Korsar und Kavalier
Ich brauche dieses Vermögen. Also fangen Sie an, maßregeln Sie mich mit Ihren Regeln. Lassen Sie mich mit Ihrer Etikette über die Planke springen. Mit Artigkeit in den Abgrund laufen. Tun Sie Ihr Schlimmstes. Ich stehe Ihnen voll und ganz zur Verfügung.“
Prudence kniff die Augen zusammen. „Führen Sie mich nicht in Versuchung mit Ihrer Plankenspringerei.“
Er gab vor, erstaunt zu sein. „Meine reizende Prudence, ich bin fassungslos, dass Ihnen derart lieblose Ausdrücke über die Lippen kommen!“
„Ja, schon gut. Wenn Sie manchmal meine Gedanken lesen könnten, würden meine Worte Sie jetzt nicht so erstaunen.“ Darüber musste er lachen. „Sie mögen wirken wie ein lindes Lüftchen in einem flachen Hafenbecken, aber ich fürchte, dass Sie sich noch als Taifun an einer ungastlichen Felsenküste entpuppen könnten.“
„Ich bin nur fest entschlossen, mir das Geld zu verdienen, das Mr. Reeves mir versprochen hat. Und wenn es Ihnen recht ist, würde ich jetzt gern anfangen. Die Treuhänder werden in wenigen Wochen hier sein, und eine der wichtigsten Lektionen überhaupt betrifft das Verhalten bei Tisch.“ „Eine der wichtigsten Lektionen besteht aus seichten Tischgesprächen? Sie machen doch sicher Witze.“
„Ich fürchte, nein. Man wird von Ihnen erwarten, dass Sie sich intelligent zu unterhalten wissen, ohne zu stammeln oder unverschämt zu werden. Und Sie werden die verschiedensten Leute mit Namen anreden müssen.“
„Ich weiß, wie man sich mit einem Adeligen unterhält. Hier, ich mache es Ihnen vor. Reden Sie mit mir.“
Sie hob die Brauen. „Wie bitte?“
„Reden Sie mit mir. Ich zeige Ihnen dann schon, dass ich wie ein Adeliger zu plaudern weiß.“
Prudence unterdrückte einen Seufzer. Sie war sich nicht sicher, worauf er abzielte, bezweifelte aber, dass es sich um etwas Gutes handelte. Doch je schneller sie sich auf dieses Spiel einließ, desto schneller konnten sie mit dem Unterricht beginnen. Sie trank ihren Tee aus und erhob sich. „Wollen wir uns ans Feuer setzen? Wir können uns auch dort unterhalten.“
Tristan stand ebenfalls auf. „Selbstverständlich.“ Er sah zu, wie sie zu dem roten Sessel ging, den er neben das Sofa gerückt hatte. Ihr Kleid war weit geschnitten und wurde unter dem Busen von einem breiten rosa Band zusammengehalten. Tristan stellte fest, dass er, wenn sie sich bewegte, ihre Hüften gerade erkennen konnte, ein Umstand, der ihn maßlos fesselte.
Sie ließ sich auf den Sessel sinken. „Setzen Sie sich doch, Mylord.“
Er nahm auf dem Sofa Platz, die Beine weit von sich gestreckt, den Stock ans Knie gelehnt. Prudence sah, dass ihm das Haar in die Stirn fiel, sodass seine Augen im Schatten lagen und beinah farblos wirkten. Er hatte wirklich herrliche Augen, von dichten Wimpern umgeben und ...
Meine Güte. Tu deine Arbeit und sonst nichts. „Der beste Weg, mir zu beweisen, dass Sie sich mit vornehmer Konversation auskennen, ist, eine zu führen.“
„Also schön“, stimmte er zu. In seinen Augen lag leiser Spott. „Was soll ich tun?“
„Tun Sie so, als wäre ich die Duchesse of Devonshire Er hätte sich beinah verschluckt.
„Was denn?“, fragte Prudence.
„Kennen Sie die Duchesse?“
„Leider ja“, gab Prudence zu. „Die Frau flirtet furchtbar und spricht sehr affektiert. “
„Warum wollen Sie sie dann spielen?“
Prudence stieß ein ungeduldiges Geräusch aus. „Ich will sie doch nicht spielen! Ich möchte Ihnen nur Gelegenheit geben, Titel und richtige Anredeformen zu üben. Also habe ich gesagt, ich bin die Duchesse.“
Er lächelte sie an. In seinen Augen glitzerte es. Zu ihrer Bestürzung rutschte der Earl an das Sofaende, das dem Sessel am nächsten war, bis sich ihre Knie beinah berührten. Prudence raffte ihre Röcke. Sie streiften Tristans Beine, und aus irgendeinem Grund lenkte sie das derart ab, dass sie kaum noch vernünftig sprechen konnte.
Zum Kuckuck, sie hatte gedacht, sie hätte sich ausreichend gegen die Annäherungsversuche des Earls gewappnet. Fast den ganzen gestrigen Abend hatte sie damit zugebracht, sich immer wieder vorzusagen, dass sie unbedingt eine sichere Distanz zum Earl wahren und das Gespräch mit fester Hand lenken musste. Mehr wäre gar nicht nötig.
Tatsächlich hatte sie sich sogar vorgenommen, sich auf den Sessel zu setzen statt auf das Sofa, damit ihr der Earl nicht zu nahe kommen konnte. Sie blickte nach unten, wo sein Fuß den ihren berührte. Anscheinend hatte sie sich gründlich
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