weil die geglaubt haben, wir würden die Alte beklauen, die vorher da gewohnt hat.»
Henrik Olsson lehnte sich zurück und stützte sich auf die Armlehnen. «Das ist nicht dein Ernst.»
«Doch. Wenn jemand wie ich irgendwo einzieht, denken alle, ich will die Wohnung ausräumen.»
Henrik Olsson schüttelte zweifelnd den Kopf. «Meine Erfahrung sagt mir, dass solche Leute etwas gegen Farbige haben. Neger, wie sie finden, dass man sie nennen darf. Du vom Balkan bist für sie nur ein willkommener Beweis dafür, dass der Sozialismus nicht funktioniert, denn sonst wärst du ja nicht hier.» Er lachte. «Du bist der lebende Beweis dafür, dass sie an das Richtige glauben. Skål!»
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