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Korsar und Kavalier

Titel: Korsar und Kavalier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Hawkins
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anfangen?
    Nicht, dass es eine Rolle spielte. Tristan würde den Earl nicht willkommen heißen. Nie im Leben.
    Das Wünschen hatte er aufgegeben. Die Zeit, in der er an Ritter in schimmernder Rüstung und glückliche Fügungen geglaubt hatte, war vorbei. Sein Glauben war gestorben, als er damals gewaltsam an Bord jenes verdammten Schiffes verbracht worden war. Dies war die wichtigste Lektion, die das Leben ihm erteilt hatte: Wenn er sich etwas wünschte, musste er es sich selbst verschaffen und nicht darauf warten, es von jemand anderem zu bekommen.
    Sein Blick fiel auf die Terrassentüren, die sich an einer Wand hinzogen. Er liebte diesen Raum, hatte versucht, ihn seiner Kabine auf der Victory so ähnlich zu machen wie nur irgend möglich. Er war genauso ausgestattet, abgesehen von der Koje. Wenn er nachts schlafen konnte, lag er im großen Eckzimmer im ersten Stock, dem einzigen Raum im Haus, der nicht überquoll von seinen ehemaligen Schiffskameraden.
    Er seufzte und blickte in sein Glas. Als er seinerzeit die Verletzung erlitten und erkannt hatte, dass er nicht mehr für die See taugte, hatte er sich hierher zurückgezogen. Um seine Wunden zu lecken und auf den Tod zu warten. Ein anderes Ziel hatte er damals nicht vor Augen gehabt.
    Doch etwas war geschehen. Nach seiner Ankunft war Stevens zu ihm gestoßen. Der Erste Offizier war ebenfalls bei Trafalgar verwundet und in der Folge mit einer winzigen Pension an Land gesetzt worden. Er hatte nicht gewusst, wohin er sich wenden sollte.
    Also war Stevens zu seinem ehemaligen Kapitän gegangen. Er hatte sich nicht angekündigt, und Tristan, der seinen Kummer seit drei Monaten im Alkohol ertränkte, war nur ein wenig überrascht, aber auch erleichtert gewesen. Zumindest würde er nicht allein sterben müssen.
    Stevens war jedoch nur die Vorhut gewesen, die am Cottage am Meer erschien. Einer nach dem anderen kamen die Versehrten zu Besuch ... und blieben. Jetzt wohnten in beinah jedem Zimmer im Cottage drei, vier Mann, manchmal noch mehr. Stevens hatte alles wie auf einem Schiff organisiert, sogar zum Essenfassen mussten sie in verschiedenen Schichten antreten, damit die Kombüse nicht zu voll wurde.
    Für Tristan war die Gesellschaft seiner ehemaligen Kameraden ein Segen. Sie gaben seinem Leben einen Sinn. Das einzige Problem war seine magere Pension, die nicht ausreichte, um Essen auf den Tisch zu bringen und die Arztrechnungen zu bezahlen. Als er noch zur See fuhr, hatte er zum Glück hin und wieder ein Sümmchen abzweigen und investieren können. Die Investitionen warfen regelmäßig Geld ab. Doch bei der dauernden finanziellen Belastung war Tristan klar, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis er die Türen seines kleinen Cottages schließen musste.
    Seine muntere Nachbarin wäre sicher entzückt. Vor allem wenn er seine Schafe mitnahm. Tristan hätte beinah laut gelacht, als ihm die empörte Miene einfiel, die sie aufgesetzt hatte, als er sich sein Pfeifchen ansteckte. Eine impulsive und heißblütige Frau, keine Frage. Feurig und Funken sprühend wie Zunder, an den man ein Schwefelhölzchen hielt. Er hatte die morgendliche Konfrontation ziemlich genossen: Sie hatte ihn belebt, zumindest für den Moment. Er fragte sich, wie sie wohl reagieren würde, wenn er ihr beim nächsten Mal den Mantel auszog.
    Ein energisches Klopfen ertönte, und dann steckte Stevens den Kopf durch die Tür. „Käpt’n?“
    Tristan, rüde aus seinen angenehmen Tagträumen von einer ihre Reize entfaltenden Nachbarin gerissen, warf seinem Ersten Offizier einen mürrischen Blick zu. „Aye?“ Stevens betrat das Zimmer, die Mütze in der Hand. „Tut mir leid, dass ich störe, aber vielleicht erinnern Sie sich ja an die Kutsche und die anderen Wagen, die wir auf der Küstenstraße gesehen haben?“
    Die Kutsche. Es war ihm tatsächlich gelungen, sie zu vergessen, nun jedoch kehrten all die Gedanken von vorhin zurück. Ihm wurde kalt ums Herz. Auch die Wirkung des Brandys verflog, sein Verstand war glasklar. „Sie sind angekommen.“
    „Aye. Es ist eine ganze Mannschaft, aber zur Tür sind nur zwei gekommen. Ein großer Schlanker und ein kleiner Dicker. Bei dem Großen krieg ich Gänsehaut. “ Stevens blickte über die Schulter und senkte dann die Stimme. „Der kom-mandiert einen ziemlich herum.“
    „Sagen Sie ihm, er soll sich davonscheren“, erklärte Tristan harsch.
    Stevens knetete seine Mütze. „Wollte ich doch, Käpt’n. Ich hab denen sogar schon gesagt, dass Sie nicht da

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