Kosaken Liebe
Mann sein, wie wir ihn brauchen …«
»Wenn der Teufel dabei hilft, kann's gelingen«, meinte Muschkow. Er steckte heute voller Philosophie. »Warten wir es ab …«
In zwei Jahren – dann ist sie sechzehn. Was sind zwei Jahre für einen Russen! Wer viel Zeit besitzt, kann mit ihr großzügig sein, wie die Bojaren mit ihrem Reichtum. So gesehen, ist jeder Kosak ein reicher Mann …
Derartige Gespräche mit Jermak waren zum Glück selten. Sie zerrten an Muschkows Nerven. Die ständige Sorge, man könnte entdecken, daß Marina ein Mädchen war, zermürbte ihn.
»Es hilft nichts«, sagte er zu Marina am neunten Tag ihres gemeinsamen Rittes nach Norden, »ich muß dich ab und zu vor den anderen schlagen und treten. Das gehört zur Ausbildung.«
»Halt dich nicht zurück, Iwan Matwejewitsch«, antwortete Marina ruhig. »Wenn es die Sicherheit verlangt …«
»Aber ich kann es nicht!« stöhnte Muschkow. »Wenn ich einmal zuschlage, breche ich dir das Genick.«
»Kannst du es nicht etwas sanfter?«
»Ich hab's noch nicht probiert. Aber auf jeden Fall wird jeder Tritt blaue Flecken hinterlassen.«
»Wenn es weiter nichts ist, Iwan Matwejewitsch«, sagte sie und sah ihn mit ihren großen blauen Augen an.
Muschkow trollte sich mürrisch. Wie sie meinen Namen ausspricht! Streicheln und Ohrfeige in einem! Und dieser Blick … Man kann in ihm ertrinken. Wer soll das aushalten, zwei Jahre lang?
Er ging zu dem Popen, fing mit ihm Streit an und tobte sich mit Worten aus, bis er allen Druck von sich geschrien hatte. »Danke«, sagte er dann und wandte sich zum Gehen. »Das war's.«
Der Kosakenpope Oleg Wassiljewitsch Kulakow hielt Muschkow fest und klopfte ihm mit der Faust gegen die Stirn. »Fehlt da etwas, Iwan Matwejewitsch?«
»Da nicht, Väterchen«, knirschte Muschkow. »Es sitzt tiefer. Aber das versteht ein Priester nicht …«
Die Lagerfeuer prasselten, eine wohlige Wärme überdeckte die noch kühle Juninacht, die Pferde schnaubten und scharrten, und die Kosaken lagen, bis auf ein paar Unentwegte, die ein tatarisches Brettspiel spielten, unter ihren Decken und schnarchten …
»Warum flüchtest du nicht?« fragte Muschkow plötzlich Marina. Der Gedanke beschäftigte ihn schon seit Tagen. Gelegenheiten hatte es genug gegeben. Zum Beispiel gestern, als sie die kleine Stadt Ugunowsk durchritten, von einigen Idioten beschossen wurden und dann im Galopp durch die Straßen jagten, weil sie diesmal keine Zeit hatten, das Städtchen niederzubrennen. Da hätte sie fliehen können, denn als die Schüsse fielen und Jermaks Hand zum Angriff hochschnellte, hatte keiner mehr auf den Bauernlümmel Boris Stepanowitsch geachtet. Aber nein! Hinter Muschkows Pferd klebte ihr Gaul, und es war ihm, als hätte sie sogar den Kosakenschrei ausgestoßen; jenen Schrei, der jedem das Blut gerinnen machte, so grausam hört er sich an.
»Ich habe eine Aufgabe übernommen«, sagte Marina und zog die Decke über sich.
»Eine Aufgabe? Hoho! Welche denn?«
»Aus einem gewissen Iwan Matwejewitsch einen anständigen Menschen zu machen.«
»Was willst du?« fragte er entgeistert. »Willst du mich umbringen, Marina?« Muschkow knirschte schauerlich mit den Zähnen. »Welcher Mann hält das aus, zum Teufel?«
»Im Grunde bist du ein guter Mensch, Muschkow.«
»Wenn der Teufel mit dem Schwanz wedelt, sieht er auch friedlich aus.«
»Ich hoffe auf kein Wedeln von dir, Iwan Matwejewitsch!« Sie dehnte sich unter der Decke, und Muschkow sah im Geist, wie sich ihre Brüste spannten. »Du bist ein Mensch aus zwei Teilen, die man schief zusammengeleimt hat.«
»Was ist an mir schief?« fragte Muschkow heiser.
»Du verstehst das nicht …«
»Aber du, he?«
»Ja!«
Er starrte sie an, erkannte unter der Decke die Form des Dolches, der auf ihrem Leib lag, griffbereit, und warf sich auf die andere Seite.
Ich muß sie fortjagen, dachte er grimmig. Oder ich muß sie wirklich schlagen – nach guter, alter Hausherrenart: Die Augen nieder, Weib! Ach was, ich werde sie einfach wegprügeln …
Es war schön, an so etwas zu denken, wenn man wußte, daß man es nie tun würde.
In der Nacht, Muschkow konnte nicht schlafen, ging er von neuem zu dem Popen. Väterchen hatte wieder getrunken und putzte die verschiedenen, auf diesem Kriegszug von seinen Kollegen ›verschenkten‹ heiligen Geräte. Morgen war Sonntag … Es sollte einen Feldgottesdienst geben, bevor man weiterritt.
»Geh weg, Iwan Matwejewitsch!« sagte der Pope und winkte mit einem
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