Korsar und Kavalier
ganz der Wahrheit. Vielleicht musste sie sich einfach darauf konzentrieren, wie zornig sie der Mann gemacht hatte. Ja, das war gut. Prudence stellte ihre Tasse aufs Tablett zurück. „Mutter, ich habe genug von Captain Llevanths nachlässiger Art, seine Herde zu beaufsichtigen. Wenn er sich nicht besser um sie kümmert, werde ich es tun. Nur dass ich dazu einen Spieß über einem Feuer und etwas Minzsoße brauche.“
„Prudence! Du kannst doch nicht herumgehen und drohen, das Schaf eines anderen zu braten!“
„Mutter, wir sind hier im Hinterland von Devon. Hier gelten Londoner Regeln einfach nicht. Überlass mir die Schafe, du kannst dich dann schon mal um unsere Schule kümmern.“ Prudence straffte die Schultern. Ja. Sie würde auf ihre Art mit dem Captain fertig werden. „Mutter, hast du etwas von unserer Freundin Lady Margaret gehört? Sie hat uns doch versprochen, dass ihre Tochter unsere erste Schülerin wird.“
Mrs. Crumptons Miene verfinsterte sich. „Darüber wollte ich schon mit dir reden ... “
Prudence sank das Herz. „Sie hat Nein gesagt.“
„Ich bin mir sicher, dass sie nicht Versprechungen machte, die sie nie halten wollte. Irgendetwas sehr Ernstes muss vorgefallen sein, dass sie - nun ja, lies selbst.“ Sie steckte die Hand in die Tasche ihres Tageskleids, zog einen kleinen Brief hervor und reichte ihn Prudence.
„Meine Güte, Lady Margaret hat ja wieder gar kein Ende gefunden“, meinte Prudence ironisch, als sie das winzige Briefchen entfaltete. „Sie wollte Julia von Anfang an nicht auf unsere Schule schicken, stimmt’s?“
„Das glaube ich nicht, sie hatte es bestimmt vor! Lady Chisworths Pensionat ist eben sehr exklusiv. Ich an ihrer Stelle hätte bestimmt dasselbe getan, wenn du dort einen Platz bekommen hättest ... “
„Niemals hättest du eine Freundin enttäuscht, die du seit deinem sechsten Lebensjahr kennst, da kann Lady Chisworths Pensionat so exklusiv sein, wie es will. “
Die Miene ihrer Mutter wurde wehmütig, und sie seufzte. „Nein, vermutlich nicht.“
„Und du würdest auch nicht einfach eine Freundin enttäuschen, die dir jedes Mal geholfen hat, wenn eines deiner Kinder krank wurde. Wenn ich daran denke, wie oft du an Lady Margarets Seite geeilt bist, um ihr bei der Pflege ihrer Gören zu helfen, die sich Gott weiß welche Krankheiten zugezogen hatten ... “
„Prudence! Du solltest nicht so reden.“
Prudence seufzte. „Du hast recht, es tut mir leid. Es macht mich nur so zornig, wenn die Leute dich ausnutzen. Wir haben das Cottage gekauft, damit du ein Seminar eröffnen kannst. Jetzt brauchen wir nur noch ein paar ausgewählte Schülerinnen, dann wärst du gemacht. Ich habe wirklich geglaubt, deinen Freundinnen wäre es ernst mit ihren Versprechungen, dich zu unterstützen.“
Ihre Mutter ließ entmutigt die Schultern hängen. „Ich auch. Mich hat ja nicht nur Lady Margaret im Stich gelassen, sondern auch Lady Caroline. Anscheinend war keine von beiden eine echte Freundin.“
Prudence streckte die Hand über das Tischchen und ergriff die Hand ihrer Mutter. „Tut mir leid, dass sich die Dinge nicht so entwickeln, wie wir uns das erhofft hatten.“
Mrs. Crumpton rang sich ein Lächeln an. „Ja, nun ja, ich lasse mich davon einfach nicht verdrießen. Wir finden schon einen Weg, unsere Schule einzurichten. “
„Da bin ich mir sicher. Wir müssen einfach scharf nachdenken. Wen kennst du sonst noch, der eine Tochter im Seminaralter hat?“
Stille senkte sich herab, während sie beide in Gedanken ihre Bekannten durchgingen. Es war nicht einfach, da sie während des Niedergangs von Phillips Geschäft und dem anschließenden Skandal so viele angebliche Freunde verloren hatten. Prudences Kehle wurde eng, als sie an diese dunklen Wochen dachte.
Ihre Mutter richtete sich auf. „Prudence! Mir ist etwas eingefallen! Ich glaube, ich werde einen Brief an meine alte Freundin Lady Boswell schreiben.“
„Lady Boswell? Die aus Schottland? Die uns jedes Jahr zu Weihnachten diese unsäglich harten Kuchen schickt? Ich hatte gedacht, sie hat keine Kinder?“
„Hat sie auch nicht, aber sie hat über zwanzig Nichten. Ich erinnere mich noch genau, wie sie letztes Jahr beim Frühstück der Daringhams gejammert hat, dass sie für die Erziehung all dieser Nichten aufzukommen beschlossen hat, da ihre Brüder allesamt kaum Geld haben. Man kann von Lady Boswells ungewöhnlichem Vorgehen halten, was man will, aber sie tritt immer sehr entschlossen für die
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