Korsar und Kavalier
stellte es auf dem Kaminsims ab.
„Mylord! Dagegen muss ich protestieren! Meine Beziehung zu Mrs. Thistlewaite ist ...“
„Vorbei.“ Tristan beugte sich vor. Seine Stimme war bedrohlich leise geworden. „Ich habe einmal einem rivalisierenden Piratenkapitän die Kehle durchschlitzt, weil er meine Ladung gestohlen hatte. Von hier“, er legte den Finger an den Hals des Doktors, direkt unterhalb des linken Ohrs, „bis hier.“ Tristan glitt mit dem Finger über die Kehle des Tölpels, bis er an der rechten Seite die gleiche Stelle erreicht hatte.
Der Arzt machte den Mund auf und klappte ihn wieder zu.
Die Geschichte stimmte natürlich nicht. Aber der Narr schien sie ihm doch abzunehmen.
Dr. Barrow war so bleich geworden, dass er aussah, als könnte er jeden Moment umkippen. „Sie ... Sie ... Sie ... ich ... ich ... ich muss gehen.“
Tristan zuckte mit den Schultern. „Sie brauchen noch nicht zu gehen. Sie können warten, bis ..."
Doch der Doktor war schon auf der anderen Seite des Raums, wo er lebhaft auf den Squire einsprach, woraufhin dieser Tristan ziemlich erstaunt musterte.
Tristan lächelte, als die Herren wieder zu den Damen stießen, doch sein Triumph war nur von kurzer Dauer.
„Was hast du gemacht?“, zischte Prudence ihn keine fünf Minuten später an.
„Ich?“
Sie runzelte die Stirn noch ein bisschen energischer.
„Ich habe bloß die Wahrheit gesagt.“
„Du hast Dr. Barrow angedroht, dass du ihm die Kehle von da nach da ..." Zornig funkelte sie ihn an. „Was hast du dir nur dabei gedacht?“
Tristan zog ein finsteres Gesicht. Gedacht hatte er sich eigentlich gar nichts dabei. Er hatte lediglich reagiert. Natürlich, wenn er es sich jetzt so durch den Kopf gehen ließ, hatte er vielleicht ein bisschen übertrieben. Aber nur ein bisschen, und der Teufel sollte ihn holen, wenn er das Prudence gegenüber einräumte. Nicht solange sie ihn ansah, als wollte sie ihn am liebsten vierteilen.
„Er war unverschämt dir gegenüber.“
Sie blinzelte. „Wie kommst du denn auf die Idee?“
„Ich habe es doch mit eigenen Augen gesehen! “
Sie verschränkte die Arme, was ein bisschen unglücklich war, weil sie damit ihre Brüste so nach oben drückte, dass sie in dem tief ausgeschnittenen Kleid besonders gut zur Geltung kamen. „Du hast es selbst gesehen? Wann denn?“ „Na, vor und während des Dinners. Er hat deine ganze Aufmerksamkeit in Beschlag genommen. Ich konnte ja kaum ein Wort in die Unterhaltung einflechten. Der Lümmel!“
Sie schloss die Augen, griff sich an die Nasenwurzel und atmete tief durch.
Tristan wurde besorgt. „Prudence? Alles in Ordnung mit dir?“
„Nein. Ich habe Kopfschmerzen und möchte nach Hause.“ „Gut! “ Als er ihren empörten Gesichtsausdruck sah, fügte er hastig hinzu: „Ich hole deinen Mantel.“
Sie entschuldigten sich und verließen das Haus, sehr zu Tristans Befriedigung und anscheinend zur Erleichterung ihres Gastgebers. Prudence wirkte angespannt und unglücklich, und Tristan konnte nur annehmen, dass ihr der Kopf ernsthaft wehtat.
Schweigend saßen sie in der Kutsche. Prudence sah starr aus dem Fenster, die Lippen rebellisch zusammengepresst. Tristan beobachtete sie aus seiner Ecke. Vermutlich hätte er nicht so eigenwillig handeln dürfen, aber er hatte sich nicht anders zu helfen gewusst. Der Doktor hätte Prudence ja beinah angegrapscht! Und was die anderen betraf, ja, du liebe Zeit, es war einfach unerträglich gewesen! Tristan war auch nur ein Mann, und seine Geduld hatte Grenzen.
Wenn er sich überlegte, was er alles hätte tun wollen, aber nicht getan hatte, war er mit der Situation doch ziemlich gut fertig geworden.
Prudence sah ihn an. „Ich kann nicht fassen, dass du den armen Dr. Barrow bedroht hast! “
„Der Mistkerl will dir an die Wäsche, falls es dir noch nicht aufgefallen ist.“
Sie errötete. „Wir haben uns nur unterhalten. Ich sehe ihn ziemlich oft bei uns zu Hause, weil er Mrs. Fieldings’ Küche sehr zu schätzen weiß. “
Tristan verschränkte die Arme. „Das ist ja wohl nicht alles, was er zu schätzen weiß. Dauernd ist er um dich herumscharwenzelt, hat dich angestarrt und angegiert. So ein Benehmen ist mir ja noch nie untergekommen ...“
„Nein? In all den Tavernen, in denen du schon warst, all den Etablissements von zweifelhaftem Ruf ist dir so etwas wirklich noch nie begegnet?“
„Ich würde nicht wollen, dass man mich mit jemandem vergleicht, der in Etablissements von zweifelhaftem
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